Landtag,
9. Sitzung vom 30.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 74
was die rechtlichen Aspekte betrifft, einzuhalten
ist. Ich bin aber froh, wenn wir Menschen finden, die in der Stadt leben. Dann
können wir sie auch versorgen. Dann können wir mit ihnen auch dementsprechend
umgehen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Herzlichen Dank, Frau Stadträtin, für die
ausführliche Beantwortung. Damit ist die Fragestunde beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „Für den Schutz
der Wiener Nahversorgung vor dem EKZ-Wildwuchs auf der grünen Wiese - eine
Reform der Wiener Bauordnung ist notwendig!" verlangt.
Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der
Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte den Erstredner, Herrn Abg Dr Tschirf, die
Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn
Minuten begrenzt ist. Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Abg Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
In den letzten Wochen und Monaten war eines der
dringlichsten Themen, das auch in diesem Hause immer wieder diskutiert worden
ist, die Situation der Nahversorgung, damit auch der rechtlichen Auswirkungen,
die der Grund für diese Aktuelle Stunde sind. Nahversorgung heißt
Lebensqualität. Nahversorgung heißt auch, dass man möglichst angenehm einfach
barrierefrei einkaufen kann. Wir stellen nun fest, dass es in den letzten
Wochen in dieser Stadt Entwicklungen gibt, die genau in die umgekehrte Richtung
gehen.
Wir stellen fest, dass auf der grünen Wiese in
Rothneusiedl 120 000 m² Einkaufsfläche ohne eine entsprechende
Anbindung an den öffentlichen Verkehr gewidmet werden sollen. Es wird zumindest
zehn Jahre dauern, bis die U1 dort hinfährt. Das heißt, das Verkehrsaufkommen
mit Individualverkehr wird durch diese Maßnahme stärker werden. Auf der anderen
Seite schließt man einen Markt nach dem anderen. Mit der Landstraßer Markthalle
soll der nächste Streich noch in diesem Jahr erfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein
Anschlag auf die Konsumentinnen und Konsumenten dieser Stadt! Das ist ein
Anschlag auf die Nahversorgung und nicht nachvollziehbar! Man hat fast den
Eindruck im Zusammenhang mit der Landstraßer Markthalle, dass hier nicht nur
seit Jahren, eigentlich seit dem Bau dieser neuen Markthalle, die
SPÖ-verwaltete Stadt Wien alles daran gesetzt hat, dass diese Markthalle zuerst
verkommt und damit dann einen Grund hat, sie schließen zu können. Meine sehr
geehrten Damen und Herren, das ist ein Skandal, der nicht genug aufgezeigt
werden kann, weil es einfach unglaublich ist, wie hier mit den Konsumentinnen
und Konsumenten umgegangen wird und wie hier auch mit den Unternehmerinnen und
Unternehmern umgegangen wird! (Beifall
bei der ÖVP.)
An dieser Stelle gibt es seit 1865 Märkte,
gerade für den Bereich Fleisch, für Gemüse, für Obst. Nunmehr wird diese
Markthalle geschlossen. Die Argumente, die von Seiten der SPÖ, sowohl hier im
Gemeinderat, vom Bürgermeister, von GemeinderätInnen als auch von
Bezirksvorstehern, gebracht werden, sind nicht nachvollziehbar. Aber es geht
darum, es wird zugesperrt, es wird abgedreht, es werden einfach die Lichter
ausgemacht. Das ist das Verständnis der Wiener SPÖ zur Nahversorgung! Das ist
das Verständnis zu den Märkten! Mein Kollege Fritz Aichinger wird noch auf
andere Beispiele in dieser Stadt eingehen. Das, was Märkte sind, nämlich
Vielfalt, Möglichkeiten zum Auswählen, zum Gustieren, zum Aussuchen des Besten,
soll einfach wegfallen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Hinweis,
dass es eh den Rochusmarkt gibt, kann in diesem Zusammenhang nur ein schlechter
Scherz sein, weil wenn man heute schon den Rochusmarkt im Vergleich zum
Landstraßer Markt sieht, ist es so, dass dort teilweise Ketten sind und dass es
zum Beispiel im Fleischbereich keine Vielfalt gibt. Das heißt, dass diese
Vielfalt verloren geht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das
wirklich im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten, weil auf den Bahnhöfen
prinzipiell nur mehr ein Großer ist? Da könnten Sie sich auch andere Bahnhöfe
ansehen, beispielsweise vor Kurzem in Leipzig, wo selbstverständlich eine
Vielfalt an Angeboten in der Nahversorgung besteht. Bei uns ist es so, dass ein
Bahnhof offensichtlich einem Großen gegeben wird, wie es überhaupt in dieser
Stadt von Seiten der SPÖ so sein dürfte, dass die Großen alles bekommen und die
Kleinen, die vor allem auch die Wirtschaftskraft und die Arbeitskräfte dieser
Stadt sicherstellen, vernachlässigt werden. Das ist nicht unser Verständnis! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Beispiele Rothneusiedl und Landstraßer Markt
können hier entsprechend herangezogen werden. Es ist heute noch nicht zu spät,
für den Landstraßer Markt etwas zu tun, noch sind nicht alle Lichter
ausgeschaltet, noch sind nicht alle Rollbalken heruntergelassen, noch gibt es
die Möglichkeit umzudenken. Nur deshalb, weil offensichtlich klammheimlich
etwas mit irgendwelchen Großkonzernen hinten abgeschlossen worden ist, darf
doch das kein Grund sein, dass die Stadt zu Lasten der Konsumentinnen und
Konsumenten und der Unternehmer hier resigniert beziehungsweise diese verkauft,
weil anders kann ich das nicht interpretieren, was sich hier in den letzten
Wochen und klammheimlich offensichtlich schon vorher abgespielt hat.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren, das, was die SPÖ-Wien hier tut, ist, einen Beitrag zur
Politikverdrossenheit zu leisten! Aus den vielen Gesprächen, die ich gerade
immer wieder auf dem Landstraßer Markt in den letzten Wochen erlebe, ist das
Schlimmste die Ohnmacht, die die Bürger hier erleben, die Ohnmacht gegenüber
einer übermächtigen Stadtverwaltung, gegenüber mächtigen Konzernen und die
Ohnmacht, noch etwas gestalten zu können. Dann ist es kein Wunder, wenn die
Wahlbeteiligung, die in Wien nicht weit über 50 Prozent liegt, auf diese
Art und Weise noch weiter hinuntergesetzt wird. Meine sehr geehrten Damen und
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