Landtag,
9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 74
Befolgung dieses Gesetzes. Daher möchte ich in aller
Deutlichkeit hier auch sagen: Wir müssen den Handel in die Pflicht nehmen.
Gerade wenn man sich andere Punkte des Jugendschutzgesetzes anschaut, etwa,
wenn es um Softguns oder Komasaufen et cetera geht: Es läuft nicht so, dass wir
in diesem Bereich einfach etwas über ein Gesetz regeln und das dann eingehalten
wird. Vielmehr müssen wir in Übereinstimmung aller Parteien im Haus Regelungen
finden, um die Unternehmer und den Handel mehr in die Pflicht zu nehmen.
Darüber hinaus wollen wir infolge dieses
ExpertInnengesprächs eine breite Diskussion auslösen. Wir haben uns auf einen
Schwerpunkttag mit einer Veranstaltung im Rathaus geeinigt, die im Herbst
stattfinden soll. Diese Veranstaltung wendet sich natürlich an Jugendliche,
darüber hinaus aber auch an Eltern und Multiplikatoren. Nach einer Fachtagung
zum Thema Medien wissen wir jetzt nämlich auch, dass diese simple Diskussion
ihren Ursprung oft auch in der Unwissenheit der Eltern hat. Daraus entsteht
wiederum Angst, und da macht man es sich halt auch ziemlich leicht mit
Erklärungen.
Wir bauen unser Projekt daher auf einem Wiener Weg
auf, der in kurzen Schlagworten wie folgt verlaufen soll: Keine
Kriminalisierung von Jugendlichen, Ernstnehmen des Spieleverhaltens und des
Medienverhaltens. Wir wollen die Medienkompetenz stärken. Viele Einrichtungen
in Wien tun das bereits, daher haben wir immer wieder die Gelegenheit, darüber
zu diskutieren. Ich denke jetzt etwa an das Wiener Bildungsnetz, ans Netzwerk
im „ICE“, an das Medienzentrum, an Büchereien als moderne Cross-Media-Writer,
aber auch an die offenen und komplementären Medienräume wie Okto und Orange.
Wir verfolgen den Weg der Positivprädikatisierung des
Bundes mit. Im BMGFJ gibt es die BUPP, das ist die Bundesstelle für
Positivprädikatisierung, wo Spiele explizit als positive Beispiele
hervorgehoben werden. Wien beteiligt sich auch daran. Auch die Spielebox ist im
Zusammenhang mit Spiele-Empfehlungen wichtig. Natürlich arbeiten wir auch verstärkt
mit Informationen an Eltern. Wir arbeiten aber auch an der Ernstnahme und dem
Fördern Wiens als Wirtschaftsstandort. Ich denke da jetzt etwa an das Media
Quarter Marx, wo weitere 25 000 m² in Angriff genommen worden sind.
Es ist schön, dass über den Weg, der eingeschlagen
werden soll, auch im ExpertInnengespräch zwischen uns große Einigkeit
geherrscht hat. Es gab einen konstruktiven, sensiblen, überhaupt nicht
populistischen Zugang. Umso mehr hat es mich und wohl auch die anderen
Teilnehmer gewundert, dass fünf Minuten nach Beendigung des
ExpertInnengesprächs in der APA zu lesen war: „VP Wolf: Durchbruch bei
Video-Killer-Spielen“. – Eigentlich ist das aber ganz egal, denn es war
ein Einzelfall. Das Thema ist, glaube ich, zu ernst dafür, dass man Tausende
junge SpielerInnen sozusagen unter einen Generalverdacht stellt, der letztlich
oft auch aus der Angst vor Neuem resultiert.
Ein kurzes Beispiel zum Schluss: Diese Angst vor Neuem
gab es immer, wenn ein neues Medium sich den Weg in die Welt gebahnt
hat. – Zeitungen gibt es seit Mitte des 19. Jahrhunderts, in Österreich
seit 1878. Es gibt Länder mit einer größeren aufklärerischen Tradition, aber
sagen wir einmal, dass es seit Mitte des 19. Jahrhunderts Zeitungen gibt. Und
damals hat sich Charles Baudelaire Gedanken über die große Gefahr gemacht, die
der schreckliche regelmäßige Zeitungsgenuss bedeuten kann und hat das
folgendermaßen formuliert: „Jede Zeitung ist von der ersten bis zur letzten
Zeile ein einziges Gewebe von Gräueln, Kriegen, Verbrechen, Diebstählen,
Sittlichkeitsverbrechen, Folterungen, Verbrechen der Fürsten, Verbrechen der
Völker, Verbrechen der Einzelnen, ein Rausch von allgemeiner Grässlichkeit. Und
dieses widerliche Gemisch genießt der zivilisierte Mensch jeden Tag zu seiner
Morgenmahlzeit."
Man kann Baudelaire im Hinblick auf die Inhaltsangabe
von Zeitungen vielleicht sogar recht geben. Ich glaube aber, es ist keiner hier
im Haus mehr der Ansicht, dass Zeitungslektüre eine große Gefahr für den
Menschen darstellt! (Zwischenruf bei der
ÖVP.)
Vielleicht schaffen wir es letztlich gemeinsam, bei
der Beschäftigung mit Computerspielen ein bisschen weniger borniert zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Zum Wort gelangt Herr Abg Wolf.
Abg Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Die Elastizität der Geschäftsordnung erlaubt, beim
Thema Museen zwei andere Themen zu diskutieren, nämlich Musikschulen und Gewalt
verherrlichende Computerspiele. Dazu ein paar Bemerkungen.
Es wird einen gemeinsamen Antrag zum Problem der
Gewaltspiele geben, und es wäre schön, wenn es demnächst auch einen gemeinsamen
Antrag zur Verbesserung der Situation bei den Musikschulen gäbe! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich sehe zumindest bei den Oppositionsparteien
Übereinstimmung, dass hier Verbesserungsbedarf gegeben und man bereit ist,
das – wörtliches Zitat – „leidige Thema Musikschulen", wie mein
Vorredner soeben gesagt hat, endlich anzugehen. Daher frage ich mich, warum man
nicht auch in dem Bereich, in dem es um die musikalische Zukunft dieser Stadt
geht, nach breiter Diskussion und eventuell auch einer Expertendiskussion
versucht, dieses Problem mit einem gemeinsamen Antrag zu lösen.
Genau diesen Weg sind wir bei den Gewalt
verherrlichenden Computerspielen gegangen, und ich glaube, es war ein guter
Weg! Nachdem die Diskussion von uns initiiert wurde, haben sich Vertreter aller
Parteien unter Vorsitz der Frau Vizebürgermeisterin zusammengesetzt und dieses
Problem diskutiert. Es ist das wirklich ein Problem, auch wenn man sagen muss,
dass bloß fünf Prozent der Computerspiele Gewalt verherrlichenden Inhalt haben.
Jedenfalls wäre es naiv zu glauben, man könnte Gewalt einfach verbieten. Da ist
die Politik gefordert, sich andere Modelle einfallen zu lassen.
Insofern bin ich auch sehr
zufrieden, dass jetzt ein
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular