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Landtag, 27. Sitzung vom 23.09.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 78

 

Prüfverfahren durchführen, die dann mit der Feststellung enden, in der Verwaltung liegt ein Missstand vor, für uns interessant, sondern für uns sind auch jene Fälle, wo sich BewohnerInnen dieser Stadt an uns wenden und wo wir dann mit einer Auskunftserteilung, mit einem Hinweis, mit einer Verweisung an eine andere Stelle agieren, mindestens genauso wichtig, denn die Volksanwaltschaft sieht sich von ihrem Selbstverständnis her als eine niederschwellige Einrichtung für die BewohnerInnen dieses Landes, das heißt, für ganz Österreich und im Speziellen natürlich auch für Wien.

 

Ich würde Ihnen zur Illustration noch gerne die Zahl jener Beschwerden aus Wien, also aus dem Bereich Bundesland Wien, die die Bundesverwaltung betreffen, nennen. Das waren im Jahr 2008 – das kann man im Bericht, den wir an den National- und an den Bundesrat legen, auch nachlesen; das ist übrigens auch im Netz, falls es Sie interessiert – 1 295 Fälle, mit denen wir uns im Bezug auf die Bundesverwaltung aus dem Stadtgebiet, Landesgebiet Wien beschäftigt haben.

 

Die Fallzahlen – Fallzahlen heißt, Beschwerden bei der Volksanwaltschaft – sind im Jahr 2008 gestiegen. Es hat ja ein bisschen vorher so ein Down gegeben, und das ist jetzt über dem Niveau von vorher, wo es den Rückfall gegeben hat. Das heißt, es wäre für uns eine eklatante Steigerung gewesen. Wenn Sie das im Bericht vielleicht beachtet haben, in welchen Bereichen es mehr Beschwerden gegeben hat, fällt ein Bereich besonders auf, obwohl er sich dann im Bericht nicht so niederschlägt, das ist nämlich der Bereich, wo es um die Arbeit der MA 35 geht. Das ist darauf zurückzuführen, dass wir sehr viele Anbringen und Beschwerden bei der Volksanwaltschaft im Zusammenhang mit Einbürgerungsverfahren haben. Das hat jetzt nicht die Konsequenz – um da gleich eine Entwarnung zu geben –, dass hier so viele Missstände im Vollzug bei der MA 35 zu sehen sind, sondern das ist Produkt der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 2005, in Kraft getreten 2006, wo es eine bis dato in dieser Form ohne Beispiel dastehende Vorgangsweise gegeben hat, ein Gesetz ohne Übergangsbestimmungen in Kraft treten zu lassen.

 

Das Land Wien hat im Begutachtungsverfahren damals nicht nur diesen Umstand, sondern auch zahlreiche andere Punkte inhaltlicher Art heftig kritisiert. Die Kritik der Stadt Wien ist im Wesentlichen identisch mit jener, die auch die Volksanwaltschaft im Begutachtungsverfahren – da war ich noch nicht Volksanwältin, das liegt jetzt Jahre zurück – damals angebracht hat. Die Beschwerden und Fragen, mit denen die Menschen jetzt zu uns kommen, sich an uns wenden, sind zu einem überwiegenden Ausmaß in der Gesetzeslage bedingt, weil die Spielräume einfach – ich sage es ganz drastisch – auf null gesenkt worden sind – Stichwort Nachweis des Einkommens über die letzten drei Jahre –, was eine Fülle von Problematik mit sich bringt, die diese Steigerung der Beschwerdefälle erklärt.

 

Jetzt noch zwei Anmerkungen zu den Punkten, wo ich in meinen Prüfbereichen angesprochen wurde. Der erste Punkt ist die Frage Kindergärten, Kindergartenbeiträge. Wie schaut es da aus? Zahlt Wien genug oder zahlt Wien überhaupt? Wie ist es mit Niederösterreich? Ich möchte hier nur eine ganz grundsätzliche Bemerkung machen. Wir stellen bei den Beschwerden, die wir in solchen Fällen haben, fest, dass es im Wesentlichen immer fast identische Fallkonstellationen sind. Mütter – es sind fast immer Mütter – wohnen nicht in jenem Bundesland, in dem sie arbeiten. Die Situation, um sowohl berufstätig zu sein, als auch Familienpflicht erfüllen zu können, ist in dem Fall günstiger, wenn das Kind dort zur Schule oder in den Kindergarten geht, wo die Mütter arbeiten. Es werden auch Väter sein, aber nicht bei uns als Beschwerdeführer. Diese Situation ist sozusagen immer gleich, und ich kann Ihnen sagen, wenn ich als Volksanwältin mit den Leuten rede, die zum Sprechtag kommen und so ein Anliegen vorbringen, merke ich, dass es diesen Menschen vollkommen wurscht ist, denn sie zahlen nämlich alle ihre Steuern und ihre Abgaben, und ob die jetzt in den Säckel des Landes Wien oder des Landes Niederösterreich fließen, ist der Mutter oder dem Vater ganz egal, wenn sie eine Leistung, von der die Menschen das Gefühl haben, dass sie Anspruch darauf haben, nicht kriegen.

 

Ich kann jetzt nur diesen Appell – auch wenn das aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen ist – an Sie und auch an alle Länder richten (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das müssen Sie aber auch Niederösterreich sagen!) – nein, nein, ich meine das ganz generell –, dem auch tatsächlich Rechnung zu tragen und den Einsatz, der hier notwendig ist, zu leisten und den Einfluss dort, wo es möglich ist – da gebe ich dir schon recht, Frau Stadträtin –, auch geltend zu machen und ihn etwa in Bezug auf das Gespräch eben mit dem Land Niederösterreich – es kann umgekehrt ja auch einmal ein Problem sein – zu nutzen. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das war ja der Fall!) Wir können als VolksanwältInnen ja nur appellieren, Problemlösungen für die Betroffenen zu erwirken.

 

Diese starre Betroffenheit von einer Ländergrenze haben wir in Wien ja in zahlreichen Fällen Ich nenne immer ein Beispiel. Gehst du in der Ketzergasse, bist du auf der einen Seite in Niederösterreich und auf der anderen Seite in Wien, und da gibt es ein Jugendschutzgesetz, das andere Normierungen hat als jenes auf der anderen Seite. Das ist in der Lebensrealität der Menschen schwer vermittelbar, vor allem wenn sie dann in Form einer Beschwerde zu dir kommen. – Das ist der Punkt, den ich hier deponieren wollte.

 

Eine letzte abschließende Bemerkung zum Herrn Abg Mag Kowarik. Diese jetzt sich schon lange in den Berichten der Volksanwaltschaft fortsetzende Kritik ist im 30. Bericht wieder enthalten. Ich brauche dem jetzt nichts hinzuzufügen, was Sie schon erläutert haben, ich kann Ihnen aber berichten, dass die Praxis offensichtlich dazu geführt hat, dass nach dieser Einführungsphase wir derzeit in der Volksanwaltschaft keine Beschwerden haben. Das möchte ich jetzt noch nicht interpretieren, sondern nur als ein Faktum darstellen und Ihnen als Feedback geben, wie es jetzt im Moment bei uns ist.

 

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