Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 78
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zur Novelle 2008 des Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes.
Präsident Heinz Hufnagl: Danke schön.
Gemäß § 30c Abs 10 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die General-
und die Spezialdebatte zusammenzulegen.
Wird gegen diese Zusammenlegung ein Einwand erhoben?
– Dies ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen.
Die Debatte ist eröffnet. Als erste Rednerin hat sich
Frau StRin Dr Vana zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
StRin Dr Monika Vana: Sehr
geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Kolleginnen
und Kollegen!
Nach dieser hitzigen Debatte zum Landes-Sicherheitsgesetz
komme ich jetzt zu einem hoffentlich weniger umstrittenen Thema in diesem Haus,
nämlich zum so genannten Papa-Monat im öffentlichen Dienst. Ich werde bei
diesem Tagesordnungspunkt nicht zum Wiener Rechtsbereinigungsgesetz sprechen,
dem wir selbstverständlich zustimmen, sondern – wie wir in der Präsidiale
in Vorbereitung dieses Tagesordnungspunktes vereinbart haben – einen
Antrag einbringen, der uns GRÜNEN und hoffentlich uns allen gemeinsam, wenn ich
mir die jüngsten Debatten auf Bundesebene anschaue, unter den Nägeln brennt:
Dieser Antrag betrifft das Recht für Väter auf Dienstfreistellung aus Anlass
der Geburt eines Kindes.
Wir haben einen solchen Antrag auch betreffend die
Umsetzung im öffentlichen Dienst in den letzten Jahren bereits wiederholt
gestellt. Im Jahr 2005 ist es uns gelungen, einen gemeinsamen Antrag des
Landtages mit einer Aufforderung an die Bundesregierung zu richten, auf
Bundesebene einen solchen Papa-Monat vorzusehen. – Ich begrüße nun
ausdrücklich die Arbeitsgruppe auf Bundesebene. Sie kam spät, aber doch, wie
ich sagen möchte. Wir hoffen, dass es rasch auch zu Entscheidungen kommt, in
welcher Form ein solcher Papa-Monat wirklich umgesetzt werden soll.
Ich denke, es spricht aber nichts dagegen, dass
insbesondere die Sozialdemokratie, die hier mit absoluter Mehrheit regiert,
das, was sie im Bund seit Langem fordert, auch in Wien in ihrer eigenen
Regelungskompetenz umsetzt. Die Zahlen sprechen für sich: Es gibt eine krasse
Ungleichverteilung bei den Familienpflichten zwischen Frauen und Männern.
Hauptsächlich leisten die Frauen die Familienpflichten. Der Wiener
Frauenbericht von 2005 enthält auch entsprechende Zahlen, zum Beispiel, dass
Frauen 20 Prozent ihrer Arbeitszeit unbezahlt für Kinderbetreuung aufwenden;
bei Männern sind es nur 7 Prozent.
Auch der jüngst veröffentlichte Gender-Bericht der
Europäischen Kommission, den wir gestern in einer mündlichen Anfrage diskutiert
haben, stellt gerade Österreich kein gutes Zeugnis aus. Diese Statistik war mir
bisher nicht bekannt: Die Zahl der erwerbstätigen Mütter ist in Österreich in
absoluten Zahlen gesehen rückläufig. – Ich denke, das ist ein absolutes
Alarmsignal, und wir brauchen daher eine Umverteilung von Familienpflichten und
Betreuungsverantwortung von Frauen zu Männern. Wir brauchen eine
geschlechtergerechte Verteilung von Erwerbsarbeitszeit und Familienarbeitszeit,
und wir brauchen bessere Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Eine solche Maßnahme ist aus Sicht der GRÜNEN der so
genannte Papa-Monat, also der rechtliche Anspruch für Väter auf bezahlte
Dienstfreistellung aus Anlass der Geburt eines Kindes. Eine solche rechtliche
Möglichkeit gibt es derzeit für Väter nicht. Wenn Väter gemeinsam mit der
Mutter, die ja den Mutterschutzregelungen unterliegt, gemeinsam in den ersten
Lebenswochen ein Kind betreuen wollen, müssen sie sich derzeit Urlaub nehmen.
Außerdem gibt es die Möglichkeit eines unbezahlten Karenzurlaubs. Ich meine
aber, dass es ein wichtiger Anreiz, wie er auch in vielen anderen europäischen
Ländern besteht, wäre, auch Vätern diese vier Wochen zu bezahlen.
Wir stellen daher heute den
Antrag: Der Landtag wolle beschließen, das zuständige Mitglied der Wiener
Landesregierung möge einen Gesetzesentwurf erarbeiten, mit dem ein Anspruch für
Väter auf Dienstfreistellung anlässlich der Geburt eines Kindes - Klammer:
Einführung eines so genannten Papa-Monats - im Wiener Dienstrecht verankert
wird.
In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung
dieses Antrags. – Wir beantragen deswegen nicht die sofortige Abstimmung,
weil – diese Signale haben wir zumindest von Seiten der Mehrheitsfraktion
erhalten – für eine realistische Umsetzungsmöglichkeit des Papa-Monats im
öffentlichen Dienst noch Gespräche betreffend die Finanzierung, die konkrete Ausgestaltung
und den Zeitpunkt des Inkrafttretens vonnöten sind.
Diese Gespräche werden wir gerne führen. Wir haben
sie auch in den letzten Jahren, in denen uns dieses Thema sehr wichtig war,
gerne geführt. Wir freuen uns auf Ihre Zustimmung, weil wir meinen, dass dieser
Papa-Monat ein enorm wichtiger Schritt zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und
Familie ist und eine Chance bietet, dass auch Väter in eine dauerhafte
Verantwortung für ihr Kind einsteigen und in eine intensivere Beziehung zum
Kind schon in den ersten Lebenswochen treten. Die Absenz von Vätern in der
Kinderbetreuung wird in den letzten Jahren – Göttin sei Dank! –
wiederholt kritisiert, und es ist, glaube ich, in diesem Haus unbestritten, wie
wichtig auch die Verantwortung der Väter in der Kinderbetreuung ist.
Wir glauben, dass ein Papa-Monat
wie in anderen Ländern, wo es diese Einrichtung bereits gibt, auch einen
Lenkungseffekt für die Inanspruchnahme von Väterkarenz hätte. Die Zahlen liegen
hier ganz deutlich im Argen. Wie Sie wissen werden, nehmen in der
Privatwirtschaft lediglich 3 Prozent aller Väter die Karenz in Anspruch,
und im Bundesdienst liegen die Zahlen sogar noch schlechter. Im öffentlichen
Dienst der Stadt Wien nehmen 99 Prozent der Frauen die Karenz in Anspruch.
Das heißt, in diesem Haus ist in Anbetracht einer Väterkarenzquote von
1 Prozent wirklich ein ganz starker Nachholbedarf gegeben, und wir hoffen
auf rasche
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