Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 76
sein. Darum glaube ich auch, dass eben dort der neue Ratspräsident auch
seine Probleme haben wird. Man wird sehen, wie sich das ganze einspielt.
Ich glaube nur, dass es – das zum Abschluss – wichtig ist, dass
Österreich in Wirklichkeit seine Interessen und die Interessen seiner
Bevölkerung mit vertritt und nicht nachher immer sagt, wir hätten ja auch
anders agieren können, wie das immer wieder einmal der Fall war. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Fürs Protokoll halte ich fest,
dass der Abg Dr Aigner für den Rest der Sitzung entschuldigt ist.
Als nächster Redner hat sich Herr Abg Schreuder zu Wort gemeldet. Ich
erteile es ihm.
Abg Marco Schreuder (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich freue mich sehr, dass wir wieder – das passiert selten genug – die
Möglichkeit haben, über Europapolitik zu reden und auch sozusagen den manchmal
vielleicht doch etwas provinziellen Touch unserer Diskussionen, so notwendig
sie sind und so wichtig sie sind, zu verlassen, um etwas globaler zu denken,
europäischer zu denken und internationaler zu denken. Zum Beispiel können wir
uns dann darüber unterhalten, wie viele Einwohnerinnen und Einwohner Belgien
hat. Es sind 10,5 Millionen, 16 Millionen sind die Niederlande. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Es ist eh egal, stimmt schon. Aber es ist doch
spannend, das wir darüber einmal diskutieren in einem Gemeinderat und in einem
Landtag in einer Bundeshauptstadt, und ich halte das auch für notwendig.
Was ich allerdings für entbehrlich halte – und das richtet sich jetzt
an Herrn Kollegen Tschirf – ist Folgendes: Sie kritisieren die Kritik an dem
bestellten Kommissar Johannes Hahn. Ja, er ist ein Wiener. Jetzt können wir
natürlich alle glücklich sein, dass ein Wiener EU-Kommissar wird. Ich glaube
aber nicht, dass die Herkunft irgendeine Rolle spielt, ob er nun qualifiziert
ist oder nicht, denn ein EU-Kommissar – und das wird ja in Österreich leider
immer wieder vergessen oder übersehen – dient ja Europa und nicht seiner Stadt
oder seinem Land. Er muss europäisch handeln, er muss europäisch denken, denn
es geht hier wirklich um eine europäische Politik und nicht um eine
Lokalpolitik. (Abg Dr Matthias Tschirf: Das habe ich ja gesagt!)
Außerdem: Wenn wir die Wissenschaftspolitik des bald Ex-Ministers Hahn
kritisieren, dann gehört das auch zur europäischen Kultur dazu, denn
Demokratie, Kritik ist eine Grundlage der Europäischen Union, und es hat ja
überhaupt keinen Sinn, wenn wir uns sozusagen in früherer Manier, nur weil er
von da kommt, in Lobhudelei ergehen.
Daher: Kritik ist notwendig, auch Kritik an die Europäische Union. Das
heißt ja nicht, dass man eine antieuropäische Gesinnung hat – das ist ganz
wichtig –, das heißt ja, dass man Europa verändern möchte, das heißt ja, dass
man sich stark macht und leidenschaftlich für Europa kämpft und arbeitet, und
das darf niemals missverstanden werden.
Fakt ist, dass Hahn bei Forschung und Wissenschaft – und es ist
wirklich einfach ein Treppenwitz, dass Hahn für Forschung, Wissenschaft und
Bildung zuständig sein wird – hierzulande versagt hat. Also ich würde Ihnen
raten, Herr Kollege Tschirf, gehen Sie mit Ihrer Rede ins Audimax und halten
Sie sie dort. Sie werden wirklich Überraschungen erleben, aber übrigens auch
Debatten erleben, aus denen Sie viel lernen können.
Gut fand ich im Übrigen – das sollte hier auch erwähnt werden – die
historische Sicht. Da sind wir völlig einer Meinung. Ich selbst komme ja nun
aus einem kleinen Dorf in den Niederlanden, das von den Nationalsozialisten
schwer getroffen worden ist, wo alle Männer zwischen 17 und 55 ins
Konzentrationslager geschickt worden sind bei einer Razzia der
Nationalsozialisten. Mittlerweile lebe ich sozusagen in dem Land, schon seit
meiner Kindheit, das damals Feindesland für meine Großeltern war. Und das ist
doch etwas, was man nicht oft genug herausstreichen kann.
Wie wichtig Europa auch als friedenspolitisches Konzept und als
friedenspolitisches Projekt ist, das zeigt vielleicht auch ein kleiner
Vergleich. Es gibt ja zwei Verträge von Lissabon in der europäischen
Geschichte. 1859 wurde der Vertrag von Lissabon zwischen Portugal und den
Niederlanden unterzeichnet. Da ging es darum, die koloniale Aufteilung von dem,
was wir jetzt als Indonesien kennen, zu organisieren, also welche Insel gehört
wem, welche Religion dürfen die Leute dort haben. Darum ging es 1859. 2007 geht
es um die demokratische Grundstruktur eines gemeinsam arbeitenden politischen
Europas. Und das ist gut so.
Noch ein Hinweis auf einen Antrag, den die ÖVP einbringt. Da geht es um
das Rederecht der Kommissare hier im Landtag. Wir sind etwas überrascht, dass
Sie zwar in der mündlichen Anfrage EU-Parlamentariern und
EU-Parlamentarierinnen das Rederecht hier einräumen wollen, in dem Antrag, den
Sie heute einbringen, geht es aber nur um die Kommissare oder Kommissarinnen.
Das finde ich schade. Es wäre schön gewesen, wenn auch da
schon ...
(Abg Mag Wolfgang Gerstl: Da kommt noch ein Antrag!) Es kommt noch ein
Antrag mit den ParlamentarierInnen? Ich kenne ihn noch nicht. (Abg
Dr Matthias Tschirf: Der wird noch eingebracht!)
Wenn der Antrag
kommt, dass auch EU-ParlamentarierInnen hier reden können, werden wir mit
Leidenschaft zustimmen. Es wäre schön, wenn Sie sich auch bei Ihren Kollegen
und Kolleginnen im Nationalrat durchsetzen und kräftig ins Zeug legen könnten,
dass es im Nationalrat möglich wird, denn da ist es leider Ihre Partei, die das
blockiert.
Aber
wenn wir über die Vergangenheit Europas reden und wenn wir das Friedensprojekt
Europa auch aus der Perspektive der Vergangenheit sehen, so muss man natürlich
auch in die Zukunft blicken. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass wir hier
auch über diese großen Fragen der Zukunft diskutieren und – der Herr
Landeshauptmann hat es in seiner Rede angeschnitten – über die großen, großen
europäischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, seien sie globaler Natur,
sei es – und das ist natürlich derzeit vor allem aktuell – die
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