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Landtag, 9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 74

 

keiner durch diesen Rost fällt, dass jeder, der Hilfe braucht, sie auch entsprechend bekommt.

 

Das heißt, diese Bettelei, die derzeit in Wien stattfindet, sehr geehrte Damen und Herren, hat keinen sozialen Hintergrund. Daher werden wir bei unserer Forderung nach einem generellen Bettelverbot bleiben, und wir stellen fest, dass das ein Gebot der Stunde ist.

 

Und ich sage auch: Wer sich hier dagegenstellt oder wer sich hier querlegt, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er das luxuriöse Leben einiger krimineller Bandenbosse mitfinanziert; mitfinanziert auf dem Rücken von Kindern, mitfinanziert auf dem Rücken von abhängig gemachten Menschen, mitfinanziert aber auch auf dem Rücken der gutherzigen Wiener Bevölkerung. Wollen Sie kriminelle Bandenbosse unterstützen? – Wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr StR Ellensohn. Ich erteile es ihm.

 

StR David Ellensohn: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Im September 2006 ist genau dieses Thema in Graz im Gemeinderat besprochen worden, eingebracht mit derselben Schärfe und derselben Härte, allerdings von der Österreichischen Volkspartei, und nach längerer Diskussion dort abgelehnt worden. Das werden wir, hoffe ich, heute am Ende der Debatte hier auch so erleben. Was dann passiert ist in Graz, war, dass man sich zusammengesetzt hat – nämlich alle Parteien, außer den Freiheitlichen – in der Pfarre St Vinzenz. Da hat man nachgedacht, was man tatsächlich tun könnte, und hat ein Projekt erarbeitet in einer sehr menschlichen Atmosphäre, wie berichtet wird, und hat ein Hilfsprojekt in der Slowakei beschlossen. Da haben dann auch die Vertreter der Volkspartei, der SPÖ, der GRÜNEN und der KPÖ zugestimmt.

 

Im slowakischen Ort Ostice werden Ölkürbisse angebaut. Es gibt ein paar Arbeitsplätze für Roma, die es nicht leicht haben in ihren Heimatländern, und der Gemeinderat in Graz stellt dafür ein Grundkapital von 30 000 EUR zur Verfügung. Der Pfarrer Bucher war ganz zufrieden und hat gesagt, ein wichtiges Signal. Nachdem die Pfarre und die Vinzenzgemeinschaft schon lange daran arbeiten, sind wir alle sehr zufrieden. – So einfach könnte man so ein Thema auch abwickeln.

 

Leider war es bei uns nicht so, sondern was passiert, wenn ich da drüben sitze? Ich muss mich 20 Minuten lang von Herrn Schock anschreien lassen, sodass ich mich fast wegdrehen muss zwischendurch, damit ich wenigstens keinen Hörschaden erleide, und ich muss mir einen Haufen Unsinn anhören. (StR Johann Herzog: Das ist eine untragbare Bemerkung!) Ich muss mir anhören, es geht darum, ein Gesetz zu entwerfen, dass dieses und jenes einschränken soll. Das ist ja alles schon geregelt. Natürlich ist es nicht erlaubt, Kinder heranzuziehen für Kinderarbeit, für Kinderbettelei oder was auch immer, natürlich ist es nicht erlaubt, dass Banden organisiert sind und die abschröpfen. Natürlich ist aggressives Betteln nicht erlaubt. Das Landes-Sicherheitsgesetz in Wien ist so scharf (Abg Dr Herbert Madejski: Wow! wir zittern alle!), dass wir ja eh immer schon dagegen gestimmt haben, weil wir als Grüne der Meinung sind, dass das längst zu weit geht, aber das reicht den Freiheitlichen nicht, und dann stehen sie da und reden vom aggressiven Betteln und meinen ganz etwas anderes. Es geht schlicht um das ganz einfache Betteln, um das Herumstehen, denn der Rest ist schon geregelt, und Sie wissen das natürlich.

 

Die Problemanalyse der FPÖ schaut ungefähr so aus: Organisierte Bettelei, Bettlermafia – alles aus den Anträgen und der Anfrage abgeschrieben –, Gruppen, die entgegen den Menschenrechten ausgebeutet werden. Das ist sprachlich etwas unklar, denn entweder verstößt man gegen die Menschenrechte dieser Personen oder man beutet sie aus, aber entgegen den Menschenrechten ausbeuten, würde ja heißen, dass man innerhalb der Menschenrechte ausbeuten kann, aber ich sehe der FPÖ immer gerne nach, dass sie mit der deutschen Sprache kämpft. Es ist auch ein schweres Gebiet.

 

Dann geht es weiter in der Problemanalyse: Kinder ohne Schulbildung, Kinder verschmutzt. Lauter Sachen, wo ich sage, sehe ich auch nicht gerne, ja, es ist schlimm, wenn Kinder dort sitzen auf der Straße. Das trifft einen. Manche Leute fühlen sich dadurch bedroht, andere haben Mitleid, man hat eine Reaktion dabei. Die Lösung der FPÖ heißt aber nicht: Helfen wir diesen Kindern (Abg Dr Herbert Madejski: Oh ja!), helfen wir diesen verschmutzten Kindern, geben wir ihnen eine Schulbildung, sondern die Lösung heißt – ich könnte es ja vorlesen, aber Sie haben ja nicht nur Schreibschwierigkeiten, sondern auch Leseschwierigkeiten bei dem eigenen Antrag. (Abg Mag Harald Stefan: Jetzt werden Sie doch nicht wieder aufhören!)

 

Ich kann die Dringliche Anfrage auch verlesen, wo am Ende nichts anderes steht als: Der Polizei fehlt die Rechtsgrundlage – das ist falsch, aber es ist eh schon ausgeführt worden –, die Polizei hat zu wenig Personal. Mehr Polizei! Städtischer Ordnungsdienst! Oder die ÖVP verlangt zwischendurch eine Stadtpolizei. Die Lösung – Lösung unter Anführungszeichnen – beinhaltet keinen einzigen Vorschlag – keinen einzigen finde ich da in dem schriftlich vorgelegten Antrag –, was man tatsächlich tun möchte, um den Leuten zu helfen.

 

Armut nimmt zu. Armut nimmt zu in Österreich, Armut nimmt zu in Rumänien, Armut nimmt zu in der EU, Armut nimmt zu in den europäischen Ländern, und man sieht sie. Sie wird sichtbarer, und der Anblick ist irritierend und beängstigend. Aber Wegschauen nützt nichts, und mehr Polizei ändert daran halt leider auch nichts.

 

Wer arm ist, hat ein Recht auf Hilfe. Das ist banal. Respekt, Toleranz, Weltoffenheit – drei Fremdwörter für die Freiheitliche Partei. (Heiterkeit bei den grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sicherheitspolitische Maßnahmen beseitigen die Armut nicht, und es gibt nicht einen einzigen Armen weniger, wenn ein Polizist mehr kontrolliert, keinen einzigen Armen weniger. Keinen einzigen!

 

Jetzt muss man sich fragen, wer stößt sich vor allem daran, wenn er öffentlich mit dieser Armut konfrontiert ist.

 

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