Landtag,
16. Sitzung vom 28.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 78
Präsidentin Erika Stubenvoll: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in
Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten nur einmal zum Wort
melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.
Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Mag Korun
gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Abg Mag Alev Korun
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Es
wäre natürlich nicht die FPÖ, würde sie nicht versuchen, mit der Ausrufung
eines Religionskampfs oder eines Kulturkampfs Stimmung zu machen, um natürlich
gleichzeitig von dieser Stimmung selbst politisch zu profitieren. (Abg
Henriette Frank: Das machen Sie nicht!) Ihr heutiger Antrag zu dem Thema
ist wieder einmal ein guter Beweis für die billige Polemik, die Sie machen, die
aber leider brandgefährlich ist, weil sie Angstgefühle in Menschen zu wecken
versucht, weil sie von diesen Angstgefühlen zu profitieren versucht, weil sie
versucht, zwischen Bevölkerungsgruppen und auch Religionsgruppen zu zündeln,
wobei Ihnen die Diskriminierung von religiösen Minderheiten, wie beispielsweise
von Muslimen und Musliminnen, ein besonderes Anliegen zu sein scheint. Statt
sachlich zu argumentieren und dort, wo es vermeintliche oder tatsächliche
Spannungen oder Konflikte gibt, mit Mediation und mit Verantwortungsgefühl zu
argumentieren, versuchen Sie einfach, Öl ins Feuer zu gießen. Die Partei, die
Ihnen im Geiste verwandt ist, nämlich das BZÖ, macht das Gleiche in Kärnten. (Abg
Mag Wolfgang Jung: Sogar die Sozialdemokraten machen das!)
Aber
bei dieser Aktuellen Stunde möchte ich auch die Österreichische Volkspartei
nicht aus der Verantwortung entlassen, die, wie wir wissen, sowohl in Kärnten
als auch in Vorarlberg einem mehr oder weniger relativ pauschalen Moschee- und
Minarettverbot nicht nur das Wort redet, sondern das in Kärnten im Landtag
gemeinsam mit dem BZÖ beschlossen hat und die ÖVP sogar in der Person des Lhptm
Sausgruber selbst die Initiative ergriffen hat (Abg Kurth-Bodo Blind: Sehr
gescheit!), um so ein Moscheen- und Minarettverbot durchzusetzen. (Abg
Dipl-Ing Omar Al-Rawi: Im 20. Bezirk auch!) Dabei droht im Rechtsstaat
Österreich, der zu Recht auf die Eigenschaft als Rechtsstaat stolz ist, das
Ortsbildpflegegesetz immer mehr zu einem Moscheenverhinderungsgesetz zu
verkommen. Das ist alles andere als gut für einen Rechtsstaat und für die
Demokratie.
An
dieser Stelle möchte ich nicht nur aussprechen, sondern mit Nachdruck betonen,
die österreichischen Muslime und Musliminnen brauchen und wollen würdige
Gebetsräume. Sie müssen und wollen auch selbst hinaus aus heruntergekommenen
Kellerlokalen oder aus Hinterhöfen und aus der Tatsache, dass sie sich sehr
lange wegen fehlender finanzieller Mittel dort getroffen haben und treffen
mussten, um dort ihre Gebete zu verrichten.
Was
die FPÖ mit ihrer Politik macht, ist eine ganz typische so genannte Double-Mind-Situation.
Auf der einen Seite werfen Sie den österreichischen Muslimen und Musliminnen
vor, sie würden sich in irgendwelchen Hinterhöfen und in irgendwelchen dunklen
Kammern treffen, wo man nicht wüsste, was dort vor sich geht (StR Johann
Herzog: Wer hat das gesagt, Frau Kollegin?), was dort gepredigt wird und
dort sei sozusagen der Keim des Terrorismus - in Ihren Worten - zu finden (StR
Johann Herzog: Sie stellen hier Behauptungen auf! Sie saugen sich das aus den
Fingern! Das sind bloße Behauptungen, Frau Kollegin! Das hat niemand gesagt!) und
wenn dann genau diese Muslime und Musliminnen versuchen, in andere, würdigere
Gebetsräume und Häuser auszuweichen, diese zu bauen oder zu renovieren und sich
in repräsentativen Räumen zu treffen und in würdigen Gebetsräumen zu beten,
dann schreien Sie auf und sagen, der Islam ist bei uns nicht erwünscht, das sei
reines Machtgehabe, das müsse man unterbinden und das müsse man verhindern.
Das, was Sie mit Ihren Initiativen, und nicht nur Sie, sondern leider auch die
ÖVP und das BZÖ in den genannten Landtagen und Bundesländern, versuchen, ist
eigentlich, zum Gesetzesbruch und zur Abschaffung von gleichen Rechten aller
Religionsgemeinschaften sowie zu verfassungswidrigen Handlungen aufzurufen!
Ich
werde das jetzt begründen, warum ich das sage. Weil beispielsweise in der
Schweiz eine ähnliche Bewegung unter dem Titel „Volksinitiative gegen den Bau
von Minaretten" entstanden ist. Die versuchen, 100 000 Unterschriften
für ein pauschales Verbot von Minaretten zu sammeln. Das beurteilte der
Schweizer Völkerrechtsexperte Daniel Thürer von der Universität Zürich, ich
zitiere aus einer APA-Aussendung vom 13. Jänner dieses Jahres: „Thürer
urteilte, die Vorlage sei unvereinbar mit dem Recht auf Religionsfreiheit und
mit dem Diskriminierungsverbot, wie es in der Europäischen
Menschenrechtskonvention verankert ist. Sollten die erforderlichen
Unterschriften zusammenkommen, müssen Regierung, Bundesrat und Parlament über
die Rechtmäßigkeit der Initiative befinden und sie gegebenenfalls für ungültig
erklären. Exbundesgerichtspräsident Giusep Nay empfahl der Legislative diesen
Schritt bereits Anfang Mai. Die Initiative tangiere die Religionsfreiheit und
verletzte die Europäische Menschenrechtskonvention und damit Völkerrecht."
- Das, was Sie bezwecken, ist also rechts- und verfassungswidrig in Österreich!
(Abg Kurth-Bodo Blind: Weil das ein Mann sagt? - StR Johann Herzog: Lesen
Sie den Antrag, bevor Sie das glauben! Sie haben sich nicht bemüht, den Antrag
zu lesen!) Damit werden Sie auch keinen Erfolg bekommen! (StR Johann
Herzog: Wirklich?)
Was
Ihnen leider Gottes teilweise doch gelingt, ist die Vergiftung des sozialen und
gesellschaftlichen Friedens in Österreich! (StR Johann Herzog: Das ist eine
bloße Behauptung!) Genau deshalb ist Ihren Bemühungen ganz entschieden
entgegenzutreten! Und das machen wir hier und heute wieder einmal! Verlassen
Sie sich darauf, wir werden auch in Zukunft mit aller Kraft weitermachen! (Abg
Mag Wolfgang Jung: In Niederösterreich!) - Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN und von Abg Nurten Yilmaz.)
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