Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 67
Mindestsicherung Österreich-weit schaffen wollen, die nicht Armut perpetuiert und in Wien möglicherweise sogar dazu führt, dass MindestsicherungsbezieherInnen weniger als jetzt im Rahmen der Sozialhilfe erhalten, dann bedarf es nicht 50 Millionen EUR mehr, sondern dann bedarf es zumindest 200 bis 250 Millionen EUR im Jahr.
Und wenn wir es ernst nehmen, dass wir in Bildung
investieren wollen, dass wir kleinere Klassen haben wollen, dass wir mehr
Lehrer, mehrsprachigen Unterricht haben wollen, dass auch Unterricht abgestimmt
auf die Bedürfnisse der Kinder stattfindet - und das wollen wir, zumindest wir
als GRÜNE wollen das -, dann muss man auch diesbezüglich mehr Geld in die Hand
nehmen. Selbiges gilt für den Bereich der Kinderbetreuung.
Passiert das? - Nein! Es passiert weder auf
Bundesebene, es passiert auch nicht auf Landesebene. Wenn Lhptm Häupl heute in
der Fragestunde gesagt hat, dass selbstverständlich auch der Klimawandel ein
zentrales Problem ist und eine Ökologisierung des Steuerwesens notwendig ist,
dann bedarf es, wenn wir es ernst nehmen, dass wir in Wirklichkeit entlasten
wollen, ebenfalls einer Gegenfinanzierung. All dies wurde weder in der
Budgetpolitik und in der Steuerpolitik des Bundes noch in der Budgetpolitik des
Landes Wien berücksichtigt. Das ist bedauerlich.
Ich glaube deshalb, zu einem Stabilitätspakt, in dem
man sich verpflichtet, Überschüsse zu erwirtschaften, sei allen, die immer
sagen, die Stadt Wien ist zu hoch verschuldet, auch einmal gesagt: Die Stadt
Wien ist nicht zu hoch verschuldet! Die Stadt Wien hat zwar Schulden, diesen
Schulden der Stadt Wien stehen aber auch jährliche Darlehenseinnahmen
gegenüber, diesen Schulden stehen Forderungen gegenüber, und diesen Schulden
steht Vermögen gegenüber. Das heißt ... (Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Die
GRÜNEN wollen mehr ausgeben, als wir haben! Das ist der Punkt!)
Das heißt, für die Stadt Wien gäbe es momentan aus
budgettechnischer Sicht überhaupt keinen Grund, jährlich - wie nach diesem
Stabilitätspakt vereinbart - ungefähr 250 Millionen EUR
Maastricht-Überschuss zu machen. Das ist nicht notwendig, und es führt - da
kommen wir jetzt zu einem typischen Wiener Problem - zu ein paar meines
Erachtens wirklich absurden Schlussfolgerungen, die getroffen werden.
Da ist nämlich zum Beispiel gerade Wien - wir reden
ja sehr viel über Parkraumbewirtschaftung -, die Stadt Wien bis heute nicht
imstande, wenn man schon diesen Garagenbau forcieren will, die Garagen selbst
zu bauen. Ein Argument, das in meinen Gesprächen immer wieder kommt, ist: Das
würde ja dann alles Maastricht-relevant werden.
Was macht die Stadt Wien stattdessen? Da sollte man
sich auch einmal überlegen, ob das im Sinn einer wirklichen Bilanzierung
ehrlich ist: Die Stadt Wien vergibt immense Kredite -
40 Millionen EUR, 30 Millionen EUR - zinsenfrei, zum Teil
mit einer gerechneten Laufzeit über 75 Jahre, de facto eine Subvention,
noch dazu mit Rückzahlungsbestimmungen, die daran geknüpft sind, dass
derjenige, der zum Beispiel eine Garage betreibt, erst einmal einen Überschuss
erwirtschaften muss, und von dem bekommt man nur die Hälfte. Das heißt, statt
dass die Gemeinde Wien selbst eine Garage baut, gibt sie lieber jemandem einen
x-Millionen-Kredit zinsenfrei und sagt ihm: Nur wenn du wirklich einen Gewinn
machst, musst du den Kredit tatsächlich zurückzahlen.
Ob das in der Finanzpolitik nicht hirnrissig ist, dem
Privaten de facto den Gewinn zu schenken, nur damit es nicht
Maastricht-relevant ins Budget eingeht? Da frage ich mich tatsächlich, ob es
nicht besser wäre, auch in dieser Art der Finanzberatung zumindest auf die
GRÜNEN zu hören. Denn es ist nicht notwendig, dass man den drei, vier großen
Garagenbetreibern und -betreiberinnen das Geld einfach nachwirft. Dazu brauchen
wir das Geld, das in Wien vorhanden ist, tatsächlich selbst, und wir könnten es
viel besser im Sinne und im Interesse der Wiener Bevölkerung einsetzen.
(Beifall bei den GRÜNEN.)
Da ich aber zu Beginn versprochen habe, dass ich es
nicht allzu lang mache, komme ich jetzt zum Schluss. Ich möchte mir allerdings
eine ganz kurze Bemerkung nicht ersparen. Sie haben uns ja selbst schon mit den
Leiberln gesehen; näher wird darauf meine Kollegin Alev Korun eingehen. Aber
das sei - und wir haben es leider heute auch in der Aktuellen Stunde schon
wieder gehört - insbesondere der Fraktion, die permanent mit Ressentiments
gegen andere spielt, ins Stammbuch geschrieben.
Rassismus tötet! Und wer rassistischen Übergriffen
durch Sprache und durch Handlungen, wer in diesem Fall Vorleistungen setzt, der
ist mit verantwortlich für eine Verschärfung des Klimas! Ich sage es ganz
offen. Mit Menschen, die nicht aus der Geschichte lernen und die auch nicht aus
der Gegenwart lernen, ist es zeitweise für mich fast unerträglich, in einem
Sitzungssaal zu sitzen. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN und von
Abgeordneten der SPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Wolf. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Meine Fraktion wird dem vorliegenden Stabilitätspakt
zustimmen.
Auch ich folge einerseits der Einladung des
Präsidenten, zu aktuellen politischen Begebnissen und Phänomenen Stellung zu
nehmen, und möchte andererseits im Anschluss an meinen Vorredner ein paar klare
Worte sagen.
Eigentlich müsste man der Freiheitlichen Partei
gratulieren: Es gibt einen unsäglich dummen Spruch in der Provinz, dumm-schlaue
Interpretationen des Vorsitzenden Ihrer Partei in Folge, und wir alle fallen
darauf herein und diskutieren lang und breit das, was eigentlich nicht zu
diskutieren ist. Gratuliere! Das funktioniert seit Jahren und immer wieder.
Der Kardinal wird dann
vorgeschickt, um Dinge zu sagen. Minister, Bundeskanzler, Ex-Vizekanzler, alle
fühlen sich bemüßigt, etwas zu sagen. Die Abseitsfalle
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