Landtag,
29. Sitzung vom 28.01.2010, Wörtliches Protokoll -
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irgendetwas an der Verteilung und an den Einkommensverhältnissen
geändert wird. Auch steuerlich deutet nichts darauf hin, dass die
Bundesregierung tatsächlich irgendwelche Umverteilungsansprüche stellt, die
tatsächlich Armut beseitigen helfen würden und den gesellschaftlich vorhandenen
Reichtum ein bisschen gleichmäßiger verteilen.
Nichtsdestoweniger, sozusagen auf der einen Seite die Symbolik - Sie
sagen selbst, sehr viele Menschen würde es im Bereich der Gemeinde Wien nicht
betreffen -, was allerdings über die Symbolik hinausgehen würde und auch im
eigenen Wirkungsbereich liegt, ist sozusagen der Mindestlohn, den es innerhalb
der Gemeinde Wien für Vollzeitäquivalente gibt.
Ich frage daher ganz konkret: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es
tatsächlich einen Mindestlohn in Wien gibt, der, wenn man Vollzeit arbeitet,
netto zumindest um 500 EUR über der Armutsgrenze liegt? Das heißt, da
bewegen wir uns in der Größenordnung von knapp 1 400 EUR netto.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Menschen, die im Bereich der Gemeinde
Wien wirklich voll arbeiten, im Monat mit einem Geld heimgehen, das zumindest
um 500 EUR netto über der Armutsgrenze liegt?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter!
Ich weiß nicht, ob das Gegenstand einer Fragestunde sein kann, so etwas
hier zu erörtern, aber ich kann schon mit Sicherheit sagen, ich trete allgemein
in der Gesellschaft für einen Mindestlohn ein, und zwar sehr präzise gesagt,
auch kollektivvertraglich geregelt, nicht auf gesetzlicher Basis. Begründung
dafür: Es ist damit sehr viel mehr gewährleistet, dass es auch entsprechend
umgesetzt werden kann und umgesetzt wird. Denn in all den Ländern, wo dies
gesetzlich geregelt wird, gibt es enorme Umwege und Schleichwege, das nicht
einzuhalten. Dort, wo es kollektivvertraglich geregelt wurde, wird es auch
entsprechend eingehalten, ist die Verpflichtung und Einbindung, Selbstbindung
auch eine ganz andere.
Selbstverständlich kann ich mir auch vorstellen, dass man analog dazu
dies auch im öffentlichen Dienst macht, sohin auch bei der Gemeinde Wien, ohne
jetzt eine Höhe zu nennen. Denn wenn ich vorhin die Richtigkeit und Wichtigkeit
kollektivvertraglicher Verhandlungen betont habe, dann will ich das auch bei
den eigenen Leuten respektieren.
Präsident Prof Harry Kopietz: Die 2. Zusatzfrage stellt
Herr Abg Dr Tschirf. - Ich bitte darum.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Herr Landeshauptmann!
Wir haben es heute mit einer steigenden Zahl von Sozialhilfeempfängern
in Wien zu tun. Ein Problem für diese sind die Energiepreise.
Wie sieht es hinsichtlich einer Erhöhung des Heizkostenzuschusses aus?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter!
Ich darf Sie schon ein bisschen daran erinnern, dass wir den
Heizkostenzuschuss vor nicht allzu langer Zeit signifikant erhöht, nämlich verdoppelt
haben. Das ist in keinem anderen Bundesland passiert. Das ist
selbstverständlich auch nicht mit den entsprechend adäquaten Zahlungen seitens
des Bundes gewesen.
Aber ich bin durchaus bereit, darüber nachzudenken, wiewohl das Thema
etwa an Brisanz gegenüber der Diskussion vor zwei Jahren verloren hat, dass man
ähnlich wie in anderen Energieunternehmen, etwa der Bewag, darüber nachdenkt,
wie man hier einen Sozialfonds schafft, der besonders jenen, denen droht, dass
es im Winter trotz aller Zuschüsse, trotz aller Sozialleistungen in der Wohnung
kalt wird, bei den Energiepreisen selbst entsprechend hilft.
Sie wissen durch Aufsichtsräte, die Sie ganz gut kennen, dass die
Energieunternehmungen der Stadt Wien zum einen natürlich darauf angewiesen sind,
wie sich die Marktsituation bei den Rohstoffen entwickelt. Das ist bei
kalorischen Kraftwerken von besonderer Bedeutung. Wir alle wissen, dass der
Gaspreis dem Ölpreis immer entsprechend hinten nachhängt.
Zum Zweiten wissen Sie, dass dort auch ordentlich gewirtschaftet wird,
sonst hätten die Aufsichtsräte mit Sicherheit ihre entsprechenden Anmerkungen
dazu gemacht, allfällig auch öffentlich.
Und zum Dritten kennen Sie auch den Vergleich der Energiepreise in
Österreich. Daran können Sie erkennen, dass Wienstrom und Wiengas durchaus im
unteren Mittelfeld liegen. So gesehen denke ich, dass man die Diskussion über
die rasenden Energiepreise in Wien ad acta legen kann. Sehr wohl aber sollte
man darüber diskutieren, wie man jenen, die am allerdringendsten, am
allernotwendigsten Hilfe brauchen, auch über das Unternehmen selbst, als eine
Art Sozialleistung, helfen kann.
Präsident Prof Harry Kopietz: Die 3. Zusatzfrage stellt
Herr Abg Mag Ebinger.
Abg Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Die vom Kollegen Margulies angesprochene Frage mit der Höchstgrenze für
stadtnahe Betriebe ist auch eine freiheitliche Forderung, wo wir gesagt haben,
niemand soll mehr verdienen als der Bürgermeister. Jetzt haben Sie gesagt, nur
kurze Eingangsanmerkung, Manager brauchen marktkonforme Gehälter. Da müsste man
zumindest hinterfragen, ob die Gehälter des Flughafendirektors oder des
Ronacher-Intendanten, die weit über Ihrem Gehalt liegen, tatsächlich bei den
Leistungen als marktkonform angesehen werden können. Aber das ist nicht meine
Frage, sondern ein anderer Punkt.
Es geht um die Armut in Wien. Ab September soll laut Minister
Hundstorfer eine Mindestsicherung kommen, 733 EUR, die 12 Mal ausgezahlt
werden. Der Kollege Buchinger hat gesagt, jedes Land, das möchte, kann es
natürlich freiwillig auch 14 Mal zahlen.
Jetzt meine konkrete Frage an Sie, Herr
Landeshauptmann: Sind Sie so sozial und erwägen Sie, die Zahlung der im
September kommenden Mindestsicherung im Land Wien auf 14 Mal zu erhöhen?
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