Landtag, 15. Sitzung vom 06.04.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 26
Mag. Dietbert Kowarik: Genau darum geht es, Frau Kollegin!) Nein, Sie vermengen, darum geht es nicht. Sie nehmen das ja nur als Aufhänger, um zu vermengen und polemisch und politisch zu argumentieren, weil Sie dann gegen eine bestimmte Volksgruppe, gegen bestimmte Menschen, das sind jetzt die türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, hier in Wien loshetzen wollen. Das tun Sie! Ich versuche, eine sachliche Debatte darüber zu führen, was es denn für grundlegende Regelungen bräuchte, damit es nicht so ist, dass die einen privilegiert sind, aus welchem Grund auch immer, und die anderen nicht. Es ist tatsächlich ein politisches Ziel von mir … (Abg. Mag. Dietbert Kowarik. Das ist ja gesetzlich festgelegt! Das ist nicht so schwer zu kapieren!) Es ist überhaupt nicht schwierig zu kapieren. Sie wollen mir nicht zuhören, indem ich Ihnen sage, was mein politisches Ziel ist und mein politischer Standpunkt, der in die Richtung geht, dass wir neue Regelungen brauchen, die a) Mehrfachstaatsbürgerschaften zulassen und b) eine nachvollziehbare, einheitliche und transparente Regelung dieser Staatsbürgerschaften ermöglichen. (Abg. Armin Blind: Dafür sind wir nicht zuständig im Landtag! Das ist ein Bundesgesetz! Das müssen Sie dem Nationalrat sagen!) Selbstverständlich ist das eine bundesstaatliche Regelung und daher im Parlament zu beschließen. Aber nichtsdestotrotz bin ich eine Anhängerin einer solchen Forderung, weil ich in diesem Fall als lebendes Beispiel dafür diene, dass es überhaupt kein Problem ist, mehrere Staatsbürgerschaften zu haben. Es ist nicht einmal ein Loyalitätsproblem, weil ich bin selbstverständlich und durch und durch Österreicherin. Ich befolge wahrscheinlich auf eine Art und Weise die österreichischen Gesetze wie viele andere durchschnittlich nicht. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das ist nicht der Maßstab dieser Diskussion!) Ich rede hier von statistischen Dingen. Und ich vertrete mein Land auch in einer vorbildlichen Art und Weise, und diese Stadt übrigens auch, obwohl ich auch Amerikanerin bin. Das machen andere auch, die auch doppelte Staatsbürgerschaften haben. Und nein, weder meine Mehrfachidentität ist ein Problem, auch nicht ins Lächerliche gezogen wie der Herr Klubobmann Blümel das versucht hat, noch leide ich unter größeren Loyalitätskonflikten. Und wären wir bereit, diese Dinge auf einer sachlichen Ebene und nicht auf einer national und völkisch verbrämten Ebene zu diskutieren, würden wir sehr viel weiterkommen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächster Redner ist Herr Abg. Haslinger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg. Gerhard Haslinger (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin! Hoher Landtag!
Ja, die Frau Dr. Kickert hat sehr lange durchgehalten. Ich glaube, bei Minute 11 ist dann „Hetze“ gefallen. Also man kommt nicht umhin, um uns, die eine dringliche Initiative einleiten, letztendlich immer stereotyp vorzuwerfen, wir wollen ja nur hetzen. Es ist alles in Ordnung. Die Doppelstaatsbürger, die hier im Raum sind, heißen alles gut, kein Problem. Offenbar haben wir Sie mit unserem Antragstext überschätzt, weil wenn ich mir die ersten Redner angehört habe, ist da gekommen: Na ja, die Doppelstaatsbürgerschaft ist gut. Also wir meinen natürlich die illegale Doppelstaatsbürgerschaft, die, wie es jetzt aufkommt, per Gesetz bei der türkischstämmigen Bevölkerung nicht Platz gegriffen hat. Es sind ja nicht nur Teile der türkischstämmigen Bevölkerung, es gibt ja viele andere, die zu uns gekommen sind und Doppelstaatsbürgerschaften illegal besitzen. Also wer es jetzt noch nicht mitgekriegt hat. Auf Grund dieses Referendums in der Türkei, wo das Ergebnis am 16. April bekannt wird, auf Grund der medialen Berichterstattung darüber haben wir jetzt diese Initiative eingeleitet, und es betrifft natürlich die illegalen Staatsbürgerschaften, die hier nicht per Gesetz berücksichtigt und nicht mit einem Verwaltungsakt behandelt wurden. Das nur zur Einleitung.
Dann vielleicht zum Kollegen Wiederkehr oder zur Frau Dr. Kickert mit den zwei Identitäten. Wer doppelte Identitäten hat, wird mit „alias“ in den Polizeicomputern geführt oder hat ein Persönlichkeitsproblem, wenn man sich das anschaut, also zwei Identitäten. Okay, man kann eine Identität haben mit zwei Staatsbürgerschaften und Doppelstaatsbürger sein. Aber das mit den zwei Identitäten ist doch ein bissel skurril. (Aufregung bei Abg. Birgit Hebein.) Der Zustand, mit dem jemand oder etwas mit sich selbst eins ist, also das ist Identität, per Definition im Internet nachzulesen.
Die Scheinheiligkeit. Sie werfen uns Scheinheiligkeit vor, wenn wir ein Problem ansprechen. Wir versuchen ja hier gemeinsam, ich sage jetzt, auf eine seriöse Art und Weise, eine Lösung herbeizuführen. Die Frau Kollegin El-Nagashi hat gesagt, wir sind an einer Lösung gar nicht interessiert. Wenn ich mir unsere Beschlussanträge ansehe, steht eindeutig drinnen, was wir wollen. Sie akzeptieren unsere Lösungen nicht, das ist etwas anderes. Aber Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir keine Lösungen anbieten! (Beifall bei der FPÖ.) Wenn Sie uns kritisieren, dann fangen Sie am besten einmal im eigenen Bereich an. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Ja, da kann man sagen, das ist obskur, mein Lösungsansatz!)
Herr Dr. Stürzenbecher sagt: „Die Gesetze werden auf Landesebene vollzogen. Bei uns macht das die MA 35 im Staatsbürgerschaftsbereich. Das Gesetz wird sorgfältig vollzogen.“
Da dürften dem Herrn Dr. Stürzenbecher offenbar die Volksanwaltschaftsberichte entgangen sein, die es so alle zwei, drei Jahre über die MA 35 gibt. Da heißt es zum Beispiel vom Herrn Volksanwalt Dr. Peter Kostelka aus dem Jahr 2012: „Gravierende Verzögerungen stellt die Volksanwaltschaft bei Staatsbürgerschaftsverfahren fest. Die MA 35 hat die sechsmonatige Entscheidungsfrist regelmäßig überschritten. In vielen Fällen dauert das Staatsbürgerschaftsverfahren doppelt so lange oder länger. Die Verzögerungen seien sowohl auf organisatorische Defizite als auch auf mangelhafte Sorgfalt bei der Aktenverwaltung in der MA 35 zurückzuführen.“ Ein anderer Volksanwaltschaftsbericht vom Jahr 2015, vom März 2015, besagt: „Die Volksanwaltschaft stellt nicht nur eine monatelange Untätigkeit der MA 35 fest, sondern teilweise auch jahrelange Verfahrensstillstände und gravierende Verfahrensverzögerungen.“ Also Herr Dr. Stürzenbecher sagt, es ist alles in Ordnung, und die
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular