Landtag,
4. Sitzung vom 30.03.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 42
Genauso haben Sie die Arbeiterinteressen verkauft und
verraten und ich sage das heute hier, weil das Ihr Handeln gewesen ist. Die
Streikkasse als Sicherheit herzunehmen ist wirklich letztklassig und ich sage,
die Gründungsmitglieder der Gewerkschaftsbewegung drehen sich im Grab um, wenn
sie heute sehen könnten, wie die Sozialdemokratie nichts mehr mit sozial zu tun
hat, sondern degeneriert ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gelangt Herr Abg Tschirf. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Der BAWAG-Skandal ist ein Sittenbild der heutigen
SPÖ. Und wie Sie hier sitzen, nämlich dass weder der Bürgermeister noch der
Finanzstadtrat bei diesem Thema anwesend ist, ist auch ein Skandal und ein
Zeichen, wie die SPÖ mit dieser Frage umgeht. (Beifall bei der ÖVP.)
Karl Renner hat einmal davon gesprochen, dass die
Arbeiterbewegung eine Dreieinheit ist und aus Partei - der SPÖ -, Gewerkschaft
und Genossenschaft besteht.
Wie sieht die Situation heute aus: Die SPÖ hat den
Konsum ruiniert und ist gerade dabei, die Gewerkschaft, den Gewerkschaftsbund
nachhaltig zu beschädigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für jemanden
wie für mich, der jahrzehntelang Mitglied des ÖGB ist, der selbst einmal eine
ehrenamtliche Funktion im ÖGB innegehabt hat, ist das tatsächlich etwas, was
bedrückt und es ist einfach ein Skandal, wie hier die SPÖ mit diesem Erbe
umgeht. Das müssen Sie verantworten, vor allem vor Ihren Mitgliedern. (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich habe immer Respekt gehabt, gerade vor den
sozialdemokratischen Gewerkschaftern, aber ich habe keinen Respekt vor der
Vorgangsweise des Arbeiterkammerpräsidenten Tumpel, eines
Arbeiterkammerpräsidenten Tumpel, der gleichzeitig gegen Liberalisierung und
Globalisierung wettert, und was macht er, ja, was macht er! Er ist Vorsitzender
des Aufsichtsrates der BAWAG und stimmt hochgefährlichen Spekulationen mit
Geldern der Gewerkschaft zu. Das ist ein Skandal, meine sehr geehrten Damen und
Herren. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Christian Oxonitsch: Aber die
ÖVP-Aufsichtsräte auch!)
Und wissen Sie, wer damals die Aufsicht gehabt hat?
Im Finanzministerium war es ein sozialistischer Finanzminister, nämlich
Edlinger, und in der Nationalbank war es noch einfacher, da war es die eigene
Frau.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hängt das nicht
auch zusammen mit der Situation des Zusammenbruchs des Konsum 1995? War es
nicht so, dass es vielleicht notwendig war, irgendwo Geld aufzustellen? Aber
irgendwie erinnert die Vorgangsweise des BAWAG-Vorstandes, des Aufsichtsratspräsidenten
Tumpel, an jemanden, der sein Haus einfach verloren hat, weil er nicht
entsprechend mit Geld umgegangen ist und dann sein Sparbuch nimmt, ins Casino
geht und glaubt, im Casino wieder das Haus zurückgewinnen zu können. Wir
wissen, wie das endet und es hat auch bei der BAWAG so geendet. (Beifall bei
der ÖVP.)
Ich frage mich nur, was hat die SPÖ-Spitze in den
letzten zehn Jahren getan, und was hat die SPÖ-Spitze insbesondere davon
gewusst. Ist wirklich SPÖ-Spitze das, was am 1. Mai mit dem Tücherl vorne
auf der Tribüne steht und herunterwachelt und dann wieder zurückfährt ins
Penthouse? Ist das von der Sozialdemokratie geblieben? Das muss ja vielen der
kleinen Funktionäre weh tun und ich bin überzeugt, dass das auch einigen der hier
Sitzenden in der SPÖ in ihrem Herzen weh tut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Präsident
Tumpel hat in der Vorstandssitzung der Wiener Arbeiterkammer am Montag
keinerlei inhaltliche Auskunft darüber gegeben, wie tatsächlich die Situation
während seiner Tätigkeit als Vorsitzender des Aufsichtsrats der BAWAG gewesen
ist. Er verweigert beharrlich die Beantwortung mehrerer Fragen, wie denn das im
Jahre 1995 gewesen ist, als er, obwohl es die BAWAG 1994 wirklich
treuherzig gesagt hat, “das machen wir nicht mehr, dass wir mit
Karibik-Geschäften spekulieren“, diese Geschäfte wieder aufgenommen hat, und
was hat Präsident Tumpel tatsächlich dazu beigetragen, dass die Verluste in
Grenzen gehalten worden sind.
Präsident Johann Hatzl
(unterbrechend): Sie haben noch eine
halbe Minute Sprechzeit!
Abg Dr Matthias Tschirf
(fortsetzend): Und wenn er davon
spricht, dass es nicht klar ist, dass hier Verluste eingetreten sind, allein
das ist ja ein Skandal! Er weiß es nicht, es interessiert ihn nicht, und das ist
die Situation.
Und noch eine Bemerkung zum Herrn Bürgermeister, der
leider nicht anwesend ist: Warum er dem Gewerkschaftspräsidenten, der den
Streikfonds, das heißt, das Allerheiligste der Gewerkschaft, so einfach
verpfändet, den Maria-Theresien-Orden verleihen will, verstehe ich nicht. Ist
es tatsächlich nur dafür, dass der ehemalige Gewerkschaftsbundpräsident
schweigt? Das wäre ein weiterer Skandal in dieser Geschichte.
Das, was wir von der SPÖ verlangen, ist, dass sie
dafür sorgt, dass ihre Funktionäre dafür sorgen, dass sich das alles ändert.
Wir verlangen, dass es eine Neuorganisation eines tatsächlich überparteilichen
Gewerkschaftsbundes gibt, eines unabhängigen Gewerkschaftsbundes…
Präsident Johann Hatzl:
(unterbrechend): Zum Schlusswort,
bitte.
Abg Dr Matthias Tschirf
(fortsetzend): …eine Entflechtung
und eine Entschuldigung der SPÖ bei den Gewerkschaftsmitgliedern und bei den
Sparern der BAWAG. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Johann Hatzl:
Die nächste Wortmeldung ist von Frau Abg Frauenberger.
Abg Sandra Frauenberger (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr
geehrter Herr Präsident!
Es gibt in der Sache BAWAG nichts
schön zu reden, und wenn Sie das von mir als Sozialdemokratin, aber auch als
Gewerkschafterin, erwarten, dann muss ich Ihre
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