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Landtag, 16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 78

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Wolf.

 

Abg Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

„Moscheen in Wien - Unvereinbar mit dem Stadtbild und dem Wiener Bürgerwillen!". Ein abenteuerliches Amalgam wurde geboten, vom Blut- und Sudel-Nitsch (Abg Mag Wolfgang Jung: Er kann nicht anders!) über den aggressiven Islamismus, den Halbmondmuezzin, die Minarette und Moscheen. Wenn es der Therapie nutzt, soll es mir recht sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. - StR Johann Herzog: Was ist mit der Vorarlberger ÖVP? Was ist mit dem Lhptm Sausgruber?)

 

Aber eine ernste Diskussion sollte anderes beinhalten. (Abg Kurth-Bodo Blind: Weiß das der Pröll von der ÖVP auch? - StR Johann Herzog: Der Sausgruber wäre entsetzt!) Eine ernste Diskussion der Themen sollte nicht kleinmütig über das Stadtbild herziehen oder den Wiener Bürgerwillen zur Geisel nehmen, sondern sollte die wirklichen Probleme, die hier vorhanden sind, diskutieren.

 

Es gibt uns wieder einmal die Möglichkeit, ein Bekenntnis zur Religionsfreiheit abzulegen. Natürlich gibt es das Recht auf Religionsausübung und das Recht auf Errichtung von Kirchen und Gebetshäusern. Ebenso selbstverständlich müssen sich diese Bauten an die Regeln halten, die aufgestellt wurden. (StR Johann Herzog: Sie haben jetzt die Kurve gekratzt!) Also ich sehe nicht, wo da das Problem ist. Vor allem sollte man Moscheen und Minarette nicht permanent verwechseln. (StR Johann Herzog: Wir tun das ja nicht!) Das sind unterschiedliche Dinge.

 

Des Weiteren gibt es natürlich auch ein klares Bekenntnis zur Trennung von Staat und Kirche. Das ist ein demokratischer Grundwert. Wir wollen diese Vermischungen nicht. Das sind die Dinge, die zu diskutieren sind und nicht, ob die Moscheen mit dem Stadtbild zu vereinbaren sind oder nicht. Das ist eine etwas fehlgeleitete Diskussion.

 

Drittens meine ich, und das steckt wahrscheinlich hinter diesen Formulierungen, die Sie verwenden, dass wir ein klares Bekenntnis zur Gleichwertigkeit der Menschen, unabhängig vom religiösen Bekenntnis, von der Nationalität und der Rasse ablegen sollen. Darum geht es. Es geht nicht darum, hier islamophob oder auf der anderen Seite islamophil zu argumentieren, sondern es geht darum, auf Basis dieser Grundwerte die vorhandenen Probleme politisch zu lösen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

 

Es tut mir leid, Sie haben gerade applaudiert, aber diesen Satz muss ich noch sagen. Ich meine, dass auch die gescheiterte Integrationspolitik der SPÖ zu diskutieren ist. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Nurten Yilmaz: Bitte den Applaus der SPÖ aus dem Protokoll zu streichen!) - Nein, das lassen wir für die Nachwelt drinnen. So ist das Leben. So ist die Welt. Einmal so und einmal so.

 

Um es ernst zu sagen, nicht mit diesen selbsttherapeutischen Ansätzen, Kollege Jung, die Sie bemühen, sollte man die Probleme angehen, sondern man soll sie politisch lösen! (Abg Mag Wolfgang Jung: Bei Ihnen ist es nur heiße Luft!) Das ist das Thema. - Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Mag Wolfgang Jung: Was sagen sie jetzt zum Vorarlberger Landeshauptmann?)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich erteile ihm das Wort.

 

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

In früheren Jahrhunderten und teilweise in anderen Ländern auch heute noch ist sehr viel Leid über die Menschen gekommen, wenn religiöse Gruppen gegeneinander ausgespielt werden oder religiöse Vertreter gegeneinander kämpfen. (Abg Mag Wolfgang Jung: Richtig!)

 

Wir in Österreich, wir in Wien haben religiösen Frieden, wir haben ein gutes Miteinander zwischen allen Religionsgemeinschaften, insbesondere auch mit den zahlreichen Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaft. Das ist gut so und das soll so bleiben! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wenn man in der Geschichte zurückgeht, weil ich frühere Jahrhunderte gesagt habe, war es in Österreich so, dass schon im Jahr 1781 von Kaiser Joseph II. das so genannte Toleranzpatent erlaubt worden ist, das damals Protestanten und orthodoxen Christen die freie Religionsausübung und den Bau und die Erhaltung von Kirchen erlaubt hat, allerdings damals, man war erst im 18. Jahrhundert, noch ohne Glocken und Eingang von der Straße. Es war ein erster richtiger Schritt, aber natürlich noch keine Gleichberechtigung. Es sind dann 1782 das Toleranzpatent für die Wiener Juden und 1867 das Staatsgrundgesetz, welches bestimmt, dass jede gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung hat, gefolgt. Das ist dann weitergegangen im Jahr 1912, als der Islam eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft geworden ist. Also seit 1912. Wichtige Rechte sind auch im Staatsvertrag von Saint Germain und der Menschenrechtskonvention verankert.

 

Die FPÖ geht nicht nur hinter Kaiser Franz Joseph zurück, sie geht sogar hinter den Kreis des Toleranzpatentes von 1781 zurück und das ist eine Schande! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Abg Henriette Frank: Das stimmt nicht! - Abg Mag Wolfgang Jung: Es geht um den Bau von Moscheen!)

 

Selbstverständlich muss sich jede Religionsgesellschaft beim Bau von Gotteshäusern an die geltende Bauordnung halten. Das müssen auch die Katholiken. Die können jetzt auch nicht auf dem Rathausplatz eine Kapelle hinbauen, weil es sie gerade freut. Das machen sie auch nicht. Das muss jede andere Religionsgesellschaft auch. Es müssen natürlich Anrainerinteressen entsprechend den Gesetzen berücksichtigt werden. Es müssen alle Gesetze, die wir beschlossen haben, eingehalten werden.

 

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