Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 90
dem Bericht. Die Wiener UmweltanwältInnenschaft ist
wirklich sehr, sehr verdienstvoll, aber wenn man da als verdienstvollste
Geschichte hineinschreibt, sie haben einen Termin beim Bundespräsidenten und
einen bei Minister Pröll gehabt - das Verdienstvollste an der Wiener
UmweltanwältInnenschaft ist also, dass sie beim Bundespräsidenten und dann bei
Bundesminister Pröll angerufen haben und jeweils einen Termin bekommen haben -,
dann sage ich, wenn ich die Wiener Umweltanwältin wäre, würde ich sagen: Bitte,
lasst mich nächstes Mal aus dem Bericht draußen! - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Hatzl:
Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Stiftner. Ich erteile es ihm.
Abg Dipl Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Stadträtin oder Landesrätin!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der vorliegende Umweltbericht zeigt einmal mehr, wie
weit Fremd- und Eigenbild auseinander liegen können. Wir kennen ja dieses
Phänomen aus der Wirtschaftspsychologie, wo die Eigen- und die Fremdwahrnehmung
oft auseinander liegen, und da wird meistens eine Therapie oder auch einfach
nur ein aktives Zuhören empfohlen. Vielleicht klappt es ja heute von der
Opposition in Richtung Regierungsbank, dass wir hier einige Vorschläge heute
einbringen können.
Eines können wir gleich vorwegnehmen: Das viel und
oft benutzte Attribut, Wien sei eine Umweltmusterstadt, ist mit diesem Bericht
einmal eindeutig widerlegt worden. Was da gemacht wird, Frau Stadträtin, das
ist einmal mehr: Alte Hüte nehmen, sie schön analysieren, und zwar nicht nach
Umweltgesichtspunkten, nein, sondern man schaut nach, ob man sich mit diesen
Themen medial - also hier in einer Zeitung - gut ablichten lassen kann, ob man
das gut verkaufen kann, und dann wird ein solcher Punkt eben immer wieder in
einer auflagenstarken Zeitung adressiert.
Die wirklichen Umweltprobleme - Verkehrsüberlastung,
zusätzliche Lärmbelastung, damit Verlust an Lebensqualität, oder die
Grünraumverluste durch Zersiedelung - scheinen offensichtlich nicht wirklich
ein Thema zu sein. Damit haben wir auch das Problem, mit dem wir uns tagtäglich
in Wien als Wienerin und Wiener auseinander zu setzen haben. Jetzt weiß ich
schon, dass Sie sicherlich kräftig ihre Statistiken bemühen werden und dies
vorbereiten, oder Kollege Valentin tut das an Ihrer statt und wird sagen: Na
ja, die Lärmsituation hat sich seit 1983 da und dort wahrscheinlich um ein paar
Prozent verbessert. Oder - und das ist ja das Verwunderliche -: Feinstaub ist
ein Thema, das eigentlich ein slowakisches Thema ist und das nur importiert
wird. Oder dass das Müllproblem in Bombay, Kalkutta oder Bukarest noch größer
als in Wien ist. Das mag schon alles sein. Nur ändert das nichts daran, dass
wir hier in Wien immer mehr und mehr mit der Verkehrsbelastung zu kämpfen
haben, mit dem mangelnden Grünraum und entsprechendem grünen Konsum und mit der
immer schlechteren Lebensqualität, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Das führt natürlich dazu, dass viele Bürgerinnen und
Bürger Wiens den Wunsch haben, einfach die Stadt zu verlassen. Es ist ja nicht
verwunderlich, dass mehr und mehr der Grüngürtel um Wien herum zunimmt - also
der "Speckgürtel", wie man so schön sagt -, weil dort einfach die
Lebensqualität noch eine bessere ist. (Abg Jürgen Wutzlhofer: ...mit dem
Speckgürtel!) Was daraus resultiert, ist - in einer Analogie dazu, dass in
Wien eine Zwei-Klassen-Medizin existiert -, dass man so etwas wie eine Art
Elitewohnung in Wien hat. Da gibt es sozusagen ein paar Gruppen. Die eine
Gruppe kann es sich wirklich leisten, die exklusiven Lagen in Wien zu
besiedeln. Die einen gehen eben in die Restgebiete, wo es noch grün ist, die
anderen ziehen in ihre Penthäuser in Wien ein. Und die anderen, die weniger die
Möglichkeit dazu haben, sollen schlicht und einfach aus Wien abwandern, hinaus
in die Umlandgebiete.
Das Dramatische ist nur, dass dann all jene, die sich
das nicht leisten können, in Wien bleiben müssen, in jenen Gebieten, in denen
sie mit Lärm, Schadstoffen und Umweltbelastungen zu rechnen haben, und dass das
natürlich für die sozialdemokratische Fraktion vielleicht auch aus
wahltaktischen Überlegungen gar nicht ungelegen kommt, dass sozusagen der
Wiener Mittelstand, das Wiener Bürgertum dort, wo finanziell noch eine
Absiedlung ins Umland möglich ist, dann natürlich als wahlberechtigte
Wienerinnen und Wiener nicht mehr zur Verfügung steht. Dass das keine großen
Sorgen auslöst, kann ich mir vorstellen.
Nur, sehr geehrte Damen und Herren, Sie werden sich
sicherlich nicht darüber wundern, dass wir uns als Österreichische Volkspartei
einer solchen sozialen und auch stadtökologischen Entwicklung entgegenstellen müssen
und werden. Wir wollen eine sozial durchmischte Stadt, wir wollen nicht dort
die reichen Umlandbewohner und da die armen Stadtbewohner, die sich nichts
anderes leisten können. Denn wir wollen keine soziale Asymmetrie in Wien. (Beifall bei der ÖVP.)
Was Sie mit dem Thema provozieren, ist der tägliche
Verkehrsinfarkt, den wir hier jeden Tag empfinden und erfahren müssen. Denn es
entsteht folgende Situation: Dadurch, dass die Leute im Umland wohnen, werden
sie nach Wien einpendeln müssen, um ihre Arbeitsplätze wahrzunehmen. Damit
haben wir das Verkehrsproblem selbst verursacht, selbst induziert, und auch die
Anbindung der öffentlichen Verkehrsmittel lässt hier zu wünschen übrigen. Das
ist natürlich ein Thema, das auch auf die Umweltqualität in Wien Auswirkungen
hat.
Um aber nicht den Eindruck zu
erwecken, wir seien gegen alles - denn alle, die mit uns intensiver und
detaillierter zusammenarbeiten, wissen, dass wir als Österreichische
Volkspartei immer bemüht sind, jedes Thema sehr genau zu analysieren und da und
dort, wo es sinnvoll ist, auch mit Ihnen mitzugehen -, wollen wir unsere
Konstruktivität auch heute unter Beweis stellen - wir haben sie ja, im
Gegensatz zu Ihnen, auch im Wahlkampf nicht verloren -, dass nämlich einige
Punkte in diesem Bericht durchaus auch richtige Akzente setzen.
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