Landtag,
9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 74
aus Spiel- und Wettsalons,
aus Telefonshops, aus Fetzenläden, aus Kebap-Buden und so weiter aufweisen, ist
hausgemacht. (Abg Kurt Wagner: Vielfalt!)
Da können wir die Wirtschaftskammer genauso wie die SPÖ-Stadtregierung
nicht aus der Verantwortung nehmen. Statt öffentliche und halböffentliche
Einrichtungen genau in den betroffenen Gebieten und Bezirken, wo ein
sukzessives Abwandern oder Veröden der Nahversorgung ablesbar war, zu erhalten,
hat man gerade in diesen Bezirken zum Beispiel öffentliche Einrichtungen
zusammengelegt, was natürlich einen finanziellen und wirtschaftlichen
Hintergrund hat. Man hat aber nichts Neues angesiedelt, das etwa als
Frequenzbringer, und das ist ein ganz wichtiger Punkt, anzusehen wäre. Man hat
ausgedünnt und steht dann vor Geschäftsstraßen wie etwa jetzt der Thaliastraße
und ist einigermaßen hilflos, denn es liegt nicht nur an den Mitteln allein,
sondern es liegt natürlich auch an den strukturellen Problemen. Es liegt auch
an der Ansiedlung der Bevölkerung, denn wir können schon erleben, wo sich
kaufkräftige Bevölkerung angesiedelt hat, sind die Probleme entsprechend
geringer.
Meine sehr geehrten Damen
und Herren, es bedarf Anstrengungen aller Seiten, es bedarf aber auch einer
anderen Bewilligungspolitik und einer anderen Genehmigungspolitik, um die
Nahversorgung zu erhalten, wo nicht nur wichtig ist, dass ich die
Einkaufsgelegenheit möglichst in meinem Umfeld und somit auch einen
umweltpolitischen Aspekt habe, sondern dass ich eine Nahversorgung aus dem Bereich
von Handel, Gewerbe und Dienstleistungen im Grätzel behalte. Das ist auch ein
Aspekt der Arbeitsplätze für die Wienerinnen und Wiener und hat auch eine
soziale Komponente, die leider nach und nach ins Negative abdriftet, wenn man
etwa sieht, wie es mit dem Sicherheitsaspekt in diesen Vierteln ausschaut, wo
ich den von mir vorhin angeführten Branchenmix habe, der nach und nach zunimmt,
von eher dubiosen und minderwertigen Geschäften anstatt der
althergebrachten Nahversorgung im Bereich von Lebensmittel, von Kleidung und
dergleichen.
Präsident Heinz Hufnagl
(unterbrechend): Bitte zum Schluss zu kommen.
Abg Veronika Matiasek
(fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte
daher den Appell richten: Widmen wir uns auch dem Beleuchten der strukturellen
Probleme! Fassen wir das verstärkt ins Auge! Hier sind natürlich vor allem die
politisch Verantwortlichen von der Stadtregierung bis hin zu den Bezirken
angesprochen. Fassen wir es verstärkt ins Auge, auch Frequenzbringer gezielt
anzusiedeln, um unseren Geschäftsstraßen, unserer Nahversorgung wieder Leben
einzuhauchen! (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Heinz Hufnagl: Als nächste
Rednerin hat sich Frau Abg Dipl-Ing Gretner zum Wort gemeldet. Ich erteile es
ihr.
Abg Dipl-Ing Sabine Gretner (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich finde es doch einigermaßen traurig, dass zu
diesem spannenden Thema die Einleitung eigentlich nur ein Lamentieren war, wie
furchtbar alles ist. Von den bösen Großkonzernen aus Ihrem Mund zu hören, finde
ich auch relativ witzig. Es mangelt mir da auch, Frau Kollegin Matiasek hat es
angesprochen, an konkreten Reformvorschlägen. Wie die Situation ist, haben wir
schon oft genug besprochen, da sind wir uns als Oppositionsparteien relativ
einig. Aber was können wir konkret tun? Ich glaube, das ist die Frage, die wir
heute debattieren sollten.
Über die Reform der Wiener Bauordnung hinaus gibt es
weit wichtigere Maßnahmen, beispielsweise, dass es eine ernsthafte
Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern gibt. Da wäre auch Ihr
Landeshauptmann gefragt, da eine Achse Häupl/Pröll, die sich vielleicht das
eine oder andere ausmachen, da zu wenig ist, dass es zu einer verbindlichen
Zusammenarbeit kommt und man sich, wie beispielsweise in Deutschland, einigt.
Dort gibt es sehr vernünftige Modelle, dass man sich als Region begreift und
dass man sagt, wenn ein IKEA kommt und sich in einer Gemeinde ansiedeln will,
wo rundherum alle feststellen, dass das nachteilige Folgen hätte, man setzt
sich zusammen und sucht einfach den besten Ort für die Region und das gilt dann
auch.
So wie es bei uns derzeit gemacht wird, bestes
Beispiel Rothneusiedl, wo der Bürgermeister hier gestanden ist und gesagt hat,
was wir wollen, weil sonst machen halt die Niederösterreicher, ist kindisch! So
kann es nicht weitergehen, weil sonst wird die Grenze bald von beiden Seiten
mit Einkaufszentren zugepflastert sein und das wird unserer Nahversorgung wenig
nützen.
Es gibt noch andere internationale Beispiele,
beispielsweise in Großbritannien die so genannte Planning Policy Guidance. Da
wäre ich sehr neugierig, was die ÖVP dazu sagen würde, wenn wir das hier
ernsthaft diskutieren würden. Es handelt sich um eine gesetzliche Bestimmung,
welche der örtlichen Stadtverwaltung erlaubt, periphere Einkaufs- und
Fachmarktzentren in die Finanzierung vom gesamtstädtischen Town Centre
Marketing einzubinden. Das heißt, wenn am Stadtrand ein großes Einkaufszentrum
entsteht, müssten die eine gewisse Abgabe leisten, um eben in die Nahversorgung
im Zentrum zu investieren.
Beispielsweise gibt es in Bayern, was schon
angesprochen wurde, sogar die Parteistellung von Nachbarstädten. Da könnte man
zum Beispiel das Problem, das wir jetzt in Vösendorf mit diesem Bürohochhaus
haben, ganz anders lösen. Da müsste nicht unser Stadtrat über die Medien den
Niederösterreichern sagen, was er davon hält, sondern man könnte das ordentlich
ausverhandeln.
Was aber am Notwendigsten und am
Dringendsten gefragt wäre, wäre der Mut der Wiener Stadtplanung, zu unverträglichen
Projekten Nein zu sagen. Wieder Beispiel Rothneusiedl, wir wissen, dass derzeit
rund 350 000 m² Einkaufszentrumsfläche für Wien gewidmet sind. Wir
wissen, dass die Kaufkraft nicht so steigt wie diese Quadratmeterflächen. Wir
wissen die Leerstandsdaten von unseren Geschäftsstraßen. Beispielsweise gleich
um die Ecke, Lerchenfelder Straße, steht bei
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