Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 99
eigentlich der Stil der Debatte im Europäischen Parlament stattfindet. Ich finde, man kann sich durchaus hart in der Sache austauschen. Das werde ich sicherlich auch tun.
Zweifelsohne ist die österreichische Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr eine Riesenchance für Österreich, aber natürlich auch eine Riesenchance für Wien, einen tatsächlich aktiven Beitrag zu einer Weiterentwicklung der Europäischen Union zu leisten und hier auch mehr als nur Duftmarken bei der Frage zu setzen: Wohin soll sich denn dieser vereinte Kontinent entwickeln? Und dass es hier ganz große Fragestellungen gibt und durchaus auch heftige Diskussionen und politische Auseinandersetzungen hinsichtlich der Frage, wohin wollen wir uns denn als Europäische Union weiterentwickeln, das liegt ja auf der Hand. Mein einziger und entscheidender Wunsch an der Stelle ist, und das ist natürlich ein Appell an die zukünftigen Regierungsfraktionen, dass Österreich für sich selber ganz entschlossen den Standpunkt einnimmt, hier einen aktiven Beitrag zu einer Weiterentwicklung der Europäischen Union zu leisten und sich nicht in Scheindebatten oder Planlosigkeit ergeht, wie es derzeit den Eindruck erweckt. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn ich davon spreche, einen aktiven Beitrag zu leisten, dann müssen wir natürlich ganz besonders auf die großen politischen Fragestellungen schauen, die ganz zweifelsohne nur gemeinsam europäisch gelöst werden können. Natürlich ist internationaler Terrorismus, der islamische, islamistische Terrorismus eine große Herausforderung. Es ist Fürchterliches bedroht, gerade Städte. Da haben Sie völlig recht. Aber wo, wenn nicht auf europäischer Ebene, kann dieses Problem durch mehr Zusammenarbeit der Behörden, durch bessere Vernetzung, durch mehr Austausch der Sicherheitsbehörden gelöst werden, und doch nicht durch nationalstaatliche Alleingänge! Das ist doch lächerlich Richtung FPÖ! (Beifall bei NEOS und SPÖ. - Abg. Dominik Nepp, MA: Wir haben das Problem der USA!)
Wir brauchen ein Europa, das die Bürgerinnen und Bürger schützt und nicht abschottet. Was glauben Sie, soll denn beim Kampf gegen Terrorismus passieren, wenn jeder Nachrichtendienst hier sein eigenes Süppchen kocht? Gar nichts, aber genau gar nichts! Wir brauchen die Zusammenarbeit, um genau über diese wenigen viel zu wissen, anstatt den Weg zu gehen, den auch Schwarz-Blau droht zu gehen, nämlich wenig über viele zu wissen. Das ist doch genau verkehrt herum! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Oder die Herausforderung des Klimawandels. Wer glaubt denn bitte ernsthaft, dass Österreich, dass Wien allein, dass Österreich allein, dass der Nationalstaat allein diese große Herausforderung des Klimawandels lösen wird? Niemand! Es geht nur in einer engeren politischen Zusammenarbeit. Detto das Thema Migration, das Thema Asyl, die Migrationsströme. Wir wissen, dass das ja nicht erst durch die Flüchtlingskrise bekannt ist und auch noch nicht zu Ende ist, wenn man beispielsweise auf die Auswirkungen des Klimawandels schauen wird und was das mit dem afrikanischen Kontinent machen wird. Die sind nur in einem gemeinsamen, in einem starken, in einem gemeinsamen politischen Europa zu lösen und jedenfalls nicht in einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft wie das manchmal den Rechten hier so vorschwebt. (Beifall bei den NEOS.)
Es wurde auch schon das Thema Steueroasen, Steuerschlupflöcher und deren Vermeidung angesprochen. Mir gefällt es nicht, und das sage ich in Richtung der GRÜNEN, dass man hier eigentlich die gleiche Rhetorik an den Tag legt, wie es teilweise die Rechte tut, nämlich Sündenböcke herauszuziehen und zu sagen, wir wettern jetzt gegen Großkonzerne oder sonst was. Das ist meiner Meinung nach genau die gleiche Rhetorik und ein bisschen die Bestätigung meines Hufeisentheorems, dass im Schüren von Feindbildnern die Linke wie die Rechte zusammenkommen. Das gefällt mir nicht. (Beifall bei den NEOS.)
Aber selbstverständlich ist die Frage eines fairen Steuerwettbewerbs eine Herausforderung für Gesamteuropa. Und das sage ich an der Stelle übrigens erneut wie in dieser Woche schon als Liberale, weil nichts anderes als eine Vermeidung von fairem Wettbewerb sind Steuerprivilegien, die von Staaten einzelnen Konzernen, einzelnen Unternehmen gewährt werden, die letztlich auch, und das war ganz massiv auch mit liberaler Unterstützung, glaube ich, von der Kommissarin Vestager als unerlaubte Beihilfen klassifiziert worden sind. Das ist alles andere als fairer Wettbewerb, und dagegen treten wir Liberale auch ganz entschieden auf, ohne hier aber dumpfsinnige Feindbilder zu schüren und zu beginnen. (Beifall bei den NEOS.)
Was ich allerdings bis dato in puncto Ratspräsidentschaft gehört habe, ist die durchaus wichtige und richtige, aber bisweilen zu kurz greifende Diskussion über Subsidiarität. Schauen Sie, Subsidiarität ist ein ganz wesentliches, politisches Prinzip auf europäischer Ebene und, wie ich glaube, auch bei uns auf österreichischer Ebene im Prinzip des Föderalismus.
Aber Subsidiarität ist durchaus auch immer wieder die Geheimwaffe der Nationalisten, um sich letztlich ausschließlich darüber unterhalten zu können, was man für Kompetenzen wieder auf nationaler Ebene zurückhaben möchte. Das ist definitiv der falsche Weg, und hier erwarte ich mir mehr Engagement von Seiten von Schwarz-Blau. (Beifall bei den NEOS.)
Dass die Zukunft auch wirtschaftlich nur in mehr Europa und nicht in weniger Europa liegen kann, das zeigt übrigens auch ein Blick nach Ungarn, wo wir durchaus sehr antieuropäische, Anti-Brüssel-Tendenzen sehen, Kampagnen, die von Orbán gegen Brüssel gefahren werden, die im Stil wirklich beklemmend sind, mit rhetorischen Fragen, die da den Bürgerinnen/Bürgern gestellt werden und die meines Erachtens in diesem überhöhten Nationalismus zwar vielleicht innerstaatlich einen Sieg erringen, aber letztlich das gesamte Projekt Europa gefährden. Aber interessanterweise hat Ungarn wirtschaftlich eine große Herausforderung zu meistern. Die haben nämlich in den letzten Jahren durchaus auch schon sehr viel gehabt, unter anderem, ich habe mir das angeschaut, auf Grund von massiven EU-Förderungen, die immerhin, ich glaube, im Vorjahr oder im Vorvorjahr,
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