Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 78
Sozialarbeitern, die auf Abruf darauf warten, dass sie zum Streetworking geschickt werden, weil sie nichts anderes zu tun haben. Sie wissen, und wir wissen, dass es da zu wenig Personal gibt und dass daher diese Arbeit nicht in dieser Form geleistet werden kann.
Dasselbe gilt für die Menschen, die angeblich diese
Kinder hinunter begleiten sollen. Auch diesbezüglich fordern wir, dass es mehr
Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter geben muss. Denn das vorhandene Personal
kann das nebenbei sicherlich nicht leisten.
Das wollte ich jetzt noch einmal feststellen: Erstens
kann es keine Hilfe durch Strafe, sondern muss es Hilfe mittels Sozialarbeit
geben; und dazu brauchen wir die Polizei nicht. Zweitens müssen dafür
ausreichende Personalressourcen vorhanden sein. Wenn das zwischen uns
unbestritten ist, dann können wir weiterreden. (Zwischenruf von Abg Godwin Schuster.) Sowohl die organisierte
Kriminalität als auch das aggressive Betteln sind im bereits existierenden
Gesetz schon berücksichtigt.
Ich sage jetzt etwas im Guten: Wir haben wirklich
viele Stunden heftig über das Ganze gestritten. Ich habe mir die Bemerkung
verkniffen, dass zwischen die FPÖ und die SPÖ diesfalls eh schon kein Löschblatt
mehr passt. Ich sage es nicht! Zuerst habe ich mir gedacht: Das sage ich heute
ganz sicher, denn das ärgert mich. Nach dieser Debatte denke ich mir aber: Wir
sollten weiterreden. Es ist aber ein Manko dieses Hauses, dass nie vorher
Diskussionen stattfinden, um sich einer solchen Materie anzunähern. Vielmehr
klatscht einem die Sozialdemokratie das Ganze auf den Tisch, und das ist es
dann, und geredet wird nicht. Dann brauchen Sie sich aber nicht zu wundern,
wenn Debatten eben so ausschauen, wie diese Debatte ausschaut! Das tut mir
leid. Ich meine aber, ein Dialog zwischen Parteien, die angeblich Hilfe leisten
und Gutes tun wollen, schaut anders aus, und ich würde mir wünschen, dass ein
solcher Dialog stattfindet! (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Präsident Heinz Hufnagl: Weitere
Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und
erteile der Berichterstatterin das Schlusswort. – Bitte, Frau Stadträtin.
Berichterstatterin Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich denke mir, dass dieses Thema in dieser
Debatte sehr umfassend beleuchtet wurde.
Worum
geht es letztlich? – Es gibt sehr viele Wiener Plätze – es wurden
heute zahlreiche Beispiele genannt –, wo bettelnde Erwachsene mit ihren
eigenen Kindern, mit verwandten Kindern oder auch mit fremden Kindern
angetroffen werden. Diese erwachsenen Menschen nehmen die Kinder zum
überwiegenden Maß deshalb zum Betteln mit, weil sie damit einen Mitleidseffekt
bewirken und mit diesem Mitleidseffekt auch einen höheren Bettelerlös erzielen.
Dieses Mitführen der Kinder erzeugt Betroffenheit. Das zeigt auch die heutige
Debatte. Und die Betroffenheit erzeugt wiederum auch eine gewisse Form der
Sensibilisierung der Öffentlichkeit.
Wir
haben versucht, heute eine entsprechende Lösung zu finden, die dieser Sensibilität
entgegen kommt und eine Kombination aus Sicherheitsmaßnahmen und sozialen
Maßnahmen darstellt, und die Sozialmaßnahmen sind sehr umfassend.
Wir
haben heute auch über Fälle gesprochen, und ich wiederhole das jetzt, damit wir
alle von den gleichen Zahlen reden. Es gab im Jahr 2007 170 Fälle, in
denen erwachsene Menschen mit bettelnden Kindern angetroffen wurden. 30 Mal
waren es immer dieselben Kinder, manchmal eigene, oft verwandte und oft auch
fremde. Klar ist aber, das diese Kinder gezwungen wurden, sehr lange still
dazusitzen und letztendlich mit dem Mitleidseffekt den Bettelerlös zu erhöhen.
Nach Angaben der Bettlerinnen und Bettler selbst wurden die Kinder nicht
deshalb mitgeführt, weil es keine Unterbringungs- oder Aufsichtsmöglichkeit für
diese Kinder gegeben hätte, sondern weil man den Bettelerlös auf diese Weise
erhöhen wollte. Gemäß diesen Angaben ist der Bettelerlös mit Kindern oft
doppelt so hoch.
Was
geschieht mit diesen Kindern? Diese Kinder, egal wem sie gehören, sind
traumatisiert. Und ich verstehe das Mitgefühl jedes Einzelnen hier für diese
Kinder, weil ich dieses Mitgefühl natürlich teile. Aber wir brauchen für diese
Betteleisituation – wie ich sie jetzt einmal nennen will – eine
realistische Sichtweise, die eine differenzierte Handlungsweise nach sich
ziehen muss. Und in diesem Landes-Sicherheitsgesetz befindet sich unser
Vorschlag, wie man effizient, aber sozial mit der Situation umgehen kann.
Bereits jetzt sind im Landes-Sicherheitsgesetz das aufdringliche oder
aggressive Betteln sowie das organisierte Betteln verboten.
Heute
ist auch viel vermischt worden. Die soeben angeführte Bestimmung gibt es schon,
und auch die Anstiftung von Minderjährigen zu aggressiver oder organisierter
Bettelei kann nach der bestehenden Gesetzeslage bereits geahndet werden. In der
Novelle geht es uns, wie nachzulesen ist, darum, auch jene Personen zu strafen,
die unmündige minderjährige Personen zum Betteln in welcher Form auch immer
veranlassen oder diese zum Betteln mitführen. Darüber haben wir heute hier
diskutiert. Das liegt hier vor.
Wir
waren abseits jeder Polemik und jedes politischen Hickhacks bestrebt, mit der
Legislative, mit der Jugendwohlfahrt, mit der Polizei und mit den
Herkunftsländern an der vorliegenden Lösung zu arbeiten. Wir haben Kontakte mit
allen betroffenen Botschaften gehabt, und ich selbst habe mit allen gesprochen.
Und es gibt in den Herkunftsländern sehr wohl sehr gute soziale Einrichtungen.
Es gibt Krisenzentren in Bulgarien und Rumänien, die mit der Hilfe Wiens und
der Hilfe unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 11 errichtet
wurden. Ab dem heurigen Jahr gibt es in Sofia ein Incoming-Center, das von
MitarbeiterInnen betreut wird, die hier in Wien zur Schulung sind.
Das Paket, das wir zu dieser Novelle geschnürt
haben, ist in einer engen Zusammenarbeit mit den MitarbeiterInnen der
„Drehscheibe“ entstanden, und ich möchte mich an dieser Stelle auch dafür
bedanken, weil das sicherlich weit über deren normale Arbeit hinausgegangen ist
und sehr viel Empathie und sehr viel
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