Landtag,
7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 61
bei Migranten gibt. Gerade im Gesundheitsbereich sind Kommunikation, Aufklärung und Beratung betreffend medizinische Leistungen sehr wichtig, um auch Missverständnissen zwischen handelnden Personen vorzubeugen.
Deswegen haben wir von der ÖVP uns auch einiges
überlegt und haben uns auch mit Experten zusammengesetzt, und wir haben jetzt
einige Forderungen zu präsentieren. Ich könnte Ihnen das jetzt seitenweise
vortragen, mache es aber kurz, weil auch meine Redezeit sehr kurz ist. Meine
Damen und Herren! Tatsache ist, dass die Datenlage lückenhaft ist. Wir sind es
gewohnt, dass Wien beziehungsweise die SP-Stadtregierung aktuelle statistische
Daten nicht gerne zur Verfügung stellt, aber das muss sich diesfalls rasch ändern!
Bei Migranten sind epidemiologische Fakten wie
Lebensstil und Risikofaktoren sowie deren Zugang zum österreichischen
Gesundheitssystem gerade in Verbindung mit der sozioökonomischen Lage
systematisch zu erheben und zu verbessern. (Abg Dr Claudia Laschan:
Lesen Sie den Gesundheitsbericht!) Frau Kollegin! Sie sind ja Ärztin! Das sagen
Experten! Und wenn Sie sich Ihre Gesundheitshomepage anschauen, dann können Sie
feststellen, dass das dort auch steht!
Frau Kollegin! Nicht zuletzt auf Grund der gewonnen
Daten und der bekannten Unterversorgung müssen Information, Beratung und
entsprechende Möglichkeiten für Menschen mit Migrationshintergrund in Wien
ausgebaut und an die Bedürfnisse dieser Menschen angepasst werden.
In diesem Zusammenhang fordern wir auch eine
Good-Practice-Datenbank beziehungsweise eine Gesundheitsdatenbank, damit
österreichweit durchgeführte Projekte in Gesundheitsförderung, Prävention und
Therapie von MigrantInnen dokumentiert und auch der Fachöffentlichkeit
zugänglich gemacht werden.
Frau StRin Wehsely! Auch in diesem Bereich fordern
wir – Diversity hin, Diversity her – ein Diversity-Management. Das
von Ihnen so oft verwendete Schlagwort „Diversity“ sollte auch hier seinen
Niederschlag finden, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Diversity-Management sollte in allen
gesundheitsspezifischen Bereichen verwirklicht werden. Dies betrifft etwa die
Ausbildung des Personals, die multikulturelle Ausrichtung von Spitälern, den
Einsatz qualifizierter, psychologisch geschulter DolmetscherInnen und
mehrsprachiges Informationsmaterial. Wir haben schon vor einem Jahr auf dieses
Thema hingewiesen und einen Antrag eingebracht. Und ich glaube, Frau Korun hat
für die GRÜNEN auch einen Antrag in diese Richtung eingebracht. Und was ist
geschehen? – Nichts ist geschehen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte
meine Ausführungen hier noch lange fortsetzen und Ihnen den ganzen Tag
beispielsweise erzählen, was die Experten darüber sagen und was sie fordern.
Ich fordere Sie auf: Handeln Sie! Schreien nutzt
nichts! Sie sollen handeln! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Wagner. – Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Kurt Wagner
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau
Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren!
Zu Beginn möchte ich im Prinzip auf einige Beiträge
eingehen, bevor ich Ihnen ein paar Zahlen, Daten und Fakten zu dieser
Diskussion bringe. (Abg David Lasar: Es gibt ja keine!)
Herr Kollege Lasar! Sie haben in Ihrer Wortmeldung
sehr blumig darauf hingewiesen, dass Sie für verstärkte Kontrollen im
Gastronomiebereich auftreten. – Ich sage Ihnen: Es hat eine gesetzliche
Bestimmung auf Bundesebene gegeben, nämlich das Bazillenausscheidergesetz. Und
Sie werden nicht erraten, wann es abgeschafft wurde. – Im Jahr 2002 auf
Bundesebene! Das war eine Bundesbestimmung, die es jetzt nicht mehr gibt!
(Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Matiasek! Wenn
Sie uns hier erklärt haben, dass 80 Prozent der Erkrankungen in den
Haftanstalten zu verzeichnen sind, dann muss ich an Sie die Frage richten, ob
Sie überhaupt wissen, wie hoch diese Zahlen tatsächlich sind. – Ich werde
Ihnen ein bisserl auf die Sprünge helfen.
Meine Damen und Herren! Etwa ein Drittel der
Weltbevölkerung ist mit dem Tuberkuloseerreger infiziert, es kommt aber nur bei
10 Prozent der Fälle zu einer aktiven Tuberkulose. Bei 90 Prozent der
Infizierten löst die Infektion keine Symptome aus. Im Umkehrschluss ist auch
nicht jeder, der infiziert ist, gleichzeitig Überträger dieser Krankheit. Hier
geht es um die Begleitumstände.
Jetzt möchte ich Ihnen noch etwas dazu sagen: Wenn
man sich die Zahlen in Europa, in Österreich und in Wien anschaut, dann kann ich
feststellen, dass es bei uns im Prinzip sehr gut ausschaut. Ich habe die
Statistik der WHO da. Wir liegen bei den Erkrankungen – da hat Kollegin
Matiasek Recht – im Bereich der Europäischen Union genau in der Mitte. Und
bei den Neuerkrankungen sind wir die Vorletzten, haben also eine der
niedrigsten Neuerkrankungsziffern.
Jetzt nenne ich Ihnen die tatsächlichen Zahlen: Wir
hatten im Jahr 2003 in Wien 422 Fälle, im Jahr 2004 432 Fälle und im Jahr
2005 416 Fälle. Wir liegen genau bei 50 Prozent des Schnitts aller
Mitgliedsländer der Europäischen Union.
Wenn Sie jetzt gesagt haben, dass man den Eindruck gewinnen könnte, dass
die zuständige Magistratsabteilung die Hände in den Schoß legt, nichts tut und
wartet, was auf uns zukommt, dann darf ich Ihnen sagen: So ist das nicht! Ganz
im Gegenteil: Die MA 15, die dafür verantwortlich und zuständig ist,
leistet in diesem Bereich hervorragende Arbeit, und zwar nicht nur jetzt,
sondern schon in den vergangenen Jahren. Sie organisiert hauptsächlich die Umgebungsuntersuchungen
mit Unterstützung durch unsere Sozialarbeiter, weil wir, wenn es einen
Krankheitsfall gibt, verpflichtet sind, das Umfeld genau zu durchleuchten.
Allein im Jahr 2005 wurden 14 707 Röntgenuntersuchungen durchgeführt. Das
ist
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