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Landtag, 11. Sitzung vom 05.07.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 22

 

Leistungsvergaben andererseits in dieser Stadt nicht stimmt!

 

Ich hatte ein ganz einschneidendes Erlebnis zu Beginn meiner politischen Tätigkeit, nämlich als ich 1991 in Wien Hernals Bezirksvorsteher-Stellvertreter wurde. Mein damaliger Kollege, Ihr Kollege von der SPÖ, hat zu mir, als wir über die Abwicklung der Sprechstunden gesprochen haben, zu meinem wirklich größten Erstaunen beziehungsweise Entsetzen zuerst von den Bittstellern gesprochen, die immer kommen. Damals war ich wirklich, wie man so schön sagt, von der Rolle! Er sprach wörtlich von den „Bittstellern, die zu uns kommen“!

 

Da geht es vielfach nicht um Leute, die wegen Gebühren oder Beihilfen kommen, sondern diese Menschen haben einfach ein anderes Problem, zum Beispiel, dass in ihrem Wohnumfeld die Kreuzung unsicher ist.

 

Präsident Heinz Hufnagl (unterbrechend): Bitte um das Schlusswort!

 

Abg Veronika Matiasek (fortsetzend): Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Die Wiener Bürger sind keine Bittsteller! Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gelangt Frau Abg Cammerlander.

 

Abg Heidemarie Cammerlander (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde halte ich für sehr interessant, und es wäre wirklich wertvoll, es sachlich zu diskutieren. Die SPÖ schafft es aber immer wieder, ganz egal, um welches Thema es sich handelt, eine Werbekampagne daraus zu machen, und das finde ich sehr schade!

 

Meine VorrednerInnen haben schon viele Themen angeschnitten. Es wurde über die Wohnbeihilfe und über die SchuldnerInnenberatung gesprochen. Ich möchte gerne auf den Vollzug der Sozialhilfe eingehen.

 

Ich gehe jetzt weniger auf die Valorisierung ein, sondern auf die Hürden und Schwierigkeiten, mit denen Menschen konfrontiert sind, um Sozialhilfe zu bekommen. Ich habe mir herausgesucht, was ich tun muss, um Sozialhilfe zu bekommen: Wenn man Sozialhilfe haben möchte, dann muss man zuerst ein Selbstauskunftsformblatt hinsichtlich Personendaten ausfüllen. Das ist eine urlange Liste. Diese Selbstauskunft wird am Tresen der Rezeption übergeben, der Vorsprechtermin kommt sofort per Telefon oder Post. Die Wartezeit für das Vorsprechen kann wenige Tage bis einige Wochen, aber auch bis zu mehreren Monaten dauern.

 

Gleich oder später beim Vorsprechtermin erhält man das Informationsblatt für die Beantragung von Sozialhilfe. Um den Anspruch auf Geldleistung aus Mitteln der Sozialhilfe prüfen zu können, werden folgenden Unterlagen von allen im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen benötigt. – Ich lese Ihnen jetzt einiges vor, was da gebraucht wird: Meldezettel, Lichtbildausweise, Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweise, Heiratsurkunde, rechtskräftiges Scheidungsdekret, Kontoauszüge, Mietaufschlüsselung, Pensionsbescheid, Bescheid über Beihilfen und so weiter und so fort. – Bis sie all diese Unterlagen zusammen haben, verzichten viele darauf, und ich hab manchmal wirklich das Gefühl, dass da Absicht dahinter steckt!

 

Noch ein schöner Satz: „Haftentlassene benötigen zusätzlich die Haftbestätigung und die Bestätigung über die Höhe des Entlassungsgeldes.“ – Man stelle sich vor: Das in der Haft angesparte Arbeitseinkommen von zirka 40 Cent pro Arbeitsstunde wird der Sozialhilfe gegengerechnet! Als ich das gelesen habe, konnte ich es fast nicht glauben! Es kann doch einfach nicht möglich sein, dass man solche Schwierigkeiten macht! So gibt es zum Beispiel keine Freidienstgrenze. Wenn ein Sozialhilfebezieher einen Tag oder eine Nacht beim Straßenkehren oder Schneeschaufeln arbeitet, dann wird ihm die Sozialhilfe für drei Tage gestrichen!

 

Da erhebt sich für mich die Frage: Soll die Sozialhilfe nicht eine vorübergehende Hilfe sein, damit man wieder in ein selbstbestimmtes Leben kommt und wieder Sicherheit bekommt?

 

Stellen Sie sich vor, Ihnen wird von Ihren Eltern oder Großeltern eine kleine Wohnung vererbt, Sie kommen aber in die Situation, Sozialhilfe zu brauchen. Dann müssen Sie zuerst diese Wohnung verkaufen, um überhaupt Anspruch auf Sozialhilfe zu haben! Im Hinblick darauf empfehle ich Ihnen: Arbeiten Sie doch gemeinsam daran, diese Hürden und Hindernisse ein bisschen zu beseitigen!

 

So gab es zum Beispiel 2006 287 Dienstposten für über 80 000 SozialhilfeempfängerInnen! Überlegen wir uns doch gemeinsam, wie wir diese Strukturen vereinfachen können, um den Mitarbeitern tatsächlich die Möglichkeit zu bieten, Menschen zu beraten und zu unterstützen und sie nicht nur von einem Hindernis zum anderen zu jagen, damit dann doch – dieses Gefühl werde ich, wie gesagt, nicht los – viele auf diese Hilfe verzichten, weil all das so schwierig ist.

 

Unterstützen wir die MitarbeiterInnen! Schauen wir, dass wir Hürden aus dem Weg räumen und dass Sozialhilfe wirklich das wird, was sie sein soll, nämlich vorübergehende Unterstützung, damit man selbst wieder in ein geregeltes, selbstbestimmtes Leben kommt.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Sie haben noch eine halbe Minute.

 

Abg Heidemarie Cammerlander (fortsetzend): Die Sommerpause kommt. Vielleicht denken Sie noch ein bisschen nach und schaffen es im Herbst wirklich, nicht immer nur Werbung für die SPÖ zu machen, sondern sachlich und inhaltlich über die Probleme im sozialen Bereich zu diskutieren, und derer gibt es viele! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zu Wort gelangt Herr Abg Aigner.

 

Abg Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Wiener SPÖ sehr stark reformresistent ist und einen großen Hang zur Festschreibung bestehender Zustände und auch eine hohe Affinität zur Pragmatisierung hat. Das, was wir

 

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