Landtag,
24. Sitzung vom 28.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 83
Aktuelle Stunde mit dem Thema „Arbeiten in Wien macht
krank – für eine Reform des Wiener Beamtenpensions- und Bedienstetenrechts“
verlangt.
Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der
Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte den Erstredner, Herrn
Abg Dr Aigner, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke,
dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren!
Wir gehen interessanten, spannenden und
herausfordernden Zeiten entgegen. Das wurde hier schon mehrfach betont. Das
heißt, es müssen sämtliche Möglichkeiten genutzt werden, um finanziellen und
auch sonstigen Atem zu holen.
Auch die Gemeinde und das Land Wien stehen spannenden
Herausforderungen gegenüber. Wir sprechen endlich davon, dass wir den
Kindergarten zumindest für das letzte Jahr gratis gestalten wollen. Wir müssen
unsere öffentliche Infrastruktur auf- und ausbauen, ohne dass wir den Bürgern
in die Tasche greifen, und wir müssen uns auch als sozialer und
verantwortlicher Dienstgeber gerieren.
Deshalb haben wir mehrere Punkte zum Anlass genommen,
um uns auch mit den Bediensteten der Stadt Wien, die ganz wichtige Arbeit für
uns alle leisten, zu beschäftigen: Es geht um die Rahmenbedingungen, für die
Sie als Regierung hauptverantwortlich sind.
Meine Damen und Herren! Prävention ist besser als
Reparatur. Es ist wichtig, dass die Arbeitsbedingungen in Wien so gestaltet
werden, dass das Instrument der Frühpensionierung aus gesundheitlichen Gründen
eine Ultima Ratio ist. Gerade ein öffentlicher Dienstgeber, der nicht so sehr
unter dem Druck eines Marktes steht, sollte dafür Sorge tragen, dass der
Gesundheitsschutz und auch der Schutz vor Mobbing am Arbeitsplatz so stark
sind, dass die Frühpensionierung nur das allerletzte Mittel ist. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn wir uns die Zahlen ansehen, dann können wir auf
diesem Gebiet Steigerungen beobachten. Es werden jetzt mehr Bedienstete als
früher in Frühpension geschickt. Immerhin sind knapp 600 Personen davon
betroffen. Das ist doch eine Zahl, die man nicht einfach wegwischen kann. Daher
sind die Gemeinde Wien und das Land Wien als Dienstgeber gefordert,
entsprechend in die Prävention zu investieren, die Mitarbeiterzufriedenheit zu
heben und auch das Dienstrecht so zu adaptieren, dass
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben sind.
In der Allgemeinen Sozialversicherung gilt der Grundsatz
„Rehabilitation vor Rente“. Wer einen Antrag auf Invaliditätspension stellt,
gibt damit automatisch zu erkennen, dass er auch für Rehabilitationsmaßnahmen
zu haben ist, und erst wenn diese gescheitert sind, gibt es, wenn die
Voraussetzungen gegeben sind, eine entsprechende Pension.
Wir haben die Vermutung, dass es sich der öffentliche
Dienstgeber hier zu einfach macht, quasi nach dem Motto: Frühpension ist in
Zeiten, in denen das Instrument insgesamt verschärft wird, ein sehr einfacher
Weg. Dieser Weg macht aber vielfach die Bediensteten nicht glücklich.
Man muss diesfalls auch vor der eigenen Haustüre
kehren. Mir gefällt es auch nicht, wenn im Bereich der Post und der Telekom
mehr Gehirnschmalz in irgendwelche Agenturen investiert wird, wo Menschen auf
Abruf bereit stehen sollen und spazieren gehen können, solange sie nicht
zurückgerufen werden. Das ist genau so wenig in Ordnung, wie wenn arbeitsfähige
und arbeitswillige Bedienstete der Gemeinde Wien oder angelagerter, unter das
Beamten- und Vertragsbedienstetenrecht fallender Unternehmen, obwohl sie
unglücklich damit sind, in Pension geschickt werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Gerade in schwierigen Zeiten besteht für öffentliche
Dienstgeber eine besondere Herausforderung.
Zweitens haben wir den Rechnungshofbericht über den
Vergleich der verschiedenen Pensionssysteme mit dem Bundespensionssystem zum
Anlass genommen, auch hier wiederum einzumahnen, dass eine möglichst
weitgehende Harmonisierung mit dem Bundesbedienstetenbereich
stattfindet. – Man ist sehr schnell dabei, zu fordern, dass der
öffentliche Dienst schlanker werden soll und dass angebliche Beamtenprivilegien
abgebaut werden sollen. Gerade die Mehrheitsfraktion hat das dort, wo sie in
der Minderheit war, sehr oft und lautstark eingefordert. Man bemerkt dann aber
oft, dass man im eigenen Bereich jedoch bei der Umsetzung solcher Maßnahmen
sehr zurückhaltend ist.
Bis vor ein paar Jahren hat es ein allgemeines
Harmonisierungsgebot im öffentlichen Dienst gegeben, wonach die Dienstrechte
und auch die Pensionsrechte so weit vergleichbar sein mussten, dass ein Wechsel
möglich ist. Das hat man, was ich persönlich für einen Fehler halte, auf
Bundesebene aufgehoben, und seitdem das aufgehoben wurde, hat sich eine
blühende Vielfalt entwickelt. Jedes Land wurschtelt vor sich hin und ist
bestrebt, die Schrecklichkeiten der Bundesreformen von den eigenen Bediensteten
möglichst fernzuhalten.
Ich glaube, man sollte sich, wenn man den
Föderalismus ernst nimmt – und ihn nicht nur im Sinne eines
Repräsentationsföderalismus versteht, dass man repräsentiert und eröffnet und
über die Medien ausrichtet, was alles nicht gehen soll –, seitens der
Länder mit dem Bund und auch den anderen Gebietskörperschaften zusammensetzen
und Nägel mit Köpfen machen. Es geht darum, ein möglichst einheitlich
gestaltetes Dienst- und Besoldungsrecht zu haben, in dem es solche
Ungerechtigkeiten nicht gibt. Schauen Sie sich beispielsweise im
Rechnungshofbericht an, wie stark die Lebensverdienstsumme bei den
Bundesbediensteten abfällt, weil man bei der Pension eine Harmonisierung mit
dem ASVG herbei geführt hat! Die Länder – damit ist nicht nur Wien
gemeint, sondern auch Kärnten, Tirol oder Vorarlberg – haben diesbezüglich noch
einen Nachholbedarf, weil sie eigentlich säumig sind.
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