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Landtag, 9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 74

 

nicht, dass die ÖVP und die GRÜNEN ein bisschen etwas versprechen und den Leuten Hoffnungen geben, die nicht einzuhalten sind. Es ist schade. Man sollte gemeinsam für den neuen Markt in einem neuen Projekt etwas tun. Da fällt mir zum Abschluss noch ein Spruch ein: Diese Parteien schauen in diesem einen Fall nicht in die Zukunft, sondern leider in die Vergangenheit! Aber, meine Damen und Herren, Kollege Tschirf und Kollegin Gretner, auch die GRÜNEN, die massiv hinter dieser Kampagne stecken, Tradition heißt nicht, die Asche zu bewachen, sondern das Feuer neu zum Lodern zu bringen! - Danke. (Beifall bei der FPÖ)

 

Präsident Heinz Hufnagl: Eine kleine tatsächliche Berichtigung, Herr Kollege Dr Madejski: Die Standortpolitik der Bank Austria ist keine wesentliche Ursache für den Kundenrückgang am Landstraßer Markt. Das ehemalige Hauptgebäude der Zentralsparkasse, Vordere Zollamtsstraße, ist unverändert vollbesiedelt. (Abg Mag Wolfgang Jung: Eine tatsächliche Berichtigung ist nicht die Aufgabe des Präsidenten!) Allein ein kleiner Teil der Bahnhofsfläche, spiegelbildlich auf der anderen Seite des Landstraßer Marktes, ist auf Grund der schlechten baulichen Substanz und damit nicht mehr zumutbaren Arbeitsbedingungen von der Bank Austria reduziert worden. (Abg Mag Wolfgang Jung: Hört, hört!) Also der Landstraßer Markt hat allgemein und generell Kunden verloren. (Abg Mag Wolfgang Jung: Der Präsident redet über die Bank Austria! Das darf doch nicht wahr sein!) Es wäre ungerecht, das an der Standortpolitik einer einzelnen Firma festzumachen. (Abg Dr Herbert Madejski: Gibt es bei dir einen Schalter? Das habe ich doch gar nicht gesagt! - Abg Man Wolfgang Jung: Das ist unerhört! So etwas vom Präsidenten!) Ich kann das gerne noch mit Zahlen belegen, Kollege Jung.

 

Wir setzen fort mit der Frau Abg Cammerlander. Ich erteile ihr das Wort. (Abg Dr Herbert Madejski: Das ist unglaublich und vollkommen unnötig! Du provozierst mich!) Am Wort ist die Kollegin Cammerlander.

 

Abg Heidemarie Cammerlander (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zur Zeit läuft im Künstlerhaus ein Theaterstück, das heißt: „Mir samma mir. Mir samma mehr“. Als ich das gelesen habe, habe ich spontan an die Wiener SPÖ gedacht. Das scheint der Slogan, der Leitspruch, der Wiener SPÖ zu sein. Diese „Mir samma mir"-Fraktion erklärt der Wiener Bevölkerung, was sie unter Nahversorgung versteht. Nahversorgung ist für die SPÖ Einkaufszentrum, Einkaufszentrum, Einkaufszentrum, Einkaufszentrum, in jedem denselben Konzernmix und das war es. (Abg Dr Matthias Tschirf: Leider!) Argumentiert hat man das dann immer mit den so tollen und reichen Investoren, die Geld bringen, dass man da doch einfach gar nicht Nein sagen kann und dass alles ausfinanziert ist.

 

Es ist wirklich kein Wunder, wenn man sich nur mehr mit den großen Konzernen beschäftigt und nur mehr damit beschäftig ist, große Konzerne zu füttern, dass man die Interessen der Bevölkerung, der Klein- und Mittelbetriebe nicht mehr sieht. Nahversorgung für die Bevölkerung ist mehr als ein Einkaufszentrum, meine Damen und Herren, oder eine Shopping-Meile. Es benötigt eine kulturelle, eine soziale, ein kommunikative und eine integrative Nahversorgung, wenn sie den Bedürfnissen der Menschen entsprechen soll. Ein Ort, wo diese Nahversorgung noch funktioniert, ist noch die Landstraßer Markthalle. Sie ist Kommunikationsraum und sie ist ein gelebtes Integrationsprojekt. Obwohl Sie in den letzten Jahren wirklich alles getan haben, um diese Halle verwahrlosen zu lassen – sie ist wirklich grindig –, ist das vielfältige Angebot nach wie vor hervorragend, und auch Stammkunden sind ihrer Halle treu geblieben.

 

Eine renovierte Halle mit demselben Angebot würde auch wesentlich mehr neue KundInnen bringen, und dass Markthallen gewinnbringend arbeiten können, erweist sich am Beispiel der Innsbrucker Markthalle. Sie arbeitet mit Gewinn. Und wie ich bereits das letzte Mal gesagt habe, wo Sie dann gelacht haben, können umgebaute schöne Markthallen auch eine Touristenattraktion sein. Schauen Sie sich einmal die Markthalle in Budapest an, in Florenz, in Barcelona oder in Dresden! Alle diese Markthallen finden Sie auch in jedem Reiseführer.

 

Und noch ein Aspekt, der nicht unbeachtet bleiben darf. Es handelt sich hier immerhin um 60 kleine Handelsbetriebe, 300 Arbeitsplätze, ein frisches und buntes Angebot, und das alles in einer Halle, die vor Wind und Wetter geschützt ist. Das ist auch im gut versorgten Wien eine Rarität. Täglich steigen hier 180 000 PendlerInnen um und können sich schnell, einfach und günstig und viel lebendiger als in jedem Supermarkt mit Köstlichkeiten eindecken.

 

Der Landstraßer Markt kann wie kein anderer Markt das Prädikat Klimaschutzmarkt beanspruchen, denn dort braucht Mann/Frau wirklich kein Auto. Der Landstraßer Markt ist gelebte Integration. Beim Essen und bei bunten Marktstandln kommen Menschen aus aller Welt zusammen. Da ist immer Zeit für ein Plauscherl.

 

In Zeitschriften und auf Plakaten wirbt die SPÖ für Klimaschutz, gegen Feinstaub durch den Autoverkehr und für gelebte Integration. Es hat sich ein überparteiliches Komitee zur Rettung der Markthalle gegründet, und alle vier Oppositionsparteien des Bezirkes haben gemeinsam mit diesem Komitee eine Koalition mit der Bevölkerung gebildet. Und Herr Dr Tschirf hat sich geirrt, er hat nicht genaueste Zahlen. Es sind mittlerweile bereits 8 000 Unterschriften (Abg Dr Matthias Tschirf: Umso besser!) – 8 000! –, und ich bin überzeugt davon, es werden doppelt so viele. Dann können Sie sich entscheiden, was Ihnen wichtiger ist: das Wohlwollen der Bauträger Austria Immobilien oder doch die Anliegen der Bevölkerung.

 

Mit einem so massiven Widerstand haben Sie wahrscheinlich nicht gerechnet, obwohl es eine altbewährte SPÖ-Strategie ist, Tatsachen zu schaffen, möglichst bevor eine Reflektion seitens der BürgerInnen stattfindet. Überlegen Sie es sich! Reagieren Sie nicht mit einer Torschlusspanik, Herr Bürgermeister! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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