Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 167 von 251
Diese Hygienevorschriften, diese Weiterentwicklung der Hygiene wird hier natürlich nicht richtig erwähnt, nicht richtig angeführt. Es ist auch sehr schwer, sich vorzustellen, wenn man eine Containersiedlung auf einem früheren Parkplatz, einem früheren Fabrikgelände errichtet, dass hier auch ausreichende Kanalisation für eine Siedlung von 200 oder 300 Personen vorliegt.
Es ist sicherlich verhältnismäßig problemlos, Stromleitungen zu verlegen, sicherlich auch nicht so schwer, Wasser zu verlegen. Aber bei der Kanalisation kann ich mir schwer vorstellen, dass die Anforderungen an die Qualität, die man an jede neue Errichtung einer Wohneinheit für einen Normalbürger stellt, auch bei diesen Notsiedlungen, bei diesen Containersiedlungen ebenso umgesetzt werden. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke!) Ich helfe Ihnen gerne, ja. Sie können viel lernen. Ich lerne auch viel, ich lerne da einiges.
Die Durchführung von Baumaßnahmen zur Nützung rechtmäßig bestehender Bauwerke für einen längeren Zeitraum bedarf einer Baubewilligung dann eben auf längstens fünf Jahre. Es stellt sich natürlich die Frage: Kann bei dieser Baubewilligung irgendein Einspruch erhoben werden von einem Nachbarn oder von anderen Personen? Auch das ist nicht möglich. Hier wird der ursprüngliche Sinn, den man ja nicht unbedingt als negativ einschätzen kann, aus der Not heraus, zu helfen und zu unterstützen, eigentlich nicht mehr umgesetzt. Aus einer Notlösung, aus einer Unterstützung, aus einer Hilfe wird eigentlich eine Primitivsiedlung - das ist, wie gesagt, ein Terminus, das ist keine Beleidigung -, die Vorstufe eines Slums, kann man durchaus schon sagen.
Es besteht ja, wenn man von vornherein weiß, dass man eine Hilfssiedlung bezüglich ihrer Bauqualität nicht rechtfertigen muss, auch keine Intention, hier etwas zu verbessern, etwas zu verändern. Es ist zu befürchten, dass nach einigen Jahren eines akzeptablen Wohnens, einer akzeptablen Wohnqualität die Haltbarkeit dieser einfachen Siedlungen und auch die Ansehnlichkeit dieser einfachen Siedlungen abnehmen werden, sich das Interesse und mit der Zeit auch die Mieter, die Einwohner ändern und wir dann diese Slumstrukturen haben. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Das sind ja temporäre Siedlungen! - StR Anton Mahdalik: Temporäre Slums, leiwand!)
„Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung.“ Das ist eigentlich eine Metapher, weil das natürlich nicht nur diese Gesetzesänderung betrifft, dass Beschwerden keine aufschiebende Wirkung haben, sondern im Grunde genommen, wie ich es Ihnen schon vorhin zu verdeutlichen versucht habe, dies eine grundsätzliche Reaktion eines Bürgers, eines Petenten an eine Behörde ist. Man weist darauf hin, dass etwas nicht funktioniert, dass eine Leitlinie, eine Bauordnung nicht umgesetzt wird, und man hat eigentlich überhaupt keine Reaktion, natürlich auch keine aufschiebende Wirkung. So gesehen ist das eigentlich schon so selbstverständlich, dass man es gar nicht hinschreiben müsste.
Was ich auch vermisst habe, ist das Gesamtausmaß dieser Siedlungserrichtung in Bezug auf die Gesamteinwohnerzahl der Stadt Wien. Es steht nicht drin: Ist das jetzt für 40.000, für 20.000, für 10.000, für 200.000? Diesbezüglich gibt es eigentlich keinerlei Vorgaben, wie es auch keinerlei Vorgaben zum Schutz von Grünflächen und zum Schutz von Frischluftschneisen gibt. Es ist durchaus möglich, dass man Grünflächen nutzt, Grünflächen zerstört, dass die Temperatur und auch die Frischluft entsprechend eingeschränkt werden.
Es ist natürlich auch durchaus möglich - es steht zumindest nichts Gegenteiliges drin -, dass ein großer Teil des zukünftigen Wiens - und Wien ist ja die europäische Millionenstadt, die am stärksten wächst -, dass in dieser Stadt ein großer Teil der zukünftigen Bevölkerung - ich sage als ein Beispiel jetzt, 200.000, es können ja theoretisch auch 200.000 zukünftige Wiener sein - in Containerbauten oder in Barackenbauten leben wird. Es gibt diesbezüglich keine Einschränkung.
Hier ist sicherlich ein Zeichen einer doch sehr, ich würde sagen, hochmütigen, abgehobenen Regierungskultur. Man arbeitet zwar aus einer durchaus verständlichen Notsituation, um Menschen, die ja nicht frieren sollen, zu helfen, macht aber daraus ein Gesetz, das man nach Belieben ändern, gebrauchen, missbrauchen kann für seine eigenen, persönlichen Zwecke. Man ist an nichts gebunden. Man ist an keine Bauordnung gebunden. Man ist an keinen architektonischen Stil gebunden. Man kann zum Beispiel im 22. Bezirk mit Containersiedlungen von zusätzlichen 100.000 Einwohnern aufstocken, das ist durchaus möglich.
Diese Grenzenlosigkeit, die Schrankenlosigkeit durch diese sehr, sehr knappe Änderung der Bauordnung lässt so viele Möglichkeiten der Interpretation durch die Regierung frei, dass dies zweifellos auch vom Verfassungsgericht sicherlich zurückgewiesen wird. So gesehen kann man eigentlich guten Mutes sein und darauf hoffen, dass die fehlende Definition einerseits, aber auch das nichtstrukturierte Konzept andererseits für ein derart schwerwiegendes Gesetz mit derart schwerwiegenden Folgen den Verfassungsgerichtshof sicherlich nicht problemlos passieren wird. (Beifall bei der FPÖ.) Danke schön.
Jetzt besteht natürlich die Frage: Wie ist es eigentlich zur Bildung dieses, na, „Braintrusts“ kann man ja nicht sagen, da haben sich wahrscheinlich einige spät in der Nacht zusammengesetzt, so wie jetzt, und haben sich überlegt, wie sie eine neue Bauordnung machen können, wie ist es eigentlich dazu gekommen? Denn grundsätzlich war natürlich klar, dass diese 100.000 Flüchtlinge - manche sagen, 110.000 Flüchtlinge, es sind ja nicht alle registriert - versorgt werden müssen.
Nun ist es natürlich erheblich schwieriger, eine Großstadt, die ja in diesem Stadtbioklima viel empfindlicher ist, aufzustocken und zu erweitern mit mehreren 10.000 Flüchtlingen und Zuwanderern, als wenn dies in einem locker besiedelten Gebiet gemacht wird. Hier ist natürlich noch eine Frage offen: Welche Förderungen - das steht nämlich auch nicht drin, das ist auch nicht besprochen worden -, welche Förderungen bekommt die Stadt Wien für diese Flüchtlingssiedlungen, für diese Containersiedlungen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Finanzierung und die Erhaltung ausschließlich vom Wiener Stadtbudget umgesetzt werden. Das kann ich mir nicht vor
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