Landtag,
23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 40
schlechten Gesundheitszustand auf, sind chronisch krank in überbelegten, feuchten, schimmligen Wohnungen.
Armutskonferenz, aktuelle Daten: 101 000 Kinder
und Jugendliche sind manifest arm. Das heißt, neben einem geringen Einkommen
des Hauses, in dem sie leben, treten schwierigste Lebensbedingungen auf.
74 000 armutsgefährdete Kinder leben in äußerst beengten Verhältnissen, in
überbelegten Wohnungen, das heißt, sie haben mit großer Wahrscheinlichkeit zu
wenig Platz zum Spielen und Arbeiten, keinen eigenen Schreibtisch und so
weiter. 21 000 armutsgefährdete Kinder leben in Wohnungen, die nicht angemessen
warm gehalten werden. Die Armutskonferenz schreibt unter dem Titel „Hungrig in
den Kindergarten": Das Essensgeld ist noch nicht bezahlt, sie kommen in
der Früh hungrig in den Kindergarten, im Winter stapfen sie in Turnschuhen
durch den Schnee.
Das - meine Damen und Herren, da hat Frau Kollegin
Kuntzl vollkommen recht - ist ein Skandal und eine Schande! Aber da nützen
Ihnen keine Ausreden mehr, dass das von Schwarz-Blau-Orange, oder wie auch
immer, herbeigeführt wurde. Das ist eine Schande für zwei Jahre eines
sozialistischen Sozialministers (Beifall
bei der FPÖ.), und das ist insbesondere eine Schande für ein
sozialistisches Wien, das all die Jahre immer nur die Armut antreibt durch
Preissteigerungen auf Kosten der Menschen! (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Als
nächste Rednerin hat sich Frau Abg Korosec gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
„Wien ist und bleibt Sozialhauptstadt Europas",
das war die Jubelmeldung bei der Budgetrede von Frau Finanzstadträtin Brauner.
Weiter hat sie gemeint: „Wien hilft damit den Menschen, die es wirklich
brauchen, bei der Bewältigung ihrer teilweise existenziellen Nöte". Sie
hat gesagt: „teilweise".
Solange die Armut in Wien steigt, ist es absurd,
meine Damen und Herren von der Mehrheitsfraktion, von einer erfolgreichen
Politik für Wien zu sprechen. Dass die Armut in Wien steigt, ist ersichtlich an
den steigenden Ausgaben für Sozialhilfe. Frau Kollegin Vassilakou hat es schon
gesagt: von 40 000 im Jahr 2000 auf fast 100 000, das wird jetzt
angenommen. Ich hoffe, dass das überhaupt ausreicht.
Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass in Wien ungefähr
eineinhalb Millionen erwachsene Menschen sind, und davon sind zwei Millionen -
also das heißt, zwei Drittel haben in etwa 1 500 EUR. (Abg Godwin
Schuster: Nein, wir haben nicht zwei Millionen!) Die Zahlen stimmen! Sehen
Sie, Herr Schuster, Sie haben immer ... (Abg Godwin Schuster: Sie reden von zwei Millionen im Moment! Wo
sind denn die in Wien? Schauen Sie, was Sie sagen: „Zwei Millionen Arme haben
wir in Wien"!) Das ist immer Ihre selektive Wahrnehmung. Schauen Sie
es sich an, schauen Sie sich den Konsumbericht an, dann werden Sie sehen, dass
es stimmt. (Beifall bei der ÖVP. -
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wie Frau Kollegin Vassilakou schon gesagt hat: Für
diese Menschen, die überhaupt unter 1 000 EUR haben, gibt es keinen
Urlaub. Da ist Urlaub ein Fremdwort, da ist es, wenn ein Staubsauger kaputt
geht, eine Katastrophe. So schaut es aus, Herr Schuster, und das sind sehr
viele Menschen, die in Wien leben. (Abg Godwin Schuster: Mir brauchen gerade Sie das nicht zu
erzählen!)
Ja, aber Sie nehmen es offenbar nicht ernst, Herr
Kollege. (Abg Godwin Schuster: Sie leben von einem Einkommen, davon träumt
doch jeder!) Sonst würden Sie viel mehr unternehmen, um hier etwas zu tun. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Godwin Schuster: Sie haben das
ignoriert, Sie haben null Engagement! Schöne Worte, aber mir fehlt der Glaube!)
Schauen Sie, Herr Kollege Schuster, die Sozialmärkte, die gestürmt werden,
sind das beste Beispiel Ihrer verfehlten Sozialpolitik in Wien. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Godwin Schuster: Fragen Sie in
Ihrer Partei, was die Wirtschaft dazu beiträgt, dass die Leute so wenig
verdienen! Fragen Sie das einmal in Ihrer Partei!)
Aber für die Energiepreise, Herr Kollege Schuster,
sind Sie zuständig, und das ist ein Sozialskandal. Dieser Gebührenwahnsinn in Wien
gehört einmal beendet! (Beifall bei der
ÖVP.) Also 21 Prozent Erhöhung, ja, und dann sagt man: Im Feber, wenn
der Winter fast vorbei ist - denn jetzt sind die Monate, in denen geheizt
werden muss -, dann wird man möglicherweise wieder um 7 bis 8 Prozent
zurückgehen. Das, bitte, ist blanker Hohn für die Menschen!
Wenn Sie es sich anschauen, gerade, was die
Energiepreise betrifft: Da gibt es schon sehr viele Seniorinnen und Senioren,
die nicht so viel unterwegs sind und die zu Hause sind. Wenn sie nicht heizen
können und frieren, dann sind Sie dafür verantwortlich! (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich jetzt von den Gas- und Strompreisen weggehe,
dann frage ich Sie allen Ernstes, warum Sie die Preise bei Fernwärme erhöhen.
Denn der Rohölpreis hat mit der Fernwärme nichts zu tun. Soweit mir bekannt ist
- und das sagen Sie auch immer, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit
-, wird dort Hausmüll verbrannt. Es wird Hausmüll verbrannt, und warum da eine
Erhöhung kommen muss, müssen Sie mir erst erklären. Ich bin sehr neugierig auf
die nächste Rednerin, die das sagen wird. (Abg Franz Ekkamp: Die Kollegen im Unterausschuss sollen Ihnen das
erklären!) Bitte? (Abg Franz Ekkamp: Im Unterausschuss soll man Ihnen das erklären! Dann würden Sie solche Fragen nicht stellen!)
Herr Lhptm Häupl, der ja bei so einer Debatte über
Soziales natürlich nie da ist, hat ein Wahlversprechen abgegeben, dass die
Gebührenschraube nicht erhöht wird. Na ja, kaum ist die Wahl vorbei, geht es
schon los! Inklusive der empfindlichen Energiepreiserhöhung seit Mitte November
muss eine Durchschnittsfamilie sage und schreibe 800 EUR mehr an
kommunalen Tarifen zahlen.
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