Landtag, 36. Sitzung vom 15.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 26
eine Schule ohne Noten. Im grünen Wien gibt es alternative Beurteilungsmethoden. Dazu sage ich: Gott sei Dank! Versprochen – gebrochen! (Beifall bei der ÖVP.)
Ein weiteres Zitat: Wir machen Konsumräume für harte Drogen. – Gott sei Dank gibt es keine Fixerstuben! Aber damals haben Sie in Ihrem Wahlprogramm etwas erklärt, was Sie vor wenigen Tagen hier im Gemeinderat als völlig unmöglich erachtet haben. Damals haben Sie geschrieben: Im grünen Wien verhindern wir, dass harte Drogen weiter in Parks und Stiegenhäusern konsumiert werden. Damals war das für Sie noch denkbar. Jetzt gibt es die Drogenberatungsstelle in der Nußdorfer Straße direkt neben Kindergärten, Grünflächen und Parks und ist das überhaupt nicht mehr denkmöglich: Versprochen – gebrochen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Sie haben uns erklärt: Es wird Billigtickets bei den Wiener Linien geben. Okay! Ja! Das wurde umgesetzt. Das muss man sich aber genau anschauen: Sie haben versprochen, dass die Tageskarte 1 EUR, die Monatskarte 10 Eur und die Jahreskarte 100 Eur kosten wird. – Ganz so war es dann aber doch nicht! Auch das war wieder eine vollmundige Ankündigungspolitik, und auch dieses Versprechen wurde in weiterer Folge gebrochen. Klar: Wenn man als Stadt Wien 730 Millionen Eur an Steuergeldern zuschießen muss, dann ist für so etwas kein Spielraum!
Sie haben im Wahlkampf 2010 gesagt: Kein Konzertsaal im Augarten! – Ich bin sehr froh, dass dieser steht, denn das ist gut für den Tourismus und für die Kulturszene in dieser Stadt. Und wissen Sie, was schön war? – Als ich bei der Eröffnung dort anwesend war, habe ich Kollegen Lobo am Buffet getroffen. – Versprochen und gebrochen, meine lieben Freunde von den Grünen! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Einer der schönsten Punkte im Wahlprogramm der Grünen 2010: Ende des Postenschachers. Es steht da zu lesen, dass im grünen Wien nach einem Bestellmodus vergeben werden wird, bei dem es nur noch um Kompetenz und nicht mehr ums Parteibuch geht. – 22 Beauftragte sprechen eine klare Sprache: Versprochen – gebrochen! Das ist die Politik der GRÜNEN in dieser Stadt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Der guten Ordnung halber möchte ich den nächsten Redner ersuchen, sich doch dem Thema Wahlrechtsreform zu widmen.
Als nächster Redner hat sich Herr Abg Ellensohn gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Wahnsinn! Jetzt haben Sie mir die halbe Rede weggenommen, denn ich hätte ja auch zu lauter anderen Punkten reden können!
Zum Wahlrecht: Es könnten sich alle einzeln, unabhängig von den Fraktionen, fragen, was sie selbst eigentlich als richtiges Wahlrecht empfinden. Ich glaube nämlich, dass es in den Fraktionen in der Frage, was der Idealzustand ist, durcheinandergeht, denn es gibt in den Wahlrechten in Österreich verzerrende Elemente sonder Zahl, und auch in Wien gibt es nicht nur einen Punkt, auf den immer eingegangen wird, aber ich werde das jetzt schön langsam herunter deklinieren. (Zwischenruf: Warum langsam, Herr Kollege?) Damit Sie es auch verstehen!
Ein ideales Wahlrecht ist für viele in der Volkspartei und auch in der Sozialdemokratie ein Mehrheitswahlrecht. Das hören wir ja alle nasenlang, und das sagt auch die neue Partei.
Es ist für viele Menschen in der Österreichischen Volkspartei eine Vorstellung, dass man ein Mehrheitswahlrecht einführt. Das ist Faktum. Das soll so ähnlich sein wie in Großbritannien, wo halt am Schluss ein großer Teil der Bevölkerung im Parlament nicht repräsentiert ist. So ist das dort halt, und das finden manche ganz super.
Manche hätten es gerne wie in Griechenland, wo die erste Partei sozusagen einen Zuschlag bekommt, damit die Regierungsbildung leicht möglich ist. Der Sieger der Wahl bekommt dort, unabhängig davon, wieviel Prozent Vorsprung er auf den Zweiten hat, einen Zuschlag an Mandaten, sodass die Regierungsfähigkeit gegeben ist.
Weiters gibt es etliche – das ist eher die Seite der Grünen –, die das holländische Wahlrecht bevorzugen. – Zur Erinnerung, obwohl ich das ohnedies schon ein paar Mal erklärt habe: Dort gibt es 150 Mandate, und genau ein 150stel der Stimmen im Nationalrat bedeutet ein Mandat. Keine Hürde!
In Österreich haben wir in jedem Wahlkörper verschiedene Hürden eingebaut. Jetzt liest man über das Wahlrecht ja manches, und zwar nicht ausschließlich über das Wiener Wahlrecht. Die nächste Wahl, die geschlagen wird, ist die Wirtschaftskammerwahl quer durch Österreich. Und die „Presse“, die nicht gerade das erste Organ der Grünen ist, sondern doch einer anderen Fraktion näher steht, kritisiert dieses Wahlrecht sehr scharf, das natürlich von der Mehrheit erfunden wurde und von der Mehrheit verteidigt wird, nämlich von der Volkspartei. Wie funktioniert das? – Bei der letzten Wahl hat Herr Leitl mit seiner Fraktion 50,33 Prozent der Stimmen bekommen, und wie viele Mandate hat er dafür bekommen? – Er hat damit 63,5 Prozent der Mandate im Wirtschaftsparlament erreicht! (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Das ist falsch!)
Ich komme schon noch zum Wiener Wahlrecht! Würden wir aber das Wahlrecht der Wirtschaftskammer nehmen und es hier anwenden, dann würden wahrscheinlich manche, zumindest aus marktpolitischen Gründen, sagen, dass das eine gute Idee ist. (Zwischenruf von Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
So. Man sollte sich schon immer das ansehen, wofür eine Partei im Einzelnen zuständig ist: In Vorarlberg gibt es einen Verstärker von plus eins, in der Steiermark gibt es – und das ist genau das Gleiche wie hier – einen Verstärker von plus eins. Das Wahlrecht wird also offensichtlich von denen, die regieren, eher so gemacht, dass es ihnen hilft. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das ist nichts Neues, Herr Kollege!)
Dass die Wahlrechte so gemacht werden, ist ja nicht völlig unlogisch. Aber nirgends, wo die Volkspartei in der
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