Landtag,
15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 67
auf - dieses Thema ist ernst zu nehmen, es ist ein immer wachsendes, großes Thema, das Thema unserer Sozialpolitik -, nicht nur Löcher zu stopfen und auch nicht die Sozialpolitik auf Kosten derer auszutragen, die sich nicht wehren können. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gelangt Herr Abg Margulies.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr
Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!
Auch wenn wir jetzt nicht allzu viele hier im Wiener
Landtag sind - insbesondere der Sozialdemokratischen Fraktion scheint das Thema
Stabilitätspakt nicht allzu wichtig zu sein, aber macht nichts -, denke ich
trotzdem, dass es Sinn macht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Vor allem
eignet es sich tatsächlich sehr gut dazu, einmal einen kurzen Streifzug durch
die Budgetpolitik, durch die Sozialpolitik von Bund und Land Wien zu führen.
Ich werde versuchen, es in aller Kürze aufzuzeigen.
Vorweg ein Wort zu Kollegen Ebinger: Pflege ist
selbstverständlich ein Teil dessen, wo nicht nur diese Bundesregierung mit dem
Pflegegeld, also de facto mit der Pflegeanstellung gemurkst hat, sondern auch
die Bundesregierungen davor. Es ist ja nicht so, dass das Thema Pflege erst
seit zwei Jahren bekannt ist. Es ist ja nicht so, dass die
Pflegegeldeinstufungen insbesondere bei Demenzkranken nicht schon vor zehn
Jahren ein Problem dargestellt hätten. Man muss tatsächlich sagen - und das ist
eigentlich ein ganz trauriger Befund -, dass im Bereich der Pflegefinanzierung
die Regierungen der letzten Perioden allesamt versagt haben und dass alle an
diesen Regierungen beteiligten Parteien in dieser Frage versagt haben! (Abg Dr
Kurt Stürzenbecher: Weil sie nicht auf Herrn Margulies gehört haben!)
Ich glaube, es würde der Wiener Stadtregierung, der
Wiener Landesregierung und auch der Bundesregierung durchaus nicht schaden, das
eine oder andere Mal auf grüne Ideen - möglicherweise auch auf meine
persönlichen - zu hören. Es würde nicht schaden: Wir hätten eine schönere, eine
bessere, eine sozialere Welt! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Die Überheblichkeit des Standpunktes, dass nur das,
was eine Regierung vorschlägt, gut sein kann, führt genau zu solchen Murks-Regelungen.
Sosehr ich so wie Kollege Ebinger den Formalismus kritisiere, und wie schwer es
eigentlich den Betroffenen selbst und auch den betroffenen Angehörigen im
Bereich der Pflege gemacht wird, tatsächlich eine 24-Stunden-Pflege zu
organisieren, so ersuche ich trotzdem - insbesondere dann, wenn es heißt, man
ist für eine weitere Fortsetzung der Legalisierung et cetera -, auch auf
diejenigen Menschen, die diese Pflegearbeit leisten, Rücksicht zu nehmen.
Denn was tatsächlich gesagt wird, wann immer über
Amnestie und weitere Legalisierung von illegal angestellten Pflegerinnen und
Pflegern geredet wird, ist: Wir finden es in Ordnung, dass diese Menschen, die
die zentralen Bedürfnisse der Pflege erfüllen, nicht pensionsversichert sind,
nicht arbeitslosenversichert sind, nicht sozialversichert sind. Ich glaube,
wenn wir die Pflege wirklich ernst nehmen, dann muss es darum gehen, dass alle
Menschen, die im Pflegebereich tätig sind, tatsächlich die
sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche auch später dann im Rahmen einer
Pension oder im Fall der Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen können.
Gerade deshalb ist es wichtig, dieses Murks-Gesetz
schleunigst zu reformieren und eine Lösung zu erarbeiten, die sowohl für die
Pflegenden als auch für die zu Pflegenden eine Akzeptanz und eine Möglichkeit
bietet, dies auch sinnvoll umzusetzen. Und da gibt es die Ideen der
Pflegeversicherung! Na selbstverständlich ist die Frage der Pfleger ein
gesellschaftliches Problem und nicht auf individuelle Art und Weise zu lösen.
Na selbstverständlich kann man den Menschen, die der Pflege bedürfen, nicht
zuerst ihr gesamtes Vermögen entziehen, damit diese dann tatsächlich in den
Genuss einer Pflegeunterstützung kommen.
Aber wir müssen uns bewusst sein, dass
gesellschaftlich organisierte Pflege etwas kostet. Und sie kostet mehr als die
im Finanzausgleich vereinbarten 40 Millionen an Mehrkosten. Das muss uns
bewusst sein, und somit spanne ich den Bogen zurück zum Stabilitätspakt. Denn
der Stabilitätspakt hängt ja ursächlich mit der Budgetpolitik, der
Steuerpolitik und auch dem Finanzausgleich zusammen. Ich glaube, dass es ganz
wichtig ist, dass man sich in diesem Zusammenhang noch einmal ein paar
Beschlüsse aus dem Finanzausgleichsgesetz ansieht. Und da wissen wir: Diese
40 Millionen EUR werden niemals reichen, deshalb haben wir auch den
zentralen Murks.
Zweiter Punkt, beziehungsweise ich bleibe zunächst
bei dem Punkt und mache ein paar Vorschläge bezüglich Gegenfinanzierung. Wir
wissen, im Bereich der Pflege werden die Mittel nicht reichen. Wir wissen, im
Bereich der Mindestsicherung werden die Mittel nicht reichen. Wir wissen in
Wirklichkeit, dass es notwendig ist, Bildungsinvestitionen zu setzen. Wenn wir
das alle wissen und wenn wir es als gesellschaftliche Aufgabe erachten, ja gleichzeitig
auch noch davon sprechen, dass es notwendig und sinnvoll ist, mittlere und
kleine EinkommensbezieherInnen, die in Lohnarbeit tätig sind, zu entlasten,
dann muss man, glaube ich, darüber nachdenken, woher das Geld kommen soll.
Das alles wurde verabsäumt! Das wurde verabsäumt in
der Budgetpolitik des Nationalrates, das wurde verabsäumt bei Regelungen im
Finanzausgleich. Selbst der innerösterreichische Stabilitätspakt hemmt in
Wirklichkeit das Land Wien und die Stadt Wien daran, Ausgaben zu tätigen, die
eigentlich in diesen Bereichen, Pflege und Mindestsicherung, notwendig wären.
Denn was passiert, wenn wir
tatsächlich der Meinung sind, wir müssen in eine Pflegesicherung investieren?
Im Vergleich zu den jetzigen Ausgaben muss man damit rechnen: Wenn wir eine
24-Stunden-Pflege wirklich bedürfnisgerecht auf die Beine stellen wollen, dann
entstehen dadurch Österreich-weit Mehrkosten in der Größenordnung von 150 bis
200 Millionen EUR. Wenn wir eine
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