Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 85
bringe ich den Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgeordneten Oxonitsch, Niedermühlbichler, Stürzenbecher, Ellensohn, El-Nagashi, Kickert ein, der lautet:
„Der Landtag wolle beschließen, der Bundesverfassungsgesetzgeber wird seitens des Wiener Landtages ersucht, die Bundesverfassung in der Form zu ergänzen beziehungsweise zu ändern, dass den Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, ein Wahlrecht für im Bundesland hauptwohnsitzgemeldete EU-Bürger und -Bürgerinnen auf Gemeinde- beziehungsweise Landesebene einzuführen.“
Das ist also diese Sache. Einen Antrag wird dann noch der Kollege Ellensohn –Hast du schon eingebracht das Drittstaats…? – Ja, das ist also schon eingebracht. Das ist auch wirklich wichtig. Wir haben ja das Wahlrecht für Zuwanderer, die fünf Jahre hier sind, auf Bezirksvertretungsebene schon einmal beschlossen. Das hat leider der Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Und so wie ein Schiedsrichterpfiff gilt, auch wenn es manchmal keine Tatsachenentscheidung ist, gilt das natürlich. Das ist für uns absolut richtig und korrekt, und es wäre kein Rechtsstaat, wenn wir das nicht akzeptieren würden. Aber deshalb ersuchen wir jetzt den Bundesverfassungsgesetzgeber um die Möglichkeit, das auf kommunaler Ebene festzulegen. Der Bundesverfassungsgesetzgeber soll das nicht allen Ländern aufoktroyieren, aber er soll uns die Möglichkeit einräumen, dass wir selbst festlegen, inwieweit auf kommunaler Ebene, insbesondere auf Bezirksebene, Drittstaatsangehörige mitentscheiden.
Da stellt sich ja wirklich die Frage, warum soll nicht jemand, der weiß Gott wie lange, seit 6, 10 oder 20 Jahren, hier wohnt, mitbestimmen können (Abg. Armin Blind: Soll er Staatsbürger werden!), wie das Parkbankerl ausgestattet ist, wie man den Park gestaltet, wo diese Leute teilweise mehr hingehen als sozusagen die Staatsbürger, weil sie in der Regel schlechtere Wohnverhältnisse haben, oder wie bei öffentlichen Verkehrsmitteln die … (Abg. Dkfm. Dr. Fritz Aichinger: Das sind nicht Bezirksangelegenheiten!) – Na ja, das sind teilweise schon Bezirksangelegenheiten. Jedenfalls die Angelegenheiten des täglichen Lebens, des näheren Umfeldes des Lebens, nicht die Gesetze und die gesellschaftspolitischen Fragen, die sollen schon von den Staatsbürgern entschieden werden, aber das, was wirklich jeden betrifft, der hier wohnt, das soll mitentschieden werden können. Dafür plädieren wir weiter, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber das herbeiführen möge. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Was aber mein Freund Niedermühlbichler noch einbringen wird, ist das mit den nicht amtsführenden Stadträten. Wie schon Kollege Kowarik richtig ausgeführt hat, fußt diese ganze Sache auf Art. 117 Abs. 5 B-VG, wo es heißt: „Im Gemeinderat vertretene Wahlparteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand.“
Wir sind als Wien primär eine Gemeinde, und das wollen wir auch so. Es hat, als Kollege Tschirf noch Klubobmann der ÖVP war, von der ÖVP den Wunsch gegeben, dass man Wien primär als Land gestaltet. Wien hätte Tschirf nach ein Land sein sollen, und die 23 Bezirke wären eigene Gemeinden gewesen, dann hätte die ÖVP damals auch 5 Bürgermeister gehabt. Das war, glaube ich, irgendwie die Idee des Gedankens. Aber wir sind stolz darauf, dass wir seit 1922, seitdem wir ein eigenes Land sind, primär Gemeinde sind, weil man damit bürgernäher ist. Wir wollen dieses Primat der Gemeinde natürlich aufrechterhalten, und deshalb ist dieser Artikel der Bundesverfassung für uns sehr wichtig.
Diese Problematik mit den nicht Amtsführenden ist dadurch entstanden, dass ursprünglich 1945 alle Parteien in der Stadtregierung waren. Damals war sogar Viktor Matejka von der KPÖ die erste Periode Kulturstadtrat – übrigens ein sehr guter Kulturstadtrat, wie allgemein festgestellt worden ist –, und bis 1973 war die ÖVP, obwohl die SPÖ immer eine klare absolute Mehrheit hatte, immer in der Stadtregierung mit dabei, entsprechend dem Proportionalsystem. 1973 aber hat dann die ÖVP gemeint, dass die Donauinsel eine derart katastrophale Sache sei, was die SPÖ da vor habe, dass man die Donauinsel macht. – Eine historische Fehleinschätzung, ich glaube, das wird man inzwischen auch in der ÖVP sagen, aber trotzdem, dadurch ist es zum Bruch gekommen. Die ÖVP ist dann quasi hinausgegangen aus den amtsführenden Stadträten. Da aber die Verfassung war, wie sie ist, hat man eben diesen Kunstgriff, wenn ich es so nennen darf, gefunden, dass man gesagt hat, dann gibt es eben nur amtsführende Stadträte für die eigentliche Regierung und nicht amtsführende für die Opposition. Das war ab 1973 so. Irgendwann, wie die Grünen und vor allem die FPÖ stärker geworden sind, sind sie da auch reingekommen.
Das ist ein System, mit dem niemand wirklich zufrieden ist. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Was soll man machen?) Wenn der Bundesverfassungsgesetzgeber jetzt eine Lösung findet, die besser ist, dann ist es natürlich gut so. Aber wichtig ist, dass natürlich die Kontrollrechte nicht geringer werden dürfen, dass insgesamt das demokratische Niveau nicht geringer werden darf und dass es auch nicht von heute auf morgen eingeführt wird; geplant ist, soviel ich weiß, ab einer neuen Periode.
Grundsätzlich ist es kein System, das in der Öffentlichkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern Begeisterung hervorruft. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Hättet ihr es nicht gemacht!) Deshalb soll sich der Bundesverfassungsgesetzgeber jetzt Gedanken machen, wie er die Voraussetzungen dafür schafft, dass wir dann gemeinsam ein besseres System finden.
Dann möchte ich doch noch etwas zu meinen Vorrednern sagen: Bei den NEOS hätte mich gewundert, wenn ihre Zustimmung gekommen wäre. Ich muss allerdings schon noch einmal dazusagen, dass ich diese Aktion, dass man Kollegen Akkilic, wie er die Fraktion gewechselt hat, damals bei der Staatsanwaltschaft als mutmaßlichen Kriminellen angezeigt hat, für den absoluten Tiefpunkt der politischen Kultur halte. Das ist etwas, das für mich wirklich unvorstellbar ist. (Beifall bei der SPÖ.) Noch dazu, wo man eigentlich als Juristin wissen müsste, dass es natürlich keinen Anhaltspunkt dafür gibt. Die Staatsanwaltschaft hat das dann relativ schnell eingestellt, und übrigens ist er jetzt gar nicht da. Aber dass
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