Landtag, 33. Sitzung vom 26.09.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 55
konkret ansetzen in Betreuung, in Expertise, und zwar bei allen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Das heißt, diese Verbote, die hier gefordert werden, treiben die Situation nur noch mehr an und verschärfen sie.
Das Zweite ist, wenn Ihnen hier jetzt suggeriert wird, passen Sie auf, es kann sein, Flüchtling ist gleich Terrorist, ist das ein Irrsinn, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier sind hunderttausende Menschen auf der Flucht! Hier gibt es Kriege! Und jetzt wird ein tolles Signal der Humanität in dieser Stadt gesetzt, wo man in einem Minischritt sagt, wir beteiligen uns, wir nehmen 600 Menschen auf. Da sage ich, Respekt, das ist gut, richtig und wichtig! Hier dann herzugehen, Hass zu säen und Angstpolitik zu betreiben, nicht in unserer Stadt Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Das ist sehr ernst zu nehmen. Das ist überhaupt keine Frage. Ich unterstütze auch all die Anliegen von Experten und Expertinnen, die sagen, wir brauchen unbedingt eine Einrichtung, eine Anlaufstelle, wir brauchen unbedingt auch diese Hotline des Innenministeriums heraus aus dem Polizeiapparat, wenn man diese Erscheinung verstehen will, was dahintersteht, letzten Endes auch an enorm großer Sozialproblematik, enorm dünner Grenze, die bei Jugendlichen oft passiert, bei ihrer Identitätsfindung, ihrer Abgrenzung. Alle Generationen haben immer wieder Neues entdeckt. Hier ist die Grenze, in die Richtung zum Hass abzudriften, enorm gefährlich.
Ich gehe aber auch einen Schritt weiter. Ich glaube, dass die übergreifende Kooperation, auch mit der Polizei, dringend notwendig ist. Man muss sich selbstverständlich auch überlegen, den Verfassungsschutz zu reformieren oder zumindest verstärkt Expertise hineinzubringen.
Das sind die richtigen, wichtigen Ansätze, das wirklich ernst zu nehmen. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss die Aussage von Herrn Abg Gudenus, wir sind nicht der Weltsozialstaat: Mit diesem Spruch gehen Nazis in Deutschland in den Wahlkampf! Wir brauchen keinen Krieg, Terror, wir brauchen niemanden, der hier auf Kosten von Menschen, auf Kosten von ernsten Situationen politisches Kleingeld lukrieren will. Das ist schäbig. Herr Abg Gudenus, Ihr Auftreten war heute schäbig! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Präsident Johann Herzog: Nochmals, meine Damen und Herren Abgeordnete: Ich würde bitten, dass bei diesem sehr emotionellen Thema der Ton sich möglichst zurückhaltend äußern soll. Ich bitte darum. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Wer hat angefangen? Wer hat damit angefangen? - Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ich glaube, das ist eine allgemeine Bitte bei so stürmischen ... (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ein bisschen spät! Das hätten Sie gleich sagen können!) Das gilt für alle, Frau Stadträtin, das ist überhaupt keine Frage. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Dann sagen Sie es denen ...) Es ist eine vorbeugende Bemerkung, dass wir uns nicht zu sehr in eine Emotion verlieren. (Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.) So, ich darf um Ruhe bitten. Ich wollte damit eigentlich das Gegenteil dessen erreichen, was jetzt entstanden ist.
Ich darf nun Frau Abg Akcay das Wort erteilen. - Bitte.
Abg Safak Akcay (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Man muss schon beachten, dass ein Großteil der muslimischen Gesellschaft von der zunehmenden Radikalisierung nicht betroffen ist. Islamische Radikalisierung folgt im Wesentlichen demselben Muster wie andere Radikalisierungs- und Extremismustendenzen, wie etwa bei rechtsradikalen oder neonazistischen Gruppierungen oder okkulten und satanischen Sekten. (Abg Ing Bernhard Rösch: Schwarzer Block!)
Wir wollen in erster Linie Kompetenzen aufbauen, um Leute, die in vordersten Reihen sind, fit zu machen. Deshalb bietet ja das Netzwerk auch Schulungen an, um Jugendarbeit oder Pädagogen zu fördern. Denn wenn man präventiv handeln will, dann muss das natürlich vor Ort gesehen und behandelt werden. Es geht anders nicht, wir müssen dort anfangen und ansetzen. Es geht darum zu erkennen: Was ist pubertäres Verhalten oder Provokation, und wo beginnt Extremismus? Warum kommt es überhaupt zur abwertenden Identitätsbildung? Und so weiter. (Abg Ing Bernhard Rösch: ... nur auf die Homepage schauen!)
Nur strenge Gesetze allein helfen da nicht. Wir müssen Lösungen finden, wir müssen weiterdenken. Wir müssen überlegen, wie wir auch Rehabilitationsmaßnahmen für Rückkehrer schaffen können. Mein Anliegen wäre auch noch, eine Lösung zu finden für eine Doppelstaatsbürgerschaft, über das nachzudenken, um hier geborene Kinder auch an Österreich zu binden, in ihnen die Zugehörigkeit zu Österreich zu stärken. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Bei der Grundversorgung verstehe ich irgendwie nicht, wo hier Missbrauch entstehen kann, wenn es die Voraussetzung ist, dass man den aufrechten Hauptwohnsitz in Österreich, in Wien haben muss, jetzt auf Wien bezogen. Diese Quartierskontrollen werden regelmäßig gemacht, und um das auch besser kontrollieren zu können, wird ja diese Grundversorgung persönlich ausgezahlt. Also wenn der nicht in Wien lebt, dann bekommt er sie auch nicht, und dann wird alles eingestellt. (Abg Ing Bernhard Rösch: Das ist eine Geschichte!) Das ist keine Geschichte, das ist auch so.
Bezüglich Staatsbürgerschaft möchte ich schon noch sagen: Ich bin hier geboren, hier aufgewachsen, und für mich war das damals mit 18 selbstverständlich, dass ich mir die österreichische Staatsbürgerschaft nehme. Es ist gar nicht so leicht, es wird nicht einfach so hergeschenkt. Man muss vorweisen, dass man arbeitet. Man bringt den Auszug des Strafregisters. Man muss nachweisen, wo man wohnt, dass man sich das Leben hier in Österreich finanzieren kann. Das musste man alles vorweisen, und dann zahlt man auch dafür. Ich habe damals 11 000 Schilling zahlen müssen. Aber es wird immer so hingestellt, wie wenn man die Staatsbürgerschaft einfach so geschenkt bekommt. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ
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