Landtag,
23. Sitzung vom 27.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 40
sprechen kommen. (Abg
Godwin Schuster: Das ist so oberflächlich!)
Die Grenzen für den Bezug
des Heizkostenzuschusses sind sehr, sehr knapp. Sie müssen sich vorstellen, was
die Voraussetzung dafür ist, dass eine Mutter, eine alleinerziehende Mutter mit
zwei Kindern beispielsweise, den Heizkostenzuschuss beziehen kann. Es reicht
bereits, dass sie mehr als ungefähr 900 EUR - dabei habe ich schon
aufgerundet, es sind 888 EUR im Monat inklusive der Transfers - bekommt,
dass sie den Heizkostenzuschuss nicht beziehen kann. Dabei haben wir in diesem
Winter eine Erhöhung der Gas- und Strompreiskosten, dies bedeutet eine
Mehrbelastung von 150 EUR für genau diese Haushalte. Ich weiß nicht, ob
Sie sich ausmalen können, was es bedeutet, wenn man 888 EUR im Monat, also
knapp 900 EUR zum Leben hat - eine Mutter, zwei Kinder -, und dann bekommt
man den Heizkostenzuschuss nicht.
Meine Damen und Herren von
der Sozialdemokratie! Sie rühmen sich hier, Sie hätten, wir hätten - was ja
auch stimmt - den Heizkostenzuschuss verdoppelt. Ja, das haben wir, nur muss
ich an dieser Stelle leider festhalten: Die gesamte Erhöhung dieses Heizkostenzuschusses
geht bereits auf für die Erhöhung der Gas- und Strompreiskosten, die soeben
erfolgt ist! Das heißt, jene Menschen, die den Zuschuss bekommen, steigen in
Wirklichkeit schlechter aus, als dies vorher der Fall war.
Ich versuche, Ihnen schlussendlich
Folgendes zu sagen: Wenn man sich die Sozialpolitik der Stadt Wien anschaut,
bleibt ein Stückwerk, ein Puzzle - es ist wie bei einem Puzzle, es sind lauter
Puzzlestücke - von hier einmal einer Maßnahme, dort einer Maßnahme, aber es
gibt bei Weitem nicht jenes Niveau einer Existenzsicherung, das erforderlich
wäre in einer der reichsten Städte der Welt, damit Menschen in Anstand und
Würde und ohne Frieren leben können. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Es ist
unglaublich!)
Hören Sie auf mit dem Eigenlob!
Lassen Sie uns gemeinsam eine Sozialpolitik machen, die den Namen auch
verdient. (Beifall bei den GRÜNEN. - Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Nicht
so wie in Oberösterreich!)
Präsident Prof Harry Kopietz: Für weitere
Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren
Abgeordneten nur einmal zum Wort melden dürfen und die Redezeit mit fünf
Minuten begrenzt ist.
Als
nächster Redner hat sich Herr Abg Mag Ebinger gemeldet. Ich erteile ihm
das Wort.
Abg Mag Gerald Ebinger
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine
Damen und Herren!
„Armut in Österreich ist ein Skandal!", „Das ist
der wahre Skandal", hat seinerzeit Frau Abgeordnete Kuntzl geschrieben,
„von Schwarz-Blau-Orange". Sie hat bei diesem Pressedienst
herausgestrichen, „dass es in einem der reichsten Länder der Welt immer mehr
arme Menschen gibt, die an den Rand gedrängt und politisch marginalisiert
werden". „Die Stadt Wien", schreibt sie, „stecke hier den Kopf nicht
... in den Sand: Die Sozialhilferichtsätze wurden erst kürzlich erhöht,
Maßnahmen zur Reintegration von Sozialhilfeempfängern in den Arbeitsmarkt
verstärkt. Am Beispiel Wien zeigt sich", schreibt Frau Kuntzl, „Man kann
Armut und Arbeitslosigkeit offensiv bekämpfen und sichtbare Erfolge erzielen.
Diesen Wiener Weg brauchen wir für ganz Österreich!" Das schrieb sie 2006.
Was ist 2008 die Realität? Mit 7,2 Prozent hat
Wien die höchsten Arbeitslosenzahlen. Wien hat die wenigsten Lehrstellen für
Lehrstellensuchende - was die Zukunft unserer Jugend betrifft -, auf eine
offene Lehrstelle kommen sieben Lehrstellensuchende. Wien hat - das ist schon
von meiner Vorrednerin erwähnt worden - in den letzten zwei Jahren, allein von
2006 bis jetzt, meines Wissens zwei, drei Mal die Strom- und Gaspreise erhöht,
und zwar signifikant erhöht.
Dort, wo man billiger werden könnte, zum Beispiel bei
Wasser, Kanal und Müll, werden einfach beinhart immer Überschüsse erzielt. Das heißt,
es wird nichts an die Armen weitergegeben, sondern es werden Überschüsse
erzielt. (Abg Godwin Schuster: Glauben Sie nur nicht die eigene Propaganda!)
Zum Beispiel im Voranschlag 2009 werden 47 Millionen EUR Überschuss
für die Wassersteuer prognostiziert, für die Kanalsteuer 18,7 Millionen,
für die Müllsteuer 21,2 Millionen. Aus diesen drei Steuern erwirtschaftet
Wien laut Voranschlag 2009 an die 90 Millionen EUR Überschuss, über
die Kostendeckung hinaus! Dabei wurde die Müllsteuer um 20 Prozent erhöht
und die Kanalsteuer 2006 um 28 Prozent erhöht. (Abg Godwin Schuster: Es
gibt keine Steuer! Das ist keine Steuer!)
Das, Herr Kollege Schuster, ist die Realität in Wien.
Das kann man auch Aktenstücken der Stadt Wien entnehmen, in denen drinsteht:
Hauptpreistreiber waren die Ausgabengruppen Wohnung, Wasser und Energie mit
17,9 Prozent - das steht in Ihren eigenen Aktenstücken drin -, was gerade
bei einkommensschwachen Haushalten zu gravierenden finanziellen Problemen
führt.
Diese Probleme haben wir gestern schon hergezeigt:
Armut mitten im 7., vier Sozialsupermärkte, wo sich die Leute anstellen - das
ist wirklich eine Schande! -, um Gratisbrot zu bekommen, auch Milch, die
meistens ohnehin ausverkauft ist, wenn man erst nach 9 Uhr drankommt.
Lebensmittel, nahezu abgelaufene Lebensmittel zu Sozialpreisen, für die man
sich eintragen muss: Das sind untragbare Zustände!
Die Armutskonferenz hat gesagt, es
leben 64 000 Menschen in Österreich in manifester Armut, und über
eine Million ist armutsgefährdet, davon eine viertel Million Kinder. Sie
wissen, meine Damen und Herren, arm ist nicht nur, wer in Pappschachteln am
Bahnhof übernachten muss, sondern wer am Alltagsleben nicht teilnehmen kann.
Die Statistik spricht von Armut und sozialer Ausgrenzung, wenn neben einem
geringen Einkommen schwierigste Lebensbedingungen auftreten. Die Betroffenen
können abgetragene Kleidung nicht ersetzen, die Wohnung nicht angemessen warm
halten, keine unerwarteten Ausgaben tätigen, sie weisen einen
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