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Landtag, 14. Sitzung vom 03.03.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 62

 

Diskurs, dass Menschen es nicht verdienen, dass man sie in Not unterstützt. Das, was wir jetzt zwei Jahr lang erlebt haben, zwei Jahr lang intensivst bundesweit, ist, wie ich meine, Herr Kollege Juraczka, sehr wohl ein Diskurs, der voller Würdelosigkeit ist, ein Diskurs, der voller Menschenverachtung ist, vor allem Leuten gegenüber, die weniger Chancen haben. Und Sie haben auch jetzt wieder ein Beispiel herausgenommen, dass es total arg ist, dass es das Budget sprengen wird, wenn wir DauerbezieherInnen - und das sind in erster Linie alte Menschen im Pensionsalter, Menschen mit Behinderungen im Pensionsalter - dass diese Menschen zwei Mal im Jahr einige Hundert Euro mehr bekommen. Das ist Ihr Menschenbild, da haben Sie Budgetzahlen im Kopf. Und wir treffen hier eine politische Entscheidung, indem wir sagen: Ja, dazu stehen wir, ja, alte Menschen, behinderte Menschen brauchen auch eine Existenzsicherung, brauchen auch Lebensqualität.

 

Das ist der eine Punkt. Das andere, was ich Ihnen schon grundsätzlich sagen muss, da kann ich Sie aus der Kritik nicht herausnehmen: Es ist bekannt, dass Populisten grundsätzlich einmal immer wieder damit - und zwar seit Jahren, Jahrzehnten - operieren, indem man zuerst ein Szenario entwickelt, wie furchtbar alles ist und wie sehr die Armut steigt, wie sehr die Arbeitslosigkeit steigt, wie sehr die Jugendarbeitslosigkeit steigt. Wenn es dann Maßnahmen gibt, konkrete Unterstützung, Angebote, lehnen Sie diese alle ab, um dann wiederum mit Verwunderung zu sagen, oh, das haben wir ja immer schon gesagt, dass es so eine große Armut gibt. (Abg. Dominik Nepp: Ihre Maßnahmen haben wir begründet abgelehnt, weil sie nicht treffsicher sind!) Das ist ein sehr perfides Spiel, das Sie hier betreiben, das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Und das machen Sie vor allem bei Menschen, die sich nicht wehren können. Das können weder Flüchtlinge noch Obdachlose noch Suchtkranke. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Das ist falsch, was Sie da sagen. Das macht schon die Regierung! - Anhaltende weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die bitten Sie dann heraus. Es sind genau diese Menschen, die sich nicht organisiert wehren können, die Sie dann mit dem Ziel hernehmen, im Grunde unsere Gesellschaft zu destabilisieren. Ich habe das heute schon gesagt, dass Sie sich im Grunde Ihrer Verantwortung in keinster Weise bewusst sind, nämlich auch für die nächsten Generationen, wenn Sie hier eine einzige Antwort haben - und etwas anderes gab es heute von Ihnen nicht. Es gibt einen Rechnungshofbericht, da wird viel kritisiert, und von Ihnen kommt nur eine Antwort, die da lautet: kürzen, kürzen, kürzen, kürzen. Etwas anderes fällt Ihnen überhaupt nicht ein, als die Menschen, die eh schon wenig haben, noch hinunter zu kürzen, um dann wieder zu beklagen, dass es mehr Armut und Obdachlosigkeit gibt. Ich glaube nicht, dass es durchgeht, dass sich die Menschen auf Dauer zum Narren halten lassen von einer Politik, die im Grunde einen sozialen Frieden stört.

 

Ich möchte aber noch ein paar Punkte herausnehmen, um das zu untermauern. Wir reden jetzt alle über einen Rohbericht vom Rechnungshof. Und in der „Kronen Zeitung“ haben Sie zum Beispiel einen Teil vom Rechnungshofbericht gelesen und da steht drinnen: „Der Rechnungshof kritisiert, dass es keine gültigen Ausweise gibt.“ Er sagt nicht, es gibt keine Ausweise, keine Identitätsnachweise (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Auch gefälschte!) - Das sagt er nicht, sondern „keine gültige“. So wie Sie mit einem abgelaufenen Reisepass auch fliegen können. Irrelevant. Das ist für Sie überhaupt von nicht von Bedeutung, sondern das, was Sie kommunizieren, ist, ohne Ausweise, ohne Identität, ohne irgendwas erhalten die Menschen in Wien in Notsituationen Geld. Und das stimmt einfach nicht. Das ist eines der Beispiele, wo Sie einfach zündeln. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Ist der Bericht jetzt falsch?!) - Haben Sie zugehört, Herr Jung? Ich habe gerade gesagt, „Kronen Zeitung“, Sie lesen, Sie sehen den Abschnitt: „keine gültigen Ausweise“. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das heißt nicht, dass es keine gegeben hat. Aber das ist Ihnen egal. Es ist Ihnen völlig egal, denn das würde Ihr Bild korrigieren, oh, da könnten wir ja nicht Stimmung machen. Aber das ist ja schon lange bekannt. Das heißt, sie beklagen die Armut …

 

Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete, ich darf bitten, den Regeln entsprechend wieder leiser zu murmeln, vor allen Dingen hört man dann auch möglicherweise die Zwischenrufe, und darf die Frau Abgeordnete bitten, fortzufahren.

 

Abg. Birgit Hebein (fortsetzend): Ich gebe noch ein Beispiel. Sie haben vom AMS gesprochen und hier AMS-Zahlen präsentiert, dass die Flüchtlinge oder Menschen auf der Flucht so überhaupt keine Ausbildung haben und alle direkt im Sozialsystem landen. Und das ist wieder unseriös. Könnten Sie zumindest, da die Situation ja schwierig genug ist, korrekte Zahlen wiedergeben? AMS-Chef Johannes Kopf hat vor zwei Wochen klargestellt, bei flüchtenden Menschen aus Afghanistan haben tatsächlich vier Fünftel maximal einen Pflichtschulabschluss, bei Menschen aus Syrien sind zwei Drittel mit mindestens Matura und Studium. Offizielle Startzahlen. (Abg. Dominik Nepp: Kommen Sie wieder mit der Geschichte mit dem Atomphysiker?! - Anhaltende Rufe bei der FPÖ.) - So, so, das finden Sie wahnsinnig lächerlich? Und das ist so typisch für Sie, diese Häme. Schlagen Sie auf, 17. oder 18. Februar, in jedem Presseartikel, Johannes Kopf zu den AMS-Daten, in der Presse. Das finden Sie lustig, weil es nicht in Ihr Bild passt. Das wäre ja auch etwas, was Sie dann korrigieren müssten. Genau, das stellen Sie dann in Frage, weil es Ihrer Politik dienlich ist, immer wieder auf Menschen hinunterzuspeiben. Gut, das kennen wir schon. (Abg. Dominik Nepp: Schön sprechen! - Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) - Sie sagen mir, schön sprechen? Sie sagen das mir? Mit Ihrer Verachtung an Worten, dass sich alle nur Geld erschleichen, mit Ihrer Häme, wenn man Ihnen Daten präsentiert, ohne dass Sie nachsehen! Dann sollten Sie bei sich beginnen. (Abg. Dominik Nepp: Herunterspeiben tun wir nicht!) - Doch.

 

Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Bitte nochmals zur Güte. Vor lauter gleichzeitigen Zwischenrufen hört man den einzelnen Zwischenruf nicht, was auch

 

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