Landtag,
22. Sitzung vom 29.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 59
sind alles faule Leute, und denen werden wir schon
etwas zumuten.
Österreich hat in Europa die härtesten
Zumutbarkeitsbestimmungen. Wir muten bereits jetzt den Leuten zu: Zwei Stunden
Wegzeit am Tag, das musst du schon machen! Falls es einen Betriebskindergarten
gibt oder falls diese Pendlerei von zwei Stunden vom Betrieb organisiert wird,
dann ist auch noch mehr als das zumutbar: Zweieinhalb Stunden, drei Stunden
sind zumutbar, wenn sie aus der Steiermark hin- und hergeführt werden.
Und da geht der Herr Kopf her und sagt: Weißt du was?
Das ist mir zu wenig, mir fällt noch etwas ein! – Das muss man in die
Verhandlungen einbringen.
Die ÖVP macht das, was sie immer in der Frage macht.
Ich habe das auch hier schon öfters gesagt, es wäre nur einmal notwendig, dass
das auch die ÖVP selbst sagt. Sie sind nicht dazu da, den Leuten zu helfen, die
arm sind, die von der Armut bedroht sind, und das Geschwätz vom Mittelstand ist
bei Ihnen ein Geschwätz! Sie sind die Partei der oberen 10 000! Sogar
jetzt in der Krise haben Sie nur Vorschläge vorzulegen, die wieder diesen
Leuten helfen sollen. Sie jammern und haben aber Milliarden und Millionen zur
Verfügung.
Die Leute fragen sich dann: Wo kommt das ganze Geld
her? Wenn man von Armut redet, dann gibt es keines. Wenn man sagt, ob man das
Budgetdefizit vielleicht erhöht, um Leuten zu helfen, hat es geheißen, das geht
nicht. Jetzt wissen wir, im Jahr 2010 werden wir wahrscheinlich dreimal so
viel Defizit haben wie heute. Das sagt auch die ÖVP. Und jetzt gibt es Geld,
aber nicht um den Armen zu helfen, sondern für ganz andere Konjunkturmaßnahmen,
von denen man hoffen kann, dass ein Teil greift. (Abg Dr Herbert
Madejski: Wo ist das grüne Konzept?) Aber zu befürchten ist, dass auch
diese Situation genützt wird, wie sie Karlheinz Kopf für die ÖVP skizziert hat,
nämlich um auch in dieser Krise noch einmal zu schauen, wie man das Geld
weiterhin in diese Richtung verteilen kann, wie es die Volkspartei seit Jahren
macht.
Zur Sozialdemokratie: Da lesen wir dann immer die
Papiere: Sie finden mehr Übereinstimmung. Jetzt finden Regierungsverhandlungen
statt. Wenn man schon den GRÜNEN nicht glaubt, was man alles tun soll, dann
wäre es ganz einfach: Auf www.armutskonferenz.at findet man Vorschläge der
Armutskonferenz, unterstützt von der Diakonie und der Caritas und allen
Möglichen und von den GRÜNEN. Aber lassen wir das aus! Auch dort wird eine
Grundsicherung gefordert, von der die Leute leben können. Eine Grundsicherung,
die armutssicher ist, fordern die GRÜNEN seit Jahren. Wenn man das auf
Bundesebene nicht umsetzen kann, warum machen wir es nicht in Wien? Wir haben
Konzepte präsentiert, wie man das in Wien umsetzen kann, für einen Betrag, der
heute lächerlich klingt, wenn man sieht, wie viele Milliarden Euro notwendig
sind. Die grüne Grundsicherung kostet bundesweit keine
2 Milliarden EUR. Das ist ja angesichts dessen, was jetzt an Geld
herumgeschaufelt wird, eine Kleinigkeit.
Das Arbeitslosengeld gehört selbstverständlich nicht
gekürzt, verschärft oder sonst irgendetwas. Es gibt 55 Prozent
Nettoersatzrate. Wir sind damit ganz weit hinten in Europa. Armut,
Arbeitslosigkeit ist ein Doppel. In dem Moment, wo man in die Arbeitslosigkeit
gerät, ist man armutsgefährdet in Österreich. Natürlich gehört das auf
mindestens 70 Prozent des letzten Gehalts erhöht. Weit davon entfernt sind
wir, nichts davon höre ich bei den aktuellen Verhandlungen.
Wir fordern Mindestlöhne, von denen man leben kann.
1 000 EUR netto entspricht dem Vorschlag der GRÜNEN und dem Vorschlag
der Armutskonferenz. Wieso setzen Sie das nicht um? Warum bringt man das nicht
einmal ein in die Verhandlungen? Zumindest das würde man erwarten.
Wenn wir bei den Gebühren und Mieten …
Präsidentin Erika Stubenvoll
(unterbrechend): Bitte zum Schlusssatz zu kommen.
StR David Ellensohn (fortsetzend):
Ich möchte noch einen Satz zu den Gebühren und Mieten in Wien sagen. Dieser
Wahlkampfschmäh bezieht sich nicht nur auf die Energiepreise, wir haben das
hier auch bezüglich der Gemeindebauten diskutiert: Sie machen einen
Mietpreisstopp und beenden ihn mit 31. Dezember heuer. Der Vorschlag der
GRÜNEN hat gelautet: Wenn man das ernst meint, dann machen wir das nächstes
Jahr auch. Die Leute haben hinten und vorne kein Geld mehr, es wird nicht
besser im Moment. Wenn man Armut effektiv bekämpft, gibt es Maßnahmen, die man
in Wien auch umsetzen kann.
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend):
Die Redezeit ist bereits beendet.
StR David Ellensohn (fortsetzend):
Und das vermisse ich. Auf Bundesebene wünsche ich mir nach wie vor – das ist
der Schlusssatz – Vermögenssteuern. Die Vermögenden haben jetzt mehr Geld
verloren, als Sie sich jemals getraut hätten, Ihnen wegzunehmen. Es ist also
ein Leichtes mit Vermögenssteuern … (Abg Dr Herbert
Madejski: Jetzt gibt es ja keine Vermögenden mehr!) – Vermögen gibt es
immer noch genug, und das ist immer noch irgendwo geparkt in Liechtenstein und
in Asien. Wir fordern eine höhere Vermögenssteuer in Österreich, damit man
Armut effektiv bekämpfen kann. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Tschirf. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Über den Beitrag meines Vorredners
kann ich nur schreiben: Thema verfehlt. (Rufe bei den GRÜNEN: Nein!) Das
mit den Energiepreisen ist einfach ein Thema, das sehr wohl die Leute betrifft.
Wenn wir heute nachlesen, dass beispielsweise in Wien das Heizen bald um
21 Prozent teurer ist, dann ist das ein Thema, an dem man sich nicht vorbeischwindeln
sollte. 21 Prozent in Wien, das steht heute in einer Tageszeitung! Das
sollte ein Thema sein, mit dem sich auch die GRÜNEN auseinandersetzen sollten.
Sie sollten hier nicht irgendein
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