Landtag,
10. Sitzung vom 28.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 98
mitgemacht. Aber trotzdem bin ich den Frauen und
Männern der ersten Stunde für diesen mutigen Schritt 1957 und davor, denn die
Vorberatungsarbeiten beginnen ja Jahre davor, in schweren Zeiten, der Herr
Landeshauptmann hat das eingangs auch erwähnt, sehr dankbar. Das muss man bei
so einer würdigen und freudigen 50-Jahre-Feier auch sagen. Sie haben damals,
das kann man ruhig sagen, von einem Europa ohne wirkliche Grenzen geträumt. Sie
haben damals geträumt, ich kann mich als Volksschulkind daran erinnern, als es
in Wien selbst noch Grenzen gab, weil in Wien damals die Reichsbrücke nicht
„Reichsbrücke", sondern „Brücke der Roten Armee" geheißen hat und
weil Vier im Jeep gefahren sind, die vorher Befreier, dann Besatzer und
letztlich die Signatarmächte des Staatsvertrags waren. (Abg Kurth-Bodo Blind:
„Besatzer" ist ein grässliches Wort, Herr Kollege!)
Ich habe aus der Geschichte gelernt. Ich kenne die
Geschichte. Die jüngste Geschichte habe ich auch miterlebt. Was davor war, habe
ich in vielen Seminaren und Schulen und Gott sei Dank auch von meinen Eltern
und Großeltern mitbekommen. Ich freue mich daher auch über Kleinigkeiten im
Alltag. Ich freue mich nicht nur, wenn drei Parteien heute hier einen Antrag
gemeinsam einbringen und den beiden von den GRÜNEN zumindest die
Sozialdemokratische Partei zustimmen wird. Ich freue mich, weil bei diesem Jubiläum
in der Stadt bunte Straßenbahnen mit dem 50-Jahre-Logo der Europäischen Union
fahren, weil ich mich eben an Zeiten in Wien zurückerinnern kann, zwar nur als
Kind, wo Fahrzeuge in der Donaustadt Richtung Bahnhof fuhren, die Ketten drauf
hatten, nämlich die Panzer der Roten Armee, die verladen wurden, um das Land
rechtzeitig vor dem 26. Oktober 1955 zu verlassen. Diesen mutigen
Männern und Frauen, muss man im Nachhinein, ich sage es noch einmal, sehr
dankbar sein.
Die Zeit ging dann schnell weiter. Aus dem Europa der
zunächst Sechs sind jetzt 27 geworden. Der Weg wird weiter fortgesetzt. Wie
lange der Prozess noch dauern wird, wie viele Diskussionen es noch geben wird,
weiß keiner von uns. Es wird Parteien in diesem Hohen Landtag geben, die
produktiv mittun. Es wird Personen geben, die produktiv mittun. Meine Fraktion
und ich selbst werden dabei sein. Andere auch, einige wenige nicht, soll sein.
Wenn hier teilweise doch in der einen oder anderen
Wortmeldung so getan wurde, als ob es nicht wirklich positive Ansätze gab, so
muss man sagen, das stimmt nicht. Wenn man in den Bereich der Telekommunikation
schaut, wenn man in den Bereich des Energiewesens schaut, ist schon auch zu
erkennen, dass ein Umdenken stattgefunden hat und nicht alle Preise teurer geworden
sind. Man braucht nur ehrlich zu sich selbst zu sein, dann weiß man das.
Die Europäische Union ist sicher sehr oft
problematisch, überhaupt die globalisierte Welt, aus der Sicht der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu betrachten. Man muss aber schon sagen,
dass die betriebliche Mitbestimmung europaweit gefördert wird, 1994
beispielsweise durch die Gründung Europäischer Betriebsräte oder was den
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz betrifft, dass doch auch einiges auf
nationaler und auf europäischer Ebene geschehen ist.
Die Europäische Union erleichtert das Reisen
innerhalb der EU. Grenzübertritte sind unkomplizierter. Manches wird billiger
bis in Regionen, wo ich mich selbst frage, ich meine zum Beispiel die
Flugreisen: Wie soll das weitergehen? Es stimmt überhaupt nicht, dass alles
teurer wird.
Dass der Euro keine harte Währung ist, höre ich von
mancher Oppositionspartei. Stimmen tut es nicht, das beweisen alle Statistiken.
So könnte man diese Liste fortsetzen, aus Zeitgründen
kann ich das leider nicht tun.
Ich möchte, wie gesagt, auf einige Vorredner kurz
eingehen, bevor ich dann noch die Anträge bringe und Schlussbemerkungen machen
möchte.
Kollege Tschirf, der jetzt nicht da ist, man möge es
ihm ausrichten, bei aller Wertschätzung für den damaligen Bundeskanzler Raab,
den ich auch persönlich noch gekannt habe, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass
es Fraktionen wie die Sozialdemokratische Fraktion und auch Politiker und
Spitzenpolitiker der Sozialdemokratie gibt, die schon lange beim europäischen
Gedanken durchaus im Wesentlichen positiv dabei sind, aber vielleicht für die
Meinungsbildung vor der Abstimmung in unserem Land etwas Zeit gebraucht haben,
wie ich selbst auch! Das ist nichts Schlechtes, wir sind in einer Demokratie,
wenn man vor einer Entscheidung, vor einer Abstimmung die Dinge noch gut
überlegt. Ich war damals schon Mandatar, zwar nicht hier, aber auf
Bezirksebene, und habe mich ganz offen gefragt, was es mir persönlich bringt,
wenn ich zu diesem Europa Ja sage. Denn ganz so wie die GRÜNEN habe ich das
nicht zusammengebracht, dass ich sage, ich stimme mit Ja, aber ich bin nicht
für die EU. Das habe ich so für mich nicht sehen können. Ich habe mir gedacht,
wenn du es für dich selbst schon nicht machst oder wenn du dir vielleicht doch
ein bisschen schwer tust, und ich gebe zu, ich habe mir da durchaus schwer
getan, dann mache es für deine Kinder. Ich habe deren drei. Auch da hat mir die
Geschichte recht gegeben. Meine Tochter ist heute Biochemikerin in einem großen
Konzern und ist arbeitsplatzmäßig gut in Europa unterwegs. Daher war meine
Entscheidung nicht nur politisch allgemein, sondern, glaube ich, auch von mir
aus persönlich gesehen, richtig.
Ich möchte auch noch den Damen und
Herren der Stadt danken, egal, wo immer sie tätig sind, in den Abteilungen, in
den Büros, die die außenpolitische Arbeit tätigen. Das ist keine leichte
Aufgabe, eine sehr umfangreiche Arbeit. Ich mache das manchmal auch, dass ich
ins Europabüro gleich vis-à-vis vom WWFF gehe. Das machen wahrscheinlich nicht
alle in diesem Haus. Zumindest wahrscheinlich zwei von den Wortmeldern waren
dort noch nicht, weil sonst würden sie dort hören, dass rund 80 Prozent
der Besucher, die dort hinkommen, mit Fragen kommen, die sie entweder gleich
oder zu einem späteren Zeitpunkt positiv beantwortet bekommen
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