Landtag,
24. Sitzung vom 28.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 12 von 83
Partizipation war.
Und das gemeinsame Ziel heute in der Frauenbewegung -
und das hat uns auch die autonome Frauenbewegung gelehrt, die in den 70er
Jahren ganz wichtig war, gerade auch in Österreich - muss eben die tatsächliche
Gleichstellung sein, und zwar unabhängig von der sozialen Herkunft. Das heißt
also, die eigenständige Existenzsicherung von Frauen ist der Schlüssel zur
Gleichstellung, sie ist aber gleichzeitig auch der Schlüssel zur Partizipation.
Denn nicht nur das Wahlrecht ist letztlich entscheidend, sondern es ist ja auch
die Frage entscheidend: Können Frauen tatsächlich mitgestalten, können Frauen
tatsächlich auch politisch mitpartizipieren, wenn es dann darum geht, diese
Themenfelder, die ich angesprochen habe – also Bildung, Arbeit, Familie,
Partnerschaft, Vereinbarkeit -, auch tatsächlich zu bewegen?
Wenn wir jetzt noch einen kurzen Schwenk zu diesen
Themenbereichen machen und fragen: Haben Frauen die Wahl? und: Was ist
tatsächlich passiert?, dann muss man sagen: Wir haben in Wien garantiert eine
Vorbildwirkung. Wir können in allen Belangen - ob in der Bildung oder im
Einkommen oder auch in der Teilzeitquote, in der Frauenerwerbsquote insgesamt -
sehr, sehr stolz darauf sein, dass wir auch im Österreich-Vergleich besser
dastehen. Aber das Bessere ist immer der Feind des Guten.
Es geht also darum, die Dinge weiter zu entwickeln,
und gerade im Bildungsbereich ist es mir wichtig, im Hinblick auf betriebliche
Frauenförderung einen wesentlichen Schritt in Richtung Schließen der Einkommensschere
zu setzen. Wir haben zwar jetzt das neue Handbuch, aber mit diesem neuen
Handbuch müssen wir auch noch weiter arbeiten, damit wir auch da tatsächlich
sozusagen einen Prozentknacker zur Verfügung haben, um die Schere tatsächlich
schließen zu können.
Dasselbe gilt für die Arbeitszeit: Wenn wir über
Frauenerwerbsarbeit sprechen, dann ist das für mich akzeptabel, was auch
existenzsichernd ist. Auf Grund der hohen Teilzeitquote, wenngleich diese in
Wien geringer ist als Österreich-weit, sind wir in vielen Bereichen noch weit
davon entfernt. Daher muss klar sein: Teilzeit kann kein Dauerparkplatz für
Frauen sein. Im Hinblick darauf haben wir gute Programme, damit Frauen in eine
Vollzeitbeschäftigung zurückkehren können, die tatsächlich existenzsichernd ist.
Wenn wir über Frauen und Wahl sprechen, dann ist mir
gerade im Zusammenhang mit der Existenzsicherung noch ein Thema wichtig,
nämlich das Thema des Gewaltschutzes. Das Gewaltschutzgesetz ist zehn Jahre
alt. Es gibt aber gerade auch im Maßnahmenbereich immer wieder Erneuerungen,
weil wir stets innovative Ansätze brauchen. Ganz wichtig ist aber eine
eigenständige Existenzsicherung. Diese ist letztlich das beste Mittel, um aus
einer Gewaltspirale aussteigen zu können, und auch in diesem Bereich bedarf es noch
gewisser Maßnahmen.
Ich glaube, dass wir seit dem ersten Internationalen
Frauentag 1890 und im Besonderen seit 1918 in Sachen Frauenpartizipation viel
erreicht haben. Jedenfalls dürfen wir aber unser Ziel nicht aus den Augen
verlieren, und das Ziel ist es, dass Frauen in dieser Stadt sicher, unabhängig
und selbstbestimmt leben können. Dafür haben wir sehr umfangreiche politische
Instrumente zur Verfügung, und ich denke mir, dass wir gemeinsam
frauensolidarisch tatsächlich noch etwas weiter bringen können. (Beifall bei
der SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke.
Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg Matiasek gestellt.
Abg Veronika Matiasek (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Wir müssen, obwohl viel geschehen ist, leider feststellen,
dass speziell durch die Zuwanderung nicht nur in Wien, sondern in ganz
Mitteleuropa Frauen leben, deren Rechte sehr wohl massiv eingeschränkt sind,
und zwar durch ihre eigene familiäre Umgebung. Sie können etwa keinen eigenen
Bildungsweg ihrer Wahl beschreiten oder müssen auch Beziehungen eingehen, wie
etwa eine Zwangsehe, die sie nicht selbst wollen. Die Diskussion darüber wird
jetzt immer offener geführt, und ich frage Sie, welche Maßnahmen Sie außer
Beratung und Betreuung dieser betroffenen Personen in Zukunft anstreben werden,
um diesem Missstand Einhalt zu gebieten.
Präsident Prof Harry Kopietz: Frau
Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger:
Gerade die Migrantinnen sind oft Frauen, die sich nicht derselben Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben in Wien erfreuen können. Wenn wir uns mit unserem
erfolgreichen Projekt „Start Wien" auseinandersetzen, dann sehen wir
allerdings, dass 74 Prozent der neu Zugewanderten diese neuen Module schon
in Anspruch nehmen und sich somit das Bild der Zuwanderinnen tatsächlich massiv
verändert hat. Auch die Frauen, die hierher gekommen sind, sind also immer
besser ausgebildet, sie können gut Deutsch und sind auch schon viel besser
sozial verankert.
Es gibt natürlich aber auch Frauen, die hier in
dieser Stadt leben und nicht diesen gleichberechtigten Zugang zur Bildung
haben, und daher versuchen wir als Stadt Wien, mit den entsprechenden Maßnahmen
auf diese Frauen zuzugehen. „Start Wien" ist erstmals ein Modell der
Integrationsbegleitung, mit welchem wir jede Person einzeln ansprechen, und
somit auch die Frauen. Es ist nämlich unmöglich, dass sozusagen nur das –
unter Anführungszeichen – Familienoberhaupt solche Gespräche führt,
sondern jedes Mitglied der Familie wird von Beginn an abgeholt, und man schaut
sich den individuellen Integrationsweg an.
Ein wesentliches Instrument ist jedenfalls das
Erlernen der Sprache. Diesbezüglich haben wir mit „Mama lernt Deutsch"
sehr gute Erfolge. Wir haben jetzt aber auch noch eine zusätzliche Maßnahme
gesetzt, mit der wir die so genannten bildungsfernen Frauen mit einem eigenen
Angebot ansprechen.
Sehr deutlich haben wir jetzt zum
Beispiel gerade mit „Start Wien" sehr deutlich kommuniziert, dass wir in
Wien Ja zur Zuwanderung sagen, uns aber gleichzeitig auch ein Ja zu Wien
erwarten, und das bedeutet ein Ja
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