«  1  »

 

Landtag, 36. Sitzung vom 15.01.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 26

 

schon im Dezember aus aktuellem Anlass verlangt. Ich weiß, wir haben über das Thema Wahlrecht schon sehr oft diskutiert, aber ich gebe zu: Viel Zeit wird uns bis zur heurigen Wahl nicht mehr bleiben! Deswegen glaube ich, dass wir heute die Gelegenheit nützen sollten, auch dieses Thema wieder aufs Tapet zu bringen und uns ins Bewusstsein zu rufen, dass das Wahlrecht das grundlegendste Recht in einer Demokratie ist.

 

Wir sollten uns auch ins Bewusstsein rufen, dass im Regierungsübereinkommen paktiert wurde, dass es bis Ende 2012 eine Wahlrechtsreform geben soll. Außerdem sollte man sich auch in Erinnerung rufen, dass Frau VBgmin Vassilakou – die damals noch Klubchefin einer Oppositionspartei war, die damals ihren Namen auch verdient hat – im Jahr 2010 mit der FPÖ und der ÖVP gemeinsam einen Pakt geschlossen beziehungsweise vereinbart hat, sich für ein faires, modernes und gerechtes Wahlrecht und dafür einzusetzen, dass jede Stimme gleich viel wert sein soll.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Davon ist bisher, nach vier Jahren, überhaupt nichts zu merken! Deswegen versammeln wir uns heute, um darüber zu diskutieren und genau diese Versprechen in Erinnerung zu rufen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Der aktuelle Anlass ist eine Verzweiflungstat von Frau Vassilakou. – Frau Vassilakou glänzt heute durch ihre Abwesenheit, sie will sich anscheinend der Diskussion nicht stellen, das sagt ja auch sehr viel, das spricht fast Bände! – Im Dezember setzte sie eine Aktion aus Verlegenheit beziehungsweise einen Akt der Verzweiflung: Sie hat der FPÖ einen Kompromiss angeboten, bei welchem im Gegenzug die nichtamtsführenden Stadträte der Opposition abgeschafft werden.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das lässt ja sehr tief blicken in das Demokratieverständnis der Grünen und auch der SPÖ! Hier soll ein Deal beziehungsweise, negativ ausgedrückt, ein Kuhhandel paktiert werden. Dieser Deal ist allerdings rechtlich gar nicht möglich! Aber es ist wieder einmal typisch für Frau Vassilakou, dass sie hier Dinge in den Raum stellt und fordert, die der Wiener Landtag gar nicht beschließen kann! Das müsste nämlich der Bundesgesetzgeber tun! Abgesehen davon ist das Verhalten von Frau Vassilakou, einen Kompromiss anzustreben und anzubieten, ein Verrat an den eigenen Wählern, aber auch an den Vertragspartnern, nämlich an ÖVP und FPÖ und auch den GRÜNEN! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Die Grünen haben im Mai 2010 auch ganz klar vor dem Notar unterschrieben, dass es ein gerechtes Wahlrecht geben soll. Abgesehen davon ist die Abschaffung der nichtsamtführenden Stadträte ja gar nicht möglich! Dazu halte ich erstens fest: Die nichtamtsführenden Stadträte sind eine Erfindung der SPÖ vor über 20 Jahren. Zweitens: Wir waren dagegen, dass die Stadträte zu nichtamtsführenden Stadträten – unter Anführungszeichen – degradiert werden, dass ihnen das Ressort entzogen wird. Sie waren dagegen und sind zum Verfassungsgerichthof gegangen.

 

Drittens: Nur der Bundesgesetzgeber kann die nichtamtsführenden Stadträte ersatzlos abschaffen. – Wollen wir das hier im Landtag beschließen? – Sehr, sehr gern! Dann werten wir die Stadträte auf, dass sie alle ein Ressort bekommen! Ich bin mir sicher, unsere drei Stadträte würden da viel besser agieren als Ihre in der Regierungsverantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und von Abg Dr Wolfgang Aigner.)

 

Und das lässt auch wieder einmal tief in Ihr Demokratieverständnis blicken: Wenn es darum geht, bei der Opposition einzusparen und zu kürzen, und wenn es darum geht, Kontrollrechte einzuschränken, dann Sie sind sofort zur Stelle! Und auch wenn es darum geht, Beauftragte zu schaffen und neue Ämter wie etwa die Radagentur oder Ähnliches zu erfinden, zu beschließen und mit Steuergeldern zu dotieren, sind Sie an erster Stelle. Das lässt tief blicken! – Am besten schaffen wir die Opposition gleich ab: Das wäre Ihnen wahrscheinlich am liebsten! Aber so funktioniert eine Demokratie sicherlich nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch nicht im rot-grünen Wien! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich sage ganz bewusst, Frau Vassilakou, auch wenn Sie heute nicht da sind: Wo bleibt die Pakttreue? Wo bleibt der Wille der Grünen, etwas zu ändern im Sinne der Bürger in dieser Stadt? Wo bleibt der grüne Elan, für Kontrolle und für Bürgerrechte beziehungsweise für BürgerInnenbeteiligung zu sorgen? Die Frau Stadträtin ist ja auch Stadträtin für BürgerInnenbeteiligung, und zwar nicht Frau Frauenberger, sondern Frau Vassilakou, die durch Abwesenheit glänzt! All das wird jedoch mit Füßen getreten! Kaum ist man an den Trögen der Macht, vergisst man einfach, was man vorher gefordert und wofür man gekämpft hat!

 

Da gibt es einen Spruch: „Wer an den Trögen der Macht sitzt, der will nicht mehr rebellieren.“ – Das ist offenbar Ihr neuer Wahlspruch, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Das wäre der ehrliche und authentische Wahlspruch, mit dem Sie heuer in die Landtagswahlen gehen könnten! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Werte Kollegen von den Grünen! Wer an den Trögen der Macht sitzt, der will einfach nicht mehr rebellieren! Kaum an den Trögen der Macht und kaum in der Regierung, scheinen sich Ihre Versprechen schneller in Rauch aufgelöst zu haben, als man es jemals vermutet hätte! Ja, man sieht: Macht korrumpiert!

 

Und man sieht auch, wenn man den Gedanken des Demokratieverständnisses weiterspinnt, wie es diesbezüglich um die rot-grüne Stadtregierung bestellt ist: Eine Parkpickerl-Volksbefragung wird abgewürgt, obwohl über 110 000 Bürger dafür unterschrieben haben. Die Bürgerbefragung betreffend die Mariahilfer Straße verletzt alle Grundsätze einer Demokratie! Man hätte auch anders vorgehen können. Beim Drogenzentrum in Alsergrund werden die Bürger nicht mit eingebunden, sondern es wird drübergefahren. Das ist Ihr Demokratieverständnis!

 

Ein junger und auch sehr gescheiter Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten des Stadtschulrats, Maximilian Krauss, wird abgelehnt, obwohl wir das Vorschlagsrecht haben und der Herr Landeshauptmann dieses Vorschlagsrecht akzeptieren und auch die Angelobung

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular