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Landtag, 36. Sitzung vom 15.01.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 26

 

aufmerksam machen: Wenn wir keinen Beschluss fassen und keine Änderung unserer Gemeinderatswahlordnung vornehmen, laufen wir Gefahr, mit einem verfassungswidrigen Wahlrecht in die Wahl zu gehen. – Ich nehme an, das ist zumindest einigen bekannt, aber den entscheidenden Verhandlern wird es wohl bekannt sein.

 

Dabei sind zwei Punkte zu beachten, nämlich erstens die Wahlausschließungsgründe. Sie wissen vielleicht, dass es da eine Sache gegeben hat, nämlich … (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Frodl!) Danke! Es war die Causa Frodl, wie ich das jetzt einmal nennen möchte: Diesbezüglich wurde eingeklagt, dass nicht nur in Wien, sondern auch auf Bundesebene und auch in einigen anderen Ländern die Bestimmungen betreffend die Wahlausschließungsgründe zu eng gefasst sind. Und alle anderen Bundesländer und auch der Nationalrat haben das natürlich schon umgesetzt und neue Regelungen getroffen. Die Einzigen, die das bis jetzt noch nicht zustande gebracht haben, waren – welche Überraschung! – die in Wien dafür Zuständigen. An uns soll es allerdings nicht liegen, sondern es liegt vor allem an der Regierungskoalition, dass noch nichts geschehen ist. – Diesfalls wissen wir sicher, dass das jetzige Wahlrecht verfassungswidrig ist.

 

Der zweite Fall ist auch interessant: Er betrifft das Briefwahlrecht beziehungsweise im Konkreten die Nachfrist zu den Briefwahlstimmen. Sie kennen das Thema auch, aber ich darf Sie jetzt daran erinnern, und ich kann mich sogar noch selber daran erinnern, es ist ja noch nicht so lange her. – Wir beziehungsweise die damalige SPÖ-Mehrheit hat vor fünf Jahren diese Bestimmungen, die aus meiner Sicht verfassungswidrig sind, hier beschlossen. Sie haben damals beschlossen, genau diese Bestimmungen zum Landtagsbeschluss zu machen und damit als Gesetz zu normieren.

 

Inzwischen dürfte es sich auch schon bei der SPÖ herumgesprochen haben, dass das vielleicht nicht ganz so astrein ist, um das einmal salopp auszudrücken. Auch diese Bestimmung ist sicherlich verfassungswidrig. Auch diesbezüglich haben wir in letzter Zeit gehört, dass durchaus angedacht ist, das zu ändern, aber wir warten noch darauf.

 

Diese zwei Punkte müssen wir aus meiner Sicht - und wahrscheinlich auch aus Ihrer Sicht - ändern, sonst laufen wir Gefahr, ein verfassungswidriges Wahlrecht zu haben, und ich nehme an, die Konsequenzen können Sie sich selber vorstellen!

 

Das wesentliche Hauptstück, im Zusammenhang mit welchem es offensichtlich die Probleme gibt, ist das Mandatsverteilungsverfahren. Die Frage, wie die Mandate aufgeteilt werden, ist natürlich für alle Parteien das Interessanteste daran. Jetzt haben wir die Regelung gemäß § 83 unserer Gemeinderatswahlordnung, wonach im ersten Ermittlungsverfahren die Wahlzahl speziell vergeben wird, wie ich es jetzt ausdrücken möchte: Die abgegebenen gültigen Stimmen werden durch die um eins vermehrte Anzahl der Mandate geteilt. „Um eins vermehrt“ sind die Worte, um die es sich dreht, um die Wahlzahl zu erreichen. Das ist auch nichts Neues.

 

Was ist die Alternative dazu? – Auch das wissen wir seit 2010: Wir belassen das Verfahren im ersten Ermittlungsverfahren – soll so sein! – und sorgen dann im zweiten Ermittlungsverfahren dafür, dass wir einen Ausgleich vornehmen und tatsächlich die Situation geschaffen wird, dass jede Stimme gleich viel zählt. Das heißt, es soll ein Ausgleich geschaffen und damit gewährleistet werden, dass es keine Bevorzugung der – in unserem Fall – größten Partei gibt.

 

Das war Konsens aller Oppositionsparteien 2010. Kaum waren die Grünen aber in der Regierung, hat sich das dann schon ganz anders angehört! Wir kennen die Chronologie, und diese ist ja wirklich – wie soll ich sagen? – fast schon kurios! Zuerst haben Sie in das Regierungsübereinkommen geschrieben, dass das bis Ende 2012 geschehen soll. Aber bis zu diesem Zeitpunkt haben Sie nichts zustande gebracht. Dann hat man immer wieder gehört: Bei der nächsten Sitzung behandeln wir das sicherlich!

 

Fast lustig war es dann im Sommer dieses Jahres: Im Ö1-Morgenjournal wurde berichtet, dass jetzt auch vom Klubobmann der SPÖ schon bekannt gegeben wurde, dass es eine Einigung der Regierungsparteien gibt. – Diese Einigung hatte aber nicht einmal eine Halbwertszeit von einem Tag, sondern nur von ein paar Stunden, und am nächsten Tag wurde uns dann – nicht wirklich überraschend! – mitgeteilt, dass es doch keine Einigung gibt und dass man doch noch weiterverhandeln will! Nach dem Sommer in der ersten Sitzung im September wolle man dann aber sicherlich den Beschluss fassen.

 

Es kam allerdings, wie es kommen musste: Es gab natürlich keinen Beschluss! Dann gab es vollmundige Ankündigungen auch von grüner Seite, von Klubobmann Ellensohn: Ganz sicher kommt bald das neue Wahlrecht. – Ich glaube, er hat davon gesprochen, dass dieses am 27. November beschlossen werden wird. Aber welche Überraschung: Auch im November haben wir natürlich nichts beschlossen und hat man sich noch immer nicht geeinigt!

 

Nach einer gewissen – formulieren wir es einmal so – Dissonanz in der Regierung hat man jetzt vorangekündigt, dass im Jänner der neue Beschluss gefasst werden wird. – Wir wissen allerdings noch nichts von irgendeiner Einigung! In diesem Zusammenhang wurde auch immer vorgebracht – was ja an und für sich gescheit ist! –, dass man alle Parteien einbinden will, wenn man ein so großes Demokratiepaket umsetzt. Wir haben aber jedenfalls noch nichts gehört. Der Status quo, was die Mandatsverteilung betrifft, ist noch immer wie bisher. Ich weiß nicht, ob noch etwas kommt, vielleicht überraschen Sie uns ja heute mit Redebeiträgen, die das Ganze für uns erhellen. Ich fürchte aber, das wird nicht der Fall sein! Also schauen wir einmal! Ich wage aber zu bezweifeln, dass wir im Jänner ein neues Wahlrecht bekommen. Aber vielleicht überraschen Sie uns und mich im Konkreten!

 

Vielleicht, meine Damen und Herren, wäre es gescheiter und auch ehrlicher, wenn Sie einfach zugeben, dass Sie diesbezüglich nichts zusammenbringen! Das wäre, glaube ich, auch den Wählern und Ihren Wählern gegenüber der richtige Weg! (Beifall bei der FPÖ und

 

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