Landtag,
24. Sitzung vom 28.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 83
zu den Rechten und Pflichten, die man in einer
Gesellschaft hat, und dass man etwa auch Ja zu den Menschenrechten oder zu den
Frauenrechten sagt. Ich meine, diese Feststellung ist ganz wichtig. Es geht
also nicht an, dass eine Frau auf Grund ihres Geschlechtes keinen Zugang zur
Bildung und zur Sprache hat.
Dem besonderen Phänomen der Zwangsheirat, das ich als
Frauenpolitikerin und Feministin in allererster Linie als ein frauenpolitisches
und insbesondere als ein Gewaltproblem und erst in zweiter Linie als eine
Integrationsfrage sehe, hat man sich in Wien in den letzten 12 Monaten
intensiv gewidmet. Uns liegt diese Studie vor, die in vielen Bereichen nicht
ganz so aufschlussreich war, wie wir uns das gewünscht hätten, aber genau
deswegen haben wir dann auch Maßnahmen in Richtung gemeinsames Vorgehen gegen
Zwangsheirat in Kooperation mit den Schulen, der Jugendpsychologie, der
außerschulischen Jugendbetreuung und mit den Beratungs- und
Frauenberatungsstellen gesetzt. Es wurde ein gemeinsamer Leitfaden erarbeitet,
wie man in Fällen von Zwangsheirat vorzugehen hat, und man hat auch
Einrichtungen geschaffen, mit welchen man Frauen Schutz in diesen sehr
schwierigen Situationen bieten kann. Diesbezüglich sind auch wir am Lernen.
Ich habe den Eindruck, dass es allein dadurch, dass
wir dieses Thema öffentlich stärker diskutieren, sozusagen auch mehr Energien
hinsichtlich dieses Themas gibt. Es gibt aber auch mehr Geschlossenheit im
Kampf gegen Zwangsehen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke,
Frau Stadträtin. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg Mag Lachkovics
gestellt.
Abg Mag Eva Lachkovics (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ich möchte jetzt gerne vom Jahr 1918 und vom
Jubiläum „90 Jahre Frauenwahlrecht“ zu ganz aktuellen Fragen in Sachen
Wahlmöglichkeiten kommen. Wenn es um Wahlmöglichkeiten für Frauen geht, dann
gehört dazu ganz sicher die Frage – Sie haben
das vorhin schon ganz kurz erwähnt –, ob
Frauen auch die Möglichkeit haben, sich auszusuchen, in welchem Ausmaß sie
berufstätig sind, also nicht nur, ob sie berufstätig sein wollen oder
nicht, sondern auch, in welchem Ausmaß sie einen Beruf ausüben möchten. Wir
wissen genau, dass es viele Frauen gibt, die Teilzeit-Jobs haben, aber gerne
Vollzeit arbeiten würden, und wenn sie diese Wahl hätten, dann wäre das auch
ein wichtiger Beitrag zur Schließung der Einkommensschere zwischen Frauen und
Männern.
Daher möchte ich Sie fragen, welche Maßnahmen die
Stadt Wien zur Förderung und Entwicklung der Vollzeitbeschäftigung von Frauen
in Wien setzt, und zwar im Hinblick auf qualitativ hochwertige Arbeitsplätze,
und welche Maßnahmen zum Abbau der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und
Männern in Wien gesetzt werden.
Weiters möchte ich Sie ganz konkret fragen, wie viel
in konkreten Zahlen für solche spezifischen Maßnahmen in diesem Bereich in den
letzten zwei bis drei Jahren vom WAFF für Frauen in Wien ausgegeben
wurde. – Danke.
Präsident Prof Harry Kopietz: Frau
Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger:
Die letzte Frage kann ich ganz knapp beantworten: Es waren
66 Millionen EUR im WAFF, und 60 Prozent dafür wurden für
Frauenprojekte und Frauenarbeitsmarktmaßnahmen aufgewendet.
Zum Thema Einkommensschere möchte ich noch etwas
klarstellen: Wir wissen auf Grund einer sehr intensiven, jahrelangen
Auseinandersetzung mit der Einkommensschere, dass es verschiedenste Faktoren
gibt, die dazu beitragen. Fraglos ist natürlich die Arbeitszeit ein wichtiger
Faktor. Wir sind in diesem Zusammenhang aber auch
mit einem weiteren Segment konfrontiert, das einen nicht zu kleinen Prozentsatz
ausmacht. Die Schätzungen gehen diesbezüglich weit auseinander. Ich möchte
jetzt nicht mitspekulieren, ein gewichtiger Grund für das Bestehen der
Einkommensschere ist aber jedenfalls nichts anderes als der Begriff Geschlecht.
Und wir werden genau sozusagen dieses Eckerl der Torte im Hinblick auf die
Einkommensschere nicht mit Kollektivverträgen oder mit Arbeitzeit- und
Qualifikationsmaßnahmen schließen können, wenn es nicht auch gesellschaftspolitische
Veränderungen und eine offenere und auch von uns Frauen gemeinsam geführte
Debatte zum Thema Umverteilung von bezahlter zu unbezahlter Arbeit gibt.
Das ist ganz wichtig. Und wenn wir jetzt wieder auf
die 90 Jahre zurückblickend, dann müsste das doch eigentlich im
frauensolidarischen Sinn über alle Parteigrenzen und Klassenunterschiede hinweg
ein gemeinsames Ziel der Frauenbewegung sein.
Wenn ich mir jetzt die Einkommensschere in Bezug auf
die Arbeitszeiten genauer anschaue, dann meine ich, dass die Qualifikation da
unbedingt auch mitzudenken ist. Ich meine jetzt, dass es viele gut
qualifizierte Frauen gibt, die in eine Vollzeitarbeit einsteigen und dann oft
auf Grund von Kinderbetreuungspflichten die Teilzeitarbeit selbst als eine
individuelle Lösung für ihre Vereinbarkeitsthematik sehen. Daher muss
einerseits Bewusstseinsarbeit bei den Frauen in dem Sinn gemacht werden, dass
es umso besser ist, je kürzer die Phase der Teilzeitarbeit ist, da es dann
desto schneller auch wiederum die Chance gibt, in eine Vollzeitarbeit
zurückzukehren.
Auf der anderen Seite müssen aber auch – und ich habe das Frauenförderprogramm mit dem
Handbuch heute bereits erwähnt – auf
betrieblicher Ebene Maßnahmen gesetzt werden, um letztlich diese
Dauerparkplatzlösung Teilzeit im Betrieb abzuschaffen. So sollte zum Beispiel
in einem Betrieb, bevor jemanden neu in eine Vollzeitarbeit aufgenommen wird,
überprüft werden, ob nicht eine Frau mit einer Teilzeitarbeit wieder in
Vollzeitarbeit gehen möchte.
Das sind sehr einfache
Möglichkeiten, die gerade in den Betrieben, in denen betriebliche
Frauenförderung ernst genommen wird, sehr wohl zum Erfolg führen und sehr wohl
auch dazu führen werden, dass es eine höhere Vollzeitquote im Verhältnis zur
Teilzeitquote gibt. Das
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular