Landtag,
6. Sitzung vom 06.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 90
Sechs Jahre Schwarz-Blau heißt steigende Arbeitslosenzahlen. Im Jänner gab es in Österreich 380 000 Arbeitssuchende, die Wirtschaft wächst, das wurde auch erwähnt, aber der Slogan "Geht’s der Wirtschaft gut, geht´s uns allen gut" mutet angesichts dieser Zahlen und dieser Realitäten eigentlich etwas einseitig an, oder man könnte es auch zynisch nennen.
In anderen Worten: 14 Arbeitssuchende kommen auf
eine offene Stelle. Die Steuerreform 2005 mit einem Gesamtvolumen von
2,5 Milliarden EUR bestand nur zu 1,1 Milliarden in Form einer
Lohnsteuersenkung an die Arbeitnehmer, 1,4 Milliarden EUR sind in
Form von Gewinnsteuersenkungen an die Unternehmen gegangen.
Zusammengefasst gesagt, hat eine große Umverteilung
von Arbeit zu Kapital stattgefunden, noch einfacher ausgedrückt, die Armen und
der Mittelstand sind ärmer geworden und die Reichen reicher. Noch anders
ausgedrückt, vielleicht noch plakativer: Ein Prozent der Österreicher haben ein
Drittel des Vermögens, 10 Prozent haben zwei Drittel, also müssen sich die
restlichen 90 Prozent mit einem Drittel begnügen. Diese Zahlen sind nicht
irgendwo in einer Zeitung gestanden, sondern stammen aus dem Sozialbericht des
Sozialministeriums. Dieser Sozialbericht ist in einen so genannten Armutsbericht
und in einen Reichtumsbericht gegliedert.
Und diese Entwicklung, die ich jetzt kurz
zusammengefasst habe, findet natürlich auch bei den Wiener Sozialhilfeausgaben
ihren Niederschlag. Von 2000 bis 2005 hat sich das Budget von 89,8 auf
161 Millionen EUR nahezu verdoppelt, anders ausgedrückt, von
46 037 betroffenen Personen im Jahr 2000 auf
79 964 Personen, also fast 80 000 Personen im
Jahr 2005.
Mittels Richtsatzverordnung, die die Höhe der
Sozialhilferichtsätze jährlich anpasst, hat Wien die Sozialhilfe wesentlich
stärker als die restlichen Bundesländer erhöht, für Ehepaare und
Lebensgemeinschaften um 8,7 Prozent, für arbeitsunfähige
Dauerleistungsbezieher um 4,1 Prozent. Der Bundesländerdurchschnitt
beträgt 1 bis 2,5 Prozent.
Wien kümmert sich besonders um armutsgefährdete
Personen wie Alleinerzieherinnen und Mehrkindfamilien. Mit der vorliegenden
Wiener Sozialhilfegesetznovelle wird auch eine Gleichstellung zwischen so
genannten Haupt- und Mitunterstützten durchgeführt, und damit wird in der
Praxis eine Gleichstellung, nämlich eine finanzielle Gleichstellung der Frauen
erreicht, weil in der Praxis meistens Frauen die Mitunterstützten sind.
Und nun zu den umstrittenen Drittstaatsangehörigen.
Die Strache-FPÖ unterscheidet sich von der Haider-FPÖ weder im Inhalt noch im
Geschrei, vielleicht nur insofern, dass Strache nirgends dabei gewesen sein
will, nämlich bei der schwarz-blauen menschenfeindlichen Bundesregierung.
Tatsache ist, dass eine EU-Richtlinie die Gleichstellung von
Drittstaatsangehörigen in der Sozialhilfe verlangt.
Das ist mittels Verordnung bereits geschehen und wird
nun in ein Gesetz gegossen. Damit sind Menschen inkludiert, die einen
rechtmäßigen fünfjährigen Aufenthalt nachweisen können. Ich sage das in Richtung
FPÖ, weil da sind falsche Behauptungen aufgetaucht, die richtig gestellt werden
müssen. Es handelt sich um Menschen, die einen rechtmäßigen fünfjährigen
Aufenthalt nachweisen können, die eine ausreichende Unterkunft haben, die
krankenversichert sind, ein ausreichendes Einkommen haben beziehungsweise
hatten, keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sind und die
Integrationsvereinbarung erfüllen. Das sind nämlich die Voraussetzungen für
einen so genannten Daueraufenthalt in der EG.
Diese Menschen können zum Beispiel durch
Arbeitslosigkeit zu Sozialhilfeempfängern werden und es ist nicht einzusehen,
warum ein Mensch, der in Österreich Steuern, Abgaben, Sozialversicherung zahlt,
nicht in einer Notsituation Anspruch auf Sozialhilfe haben soll wie alle
anderen Menschen auch.
Ich habe jetzt das Beispiel Arbeitslosigkeit
gebracht, weil es mittlerweile so ist - und die Kollegin Korun hat das erwähnt
- dass Jobs so schlecht bezahlt sind, dass das Arbeitslosengeld so niedrig ist,
dass es unter dem Sozialhilferichtsatz liegt. Auch diese Entwicklung ist neu
und hängt mit Schüssels Politik zusammen. Auch das lässt sich in Zahlen
belegen. Schade, dass wir hier keine Videowand haben, weil da wäre es
eindrucksvoller. Da würde man nämlich sehen, dass die Zahl der
Dauerleistungsbezieher von 2000 bis 2005 gleich geblieben sind, auch die
Vollunterstützten, und die so genannten Richtsatzergänzungen sich mehr als
verdoppelt haben. Das sind nämlich die Menschen, die so wenig verdienen oder so
wenig Arbeitslosengeld bekommen, dass sie unter dem Sozialhilferichtsatz
liegen. Auch das ist die Leistung der mittlerweile abgewählten Bundesregierung.
Ein weiterer Punkt ist die Verankerung von
Fördermaßnahmen und Anreizen im Rahmen der Arbeitsintegration. Sozialdemokratische
Position ist, dass eine Integration in den Arbeitsprozess das oberste Ziel ist
im Sinne eines Rechts auf Arbeit. Wir wollen es nicht einfach hinnehmen, dass
ein bestimmter Prozentsatz der Menschen keine Chance auf einen Arbeitsplatz
hat. Wir unternehmen daher alles, alles Menschenmögliche nämlich, um eine
Integration in den Arbeitsmarkt zu erreichen, nicht durch Zwang, sondern durch
Anreize und Angebote.
Aus diesem Grund werden als Anreiz befristete
Dauerzuverdienstmöglichkeiten zur Sozialhilfeleistung eingeführt. Aber damit
ist es nicht getan, es wurden auch bereits Projekte gestartet, die vor allem
junge Menschen bei ihrer Arbeitssuche unterstützen sollen.
Das Projekt “Job-Transfer“ zum Beispiel bereitet in
seinem Trainingszentrum "Lernwerkstatt Jugendliche“ Jugendliche, die von
der Sozialhilfe abhängig sind, auf ihren Einstieg ins Berufsleben vor.
Ebenfalls an junge Sozialhilfebezieher richtet sich ein Beschäftigungsprogramm
namens "Jetzt". Hier erhalten junge Menschen die Möglichkeit,
Praktika zu absolvieren. Bei diesen Praktika stellt sich dann heraus, wo Wissen
nachgeholt werden muss, um die Jobchancen zu erhöhen und notwendige
Weiterbildungen werden dann über dieses Projekt "Jetzt" finanziert.
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