Landtag,
27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 78
Herzlichen Dank für die sehr rege Teilnahme und für die vielen
Wortmeldungen. Volksanwalt Dr Kostelka und Volksanwältin Dr Brinek
nehmen jetzt Stellung zu den inhaltlichen Punkten, die ihre Bereiche betreffen.
– Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gemeldet ist nunmehr –
wie schon angekündigt – der Herr Volksanwalt Dr Peter Kostelka.
Volksanwalt Dr Peter Kostelka: Danke vielmals. Sehr
geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Landtag!
Ich werde mich auf einige Bemerkungen beschränken, denn im Wiener
Landtag haben wir die besondere Situation, dass wir nicht nur im Plenum unsere
Berichte erstatten und diskutieren können, sondern dass wir auch in den
einzelnen Fachausschüssen diskutieren können, dort natürlich mit wesentlich
mehr Tiefe. Und es sei anerkannt, dass Ihres das einzige Parlament dieser
Republik ist, das sich mit der Volksanwaltschaft diese Arbeit antut, und ich finde
das auch sehr, sehr positiv, weil wir auf den Punkt gehen können. Daher im
Grunde genommen nur einige Streiflichter:
Die Jugendwohlfahrt, aber auch die Sozialhilfe, war aus meinem Bereich
ein wesentlicher Diskussionspunkt, weil wir nach den Ereignissen der Kinder vom
Pöstlingberg, wo uns dieses unselige Dreierradl ziemlich auf die Nerven
gegangen ist - das Gericht hat die Probleme auf die Schule geschoben, die
Schulverwaltung auf die Jugendwohlfahrt und die Jugendwohlfahrt wieder auf das
Gericht -, wir uns diese Dinge näher angesehen haben und fürs Erste einmal
festgestellt haben, was verbesserungswürdig ist, dass es keine wirklichen
Vergleichsdaten gibt in diesem Bereich, in dem die Länder zuständig sind.
Föderalismus heißt aber nicht, Unvergleichbarkeit unter den Ländern. Ich würde
daher fürs Erste in allen Landtagen, wo wir zuständig sind, anklingen lassen,
dass Vergleichbarkeit in diesem Zusammenhang auch im Interesse der Länder
besteht.
Das Zweite ist, dass wir mit ziemlich krassen Unterschieden Personalprobleme
praktisch in allen Ländern festgestellt haben. Es hat Länder gegeben, wo es bei
einer Verdoppelung der Fälle in den letzten 15 Jahren gekommen ist. Zu einer
Anhebung der Personalstände ist es nicht oder nur in bescheidenem Umfang
gekommen, beispielsweise war das in Wien. Es gibt Bundesländer, wo null an
Personalstandserhöhung stattgefunden hat. Und was in diesem Zusammenhang
besonders betrüblich ist, ist, dass der Stand uns gegenüber auch noch
verteidigt wurde, also: Status quo bei Verdoppelung der Fälle, aber trotzdem
seid´s froh, dass wir unter den wirtschaftlichen und budgetären Situationen bei
diesen Personalständen geblieben sind, wobei ja nicht nur die Fälle für sich
das einzig Problematische sind. Das Problematische liegt auch darin, dass in
diesem Zusammenhang die Klientel nicht einfacher geworden ist und dass
natürlich auch die Bereitschaft, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, selbst im
ländlichen Gebiet wesentlich zugenommen hat. Hier hat ja Wien immer schon eine
gewisse Vorreiterrolle eingenommen, weil es hier weniger „blamabel“ ist,
Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, sondern ganz im Gegenteil, der Gang zu den
entsprechenden Einrichtungen war in Wien kein besonderes Problem. Es gibt
Untersuchungen aus Salzburg, dass das beispielsweise in Tamsweg im extremen
Ausmaß der Fall ist.
Uns ist es aber nicht nur um Zahlen gegangen, sondern uns ist es
natürlich auch um die Qualität gegangen. Und hier, muss ich ganz offen sagen,
hat es massive Unterschiede gegeben. Wien hat eine Ausbildung. Die Volksanwaltschaft
– es ist ihre Aufgabe, nie ganz zufrieden zu sein – hat natürlich bemängelt,
dass insbesondere in rechtlicher Hinsicht keine obligatorische Ausbildung
stattfindet. Nur Wien hat – zum Unterschied von manchen anderen Bundesländern –
eine Ausbildungseinrichtung, und zudem noch dazu eine obligatorische, wenn auch
nicht im juristischen Bereich. Es gibt Länder, wo derartige Einrichtungen
überhaupt nicht existieren.
Noch einmal, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich sage das
bewusst im Landtag: Föderalismus kann keine Entschuldigung dafür sein, dass im
Grunde genommen vergleichbare Dinge in den einzelnen Bundesländern so
unterschiedlich erledigt werden, nämlich zu Lasten des Bürgers. Daher hat in
diesem Zusammenhang auch die Qualitätssicherung Platz zu greifen,
beispielsweise ein Vier-Augen-Prinzip, ein, wenn auch in Wien nicht mit der
notwendigen Konsequenz durchgezogenes, Prinzip ist in anderen Bundesländern
unbekannt. Das heißt, wenn Sie so wollen, ist Wien als Einäugiger unter den
Blinden König. Ich glaube nur, die Stadt sollte sich nicht darüber freuen, nur
auf einem Auge sehen zu können.
In diesem Zusammenhang, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch ein
paar Bemerkungen zur Sozialhilfe, wo die Situation durchaus ähnlich ist, aber auch
zum Pflegegeld. Hier haben wir insbesondere feststellen müssen, dass die
fachärztliche Begutachtung ein nicht unwesentlicher Punkt für die
Verfahrensdauer ist, und dass 14 Begutachtungen an einem Feiertag auch
nicht gerade zu einem Ergebnis führen müssen, dass die Qualität der Gutachten
zunimmt. An normalen Werktagen hat es von einzelnen Gutachtern bis zu
18 Begutachtungen gegeben. Das führt zu einem entsprechenden Stau und ich
darf hinzufügen, so viele Gutachten an einem Tag führen in diesem Zusammenhang
auch nicht zwingend zu einer entsprechenden Qualifikation der Gutachten. Ich
glaube, wir sind nach einer entsprechenden bundesgesetzlichen Änderung im
Bereich der Kinder auf gutem Weg.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch hinzufügen, dass es mit
Sicherheit keine befriedigende Situation ist, wenn es zwischen dem Bundes- und
dem Landespflegegeld immer wieder Unterschiede gibt. Nach der
Art 15a-Vereinbarung von Bund und Ländern ist das gleiche Recht in allen
Bundesländern herzustellen wie auch im Bund, und daher sollte es wohl auch zu
entsprechenden gleichen Ergebnissen in allen Bereichen kommen.
Ebenso wie bei der Sozialhilfe auch noch eine
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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