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Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 99

 

6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung betragen haben! Also hier gegen Brüssel zu wettern und gleichzeitig aber gerne Förderungen zu kassieren, das ist bisweilen schon ein bisschen seltsam. (Beifall bei den NEOS.)

 

Die zweite Maßnahme, die Orbán gemacht hat, so viel zum Thema Irland, ist, 9 Prozent Ertragssteuern querbeet für alle kleinen, mittleren und großen Betriebe festzulegen. Das ist natürlich Steuerwettbewerb, das ist mir völlig klar, und ist natürlich für strukturschwache Regionen eine Möglichkeit, wie man Unternehmen anlockt, anzieht. Aber wenn Sie hier von ruinösem Wettbewerb sprechen, auch in Richtung FPÖ gesagt, dann schauen Sie doch bitte zur Ihrem Kollegen Orbán, der das hier durchaus noch exzessiver ausgenutzt hat, als es Irland gemacht hat. Aber was passiert jetzt? Jetzt sind Unternehmen dort, durchaus sehr viele deutsche Unternehmen, und jetzt gehen die Fachkräfte aus, jetzt gehen die Arbeitskräfte aus, auch weil sehr viele ungarische Staatsbürger beispielsweise in Österreich arbeiten. Und jetzt frage ich Sie: Was ist jetzt da die Lösung, die nationalstaatliche Lösung? Grenzen dicht? Arbeitnehmerfreizügigkeit in Frage stellen? Personenfreizügigkeit in Frage stellen? Das wird dann zweifelsohne zu einem wirtschaftlichen Abschwung führen, auch in Ungarn. Und dann werden vielleicht auch dort die Menschen erkennen, dass das gemeinsame Europa mit den Freiheiten auch die Grundlage für den Wohlstand dieses Kontinents ist! (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich möchte noch zwei Punkte ansprechen. Ein Punkt, der mir durchaus wichtig erscheint, auch in der Frage der durchaus unterschiedlichen politischen Standpunkte, ist, wenn es um die Frage Budgeteinnahmen versus Ausgaben geht. Es ist keine ureigene europapolitische Debatte, aber sie wurde doch von einigen Vorrednern hier angesprochen. Also zu sagen, dass hier von Seiten der öffentlichen Hand ein massives Einnahmenproblem bestünde und dass endlich alles in Butter wäre, wenn wir nur die Steuern erhöhen würden oder fair besteuern würden und endlich die Superreichen und Großkonzerne hier einen Beitrag leisten würden, scheint mir doch ein wenig zu knapp argumentiert. Wenn wir gerade nach zwei Tagen Budgetdebatte hier herauskommen, wo wir gesehen haben, dass die Einnahmen durchaus sprudeln - es ist ja nicht so, dass wir hier von einer wirklich erschreckenden Austeritätspolitik sprechen können, die hier in Wien durch Europa ausgebrochen ist, und sie droht auch nicht. Die Einnahmen sprudeln, aber bedauerlicherweise gehen die Ausgaben halt noch weiter in die Höhe. Es werden mehr Schulden gemacht. Ich verstehe schon, dass Politiker, und es wurde hier ja auch angesprochen, immer wieder gerne Förderungen oder überhaupt Gelder haben, die sie verteilen wollen. Aber es ist eine bisweilen gierige öffentliche Hand, die hier nach immer mehr Geld schreit, um es letztlich umverteilen oder verteilen zu können und so einzelne Klientele bedienen zu können. Wenn wir heute darüber eine Diskussion führen - die später kommt -, dass Wien jetzt dringend nach mehr Geld schreit auf Grund der überhasteten Abschaffung des Pflegeregresses, wo NEOS die Einzigen waren, die gegen solche Wahlzuckerl gestimmt haben, weil sie kein Gesamtkonzept für die Pflege bringen, weil sie die pflegenden Angehörigen für die Pflege daheim völlig im Stich lassen und weil ja auch genau diese Budgetlöcher da sind, um das nicht zu finanzieren und auch falsche, meiner Meinung nach, Lenkungsmaßnahmen hier entstehen und mehr Menschen ins Heim kommen und ich habe das für Wien auch aufgezeigt, dann zeigt das, wie unverantwortlich bisweilen Politik vor Wahlen gemacht wird, wo es nur darum geht, Geschenke zu verteilen und letztlich so Wählerstimmen zu bekommen. Das ist das Problem mit der gierigen öffentlichen Hand, und wir haben selbstverständlich ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem! (Beifall bei den NEOS.)

 

Einen letzten Punkt, der von Herrn Abg. Becker angesprochen wurde, möchte ich noch ansprechen, und das ist die Frage der Identität, weil das für mich die ganz entscheidende Zukunftsfrage Europas ist. Ich glaube, da gibt es eine große Verbindung zwischen Städten und der Europäischen Union, weil beide, wie soll man sagen, Organismen ohne einen nationalen Narrativ auskommen, und das schon über Jahrhunderte. Städte waren immer um einen Markt herum Orte, die immer einen identitätsstiftenden Narrativ geboten haben, wo Menschen (Abg. Armin Blind: Stadt muss frei machen!) aus verschiedensten Regionen verschiedenster Herkunft und verschiedenen religiösen Bekenntnissen zusammengekommen sind - (Abg. Armin Blind: Stadtluft muss frei machen!) ganz richtig, Stadtluft macht frei -, um zu wirtschaften und erst später ist dann der nationale Narrativ gekommen. Ein bisschen eine ähnliche Geschichte hat natürlich die Europäische Union. (Zwischenruf von Abg. Armin Blind.) Darf ich das bitte vielleicht ausführen, Herr Kollege Blind? Herr Kollege Blind, darf ich das vielleicht ausführen? Danke sehr! Dann diskutieren Sie das bitte nachher. Gönnen Sie mir hier meine drei Minuten noch. Danke vielmals. Also diese Europäische Union ist natürlich aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs, aus den Trümmern Europas entstanden, aber natürlich sehr stark um die Frage des Binnenmarkts. Das war ja auch immer die Idee der Gründerväter, dass über diese wirtschaftliche Integration weitere Politikbereiche kommen und so letztlich auch ein gemeinsames europäisches Verständnis und Identitätsgefühl zustande kommt. Das ist aber nicht passiert. Das ist vielleicht in einem Elitenbereich passiert. Aber wir haben ganz viele Menschen nicht dabei mitgenommen oder es wurden ganz viele Menschen nicht dabei mitgenommen, nicht zuletzt auch durch fehlende Symbolik. Ich habe einmal eine Frage auf Twitter gestellt: Was außer zwölf gelbe Sterne auf blauem Grund verbindet ihr bildlich mit dem gemeinsamen Europa, mit der Idee des gemeinsamen Europas? Ich habe nicht einmal gefragt „mit der EU“. Ich habe ausschließlich zynische Antworten bekommen: Glühbirne, Scherbenhaufen, Gurkenkrümmungen. Das heißt, wir haben es hier eigentlich verabsäumt, dass Gesamteuropa die große Chance nützt, so ähnlich wie Städte in den Pluralismus, in der Vielfalt um einen Markt herum gemeinsam einen Narrativ zu entwickeln. Wenn ich mir etwas wünsche, wo ich auch wirklich mein Bekenntnis

 

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