Landtag, 6. Sitzung vom 31.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 37
mitbetreiben. Hier darf man nicht die Augen verschließen, sondern man müsste die Trägervereine genauer untersuchen.
Nun zu den Qualitätsaspekten: Was eben wichtig und was ich mir heute noch wünschen würde, ist, mehr über die Qualität in Kindergärten zu sprechen. Für uns ist ein Kindergarten die erste Bildungseinrichtung, er ist nicht nur eine Aufbewahrungsstätte, sondern er ist der erste Weg ins Leben, auch ins Bildungsleben. Im Kindergarten wird sehr viel vorbestimmt, wie die weitere Bildungsperspektive dann aussieht. Und das ist noch gar nicht angekommen im Bewusstsein der Gesellschaft.
Die Ausbildung des Personals ist noch immer völlig unzureichend, hier müsste massiv mehr getan werden. Natürlich vorab einmal auf Bundesebene, dass man die Ausbildung akademisiert, aber auch in Wien müsste noch mehr getan werden. Es war der erste Schritt im vorletzten Landtag, dass wir zumindest die Ausbildungsanforderungen für Kindergruppen leicht erhöht haben. Aber das reicht noch nicht, man bräuchte natürlich viel mehr. Man bräuchte eine komplette Neuausrichtung der Ausbildung, zum Beispiel im Bereich Diversität, multikulturelle Gesellschaft. Wir bilden das Personal noch immer so aus, als ob wir in einer monokulturellen Gesellschaft leben würden. Das ist aber nicht mehr der Fall, das heißt, in die Ausbildung müssen viel mehr Fächer im Bereich interkulturelle Kompetenz, viel mehr Sprachausbildung, auch Deutsch als Zweitsprache. Hier gibt es noch zu wenig Expertise, und hier wird dem pädagogischen Personal zu wenig vermittelt. (Beifall bei den NEOS.)
Vor allem das Thema Sprachförderung und Fort- und Weiterbildung ist enorm wichtig. Hier kann es nicht sein, dass zum Beispiel bei Pädagogen ein B2-deutschsprachiges Niveau ausreicht. Es ist meines Erachtens zu wenig, wenn man junge Kinder erziehen möchte und man selber die Sprache nicht ordentlich beherrscht. Da müsste ein höherer Level angesetzt werden. Aber um dieses höhere Level zu erreichen, muss man natürlich auch schauen, wie man Personen mit einem anderen Hintergrund in diese Berufe bringt und auch begleitet. Es sind noch immer viel zu viele nur österreichische deutschsprachige Pädagogen in den Kindergärten. Hier brauchen wir natürlich mehr Diversität, aber da müssen wir uns auch bemühen, diese Personen für den Beruf anzusprechen und auch dementsprechend auszubilden. Das ganze Ausbildungssystem, das System der BAKIP versagt, wenn der Großteil der Personen nach der Ausbildung der BAKIP gar nicht in die Kindergärten geht; da machen wir irgendetwas falsch. Hier bräuchte es mehr Möglichkeiten, auch quer in den Beruf zu kommen. Es gibt welche in Wien, aber die sind nicht ausreichend. Das System der BAKIP funktioniert in der jetzigen Form leider gar nicht.
Das waren ein paar Gedanken im Bereich Qualitätsoffensive. Wir müssen uns anstrengen, damit wir nicht eine Generation verlieren. Wir müssen die Qualität des Personals anheben, wir müssen aber auch die Probleme anerkennen, die es in den Kindergärten mit Parallelgesellschaften und der schlechten Ausbildung gibt.
Wir sind in der Mitte in dieser Positionierung. Ich glaube, die Kraft und die Stimme der Mitte sind sehr wichtig, damit man einen Weg findet, der lösungsorientiert ist, zwischen schwarz-blauem Populismus und rot-grünem Wegsehen. Das heißt, ich freue mich auf eine gute Debatte und eine lösungsorientierte Debatte. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster hat sich Herr StR Mag. Blümel zu Wort gemeldet. - Bitte, Herr Stadtrat.
StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Vielen Dank, Herr Vorsitzender!
Auch danke an meinen Vorredner von den Grünen, da waren einige wertvolle Lösungsansätze mit dabei. - Ich verwechsle euch immer. (Abg. Mag. Rüdiger Maresch: Ich verwechsle euch auch mit der FPÖ! - Zwischenruf bei den NEOS.)
Realitätsverweigerung ist definitiv eine Spezialität von Rot-Grün. In der Psychoanalyse ist Realitätsverweigerung so etwas wie Verdrängung - ich glaube, so ist der Fachausdruck -, und verdrängen tut die rot-grüne Stadtregierung fast alles, was sie verursacht hat, als sie die Umsetzung dieses Wahlversprechens der Gratiskindergärten hat umsetzen müssen.
Statt sich professionell vorzubereiten, und es war ja irgendwie offensichtlich und klar, dass auf irgendeine Art und Weise dieses Versprechen von Gratiskindergartenplätzen zu einem Ansturm auf Kindergartenplätze führen wird, hat man ein bisschen in Zauberlehrlingsart und -weise agiert, indem man auf einmal überrascht war von dem Strom, dem Schwall an Wasser, das man selbst gerufen hat. Und man war dann irgendwie unfähig, das Ganze so zu lösen, wie man es eigentlich hätte lösen sollen. Unsere Partei, die Österreichische Volkspartei, hat von Anbeginn darauf hingewiesen, kritisiert und aufgezeigt, was hier nicht funktioniert, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber Realitätsverweigerung oder Verdrängung, wie es in der Psychoanalyse heißt, dürfte ein bisschen ansteckend sein, wenn ich mir das Thema des heutigen Sonderlandtages anschaue, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Sie haben in Psychoanalyse nicht bestanden, weil das ist nicht ansteckend!) - Die einzige Verantwortung, die die ÖVP in dieser Causa hat, ist die Verantwortung der Aufklärung dieses Skandals, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir waren die Speerspitze und mir ist schon bewusst, dass sich die FPÖ mit dieser Rolle nicht gerne zufrieden gibt. Der Vizebürgermeister hat den großen Philosophen der Aufklärung, Immanuel Kant, zitiert. In diesem Fall ist die FPÖ lediglich Trittbrettfahrer der Aufklärung. Aber ich kann Sie beruhigen, so dilettantisch wie Rot-Grün agiert, wird es noch ganz, ganz viele Themen geben, bei denen sich jede Oppositionspartei im Sinne der Aufklärung profilieren kann, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. - Lhptm-Stv. Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Zitieren Sie mich nicht falsch! Hören Sie auf, mich falsch zu zitieren!)
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