Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 79
auch durch den Tod des Ehepartners entstehen, widmen muss, damit die davon betroffenen Kinder bestmöglich unterstützt und versorgt werden können, dann deckt sich das, was hier steht, mit dem, was auch von der Jugendanwaltschaft in ihrem Bericht durchaus als Problem identifiziert wird, und zwar als nicht zu kleines Problem identifiziert wird.
Der Wiener Landtag ist zwar ein gesetzgebendes
Gremium – das ist er, das ist er formal –, aber er ist natürlich auch ein
politisches Gremium, er ist ein Gremium, das über politisches Wollen debattiert
und dieses politische Wollen dann schlussendlich auch in Gesetzesform gießt.
Sie alle kennen die Verfassung gut genug, um zu wissen, dass dies verschiedene
Wege nehmen kann, wie es dann schlussendlich zu einem derartigen Gesetz kommen
kann. Man kann hier einen fixfertigen Gesetzesantrag vorlegen, man kann aber
auch, so wie das in der heutigen Form geschehen ist, einmal eine grundsätzliche
Initiative einfordern. Und im Wiener Landtag geht das eben ausschließlich in
Richtung der Forderung nach Vorlage eines entsprechenden Gesetzes.
Dass derartige Gesetze möglich sind – das ist ja kein
Unikat, das wir hier für Wien fordern –, haben ja andere Landtage schon
bewiesen. Selbstverständlich kann man derartige Gesetze formulieren,
beschließen und dann, so hoffe ich zumindest, auch leben. Also ist es eine
Frage des politischen Wollens, um die es hier geht, und wir signalisieren Ihnen
mit diesem Dringlichen Antrag, dass wir dieses politische Wollen haben, dass es
uns ein wichtiges Wollen ist.
Und wenn hier gesagt wird, man versteht dieses Wollen
nicht, dann bin ich gerne bereit, das für Sie ein bisschen umzuformulieren in
vielleicht andere, Ihnen vertrautere Begriffe, die Ihnen aus früheren Debatten
her schon bekannt sind. Wenn also hier eingefordert wird, Beziehung der
Familienmitglieder zueinander zu festigen, was ist denn das anderes als sich
mit einem, wenn Sie so wollen, Strukturproblem in Familien auseinander zu setzen,
das sich äußert in innerfamiliärer Gewalt, Gewalt gegen Kinder, Gewalt gegen
Frauen, Gewalt von Kindern untereinander; auch das ein nicht zu
unterschätzendes Problem innerhalb der Familie, aber auch außerhalb der Familie
selbstverständlich.
Also Beziehungen der Familienmitglieder zueinander zu
festigen, die Solidarität in dieser kleinsten Form der Gesellschaftseinheit
einzumahnen und sich zu überlegen, wie es besser werden kann – ich kann daran
an sich nichts erkennen, was man hier mit spöttischen Worten abtun kann.
Oder: Die Verantwortung der Familie gegenüber der
Gesellschaft stärken. Der Kollege Barnet hat das vorhin wortreich erklärt, aber
ich darf das nur in kurzer Form noch einmal wiederholen. Wie ist es denn mit
dem Umgang mit der älteren Generation? Wir alle wissen doch in Wahrheit, dass
die Art der Vorsorge, der Betreuung, wie wir sie derzeit kennen – der
Betreuung, weniger der Vorsorge –, enden wollend ist, dass einfach die
Kapazitäten, die wir von der öffentlichen Hand aus zur Verfügung stellen
können, nicht mit dem Schritt halten, wie wir sie in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten benötigen werden. Das verlangt ganz einfach auch nach einem
veränderten Verhalten innerhalb der Gesellschaft, und hier wird man natürlich
auch wieder auf die Familienstrukturen zurückgreifen. Ob das jetzt dem Einzelnen
gefällt oder nicht, diese Frage wird sich gar nicht stellen, es wird so sein.
Die Frage ist, wie man die Familien darauf vorbereiten kann, das bestmöglich zu
machen. Dass es derzeit die wenigeren machen wollen, ist ja wohl an Hand der
Zahlen evident.
Der Familie eine angemessene Lebensführung zu
er-möglichen. – Ich erinnere an die Diskussion, die wir hier herinnen führen,
und die Forderung nach einem Armutsbericht. Also die Armut der Familien in der
Stadt ist ein Thema. Sie kommt ja auch in diesem Bericht der Kinder- und
Jugendanwaltschaft vor.
Also es sind allesamt Themenbereiche, die sehr wohl
ihre existenzielle Berechtigung hier im politischen Diskurs in dieser Stadt
haben.
Und warum ein Gesetz? Weil ein Gesetz einfach einmal
die Grundlage schafft, Rechtsansprüche einzumahnen. Es macht nun einmal einen
Unterschied, ob ich hier einen Beschluss des Gemeinderates habe, oder ob ich
mich unmittelbar auf ein Gesetz beziehen kann, ein Gesetz, das Rechtssicherheit
gibt für beide Seiten, für denjenigen, der den Rechtsanspruch hat, und für
denjenigen, der den Rechtsanspruch dann zu verwirklichen hat, denn er muss ihn
ja dann auch dementsprechend budgetmäßig und mit sonstigen Kapazitäten
versehen, bedecken in der Umsetzung, in der Vollziehung. Das macht einen Unterschied.
Ich verstehe schon, dass Sie ein derartiges Gesetz nicht haben wollen, weil Sie
sich natürlich sagen, wenn wir uns hier ein derartiges Familienförderungsgesetz
auferlegen – Sie mit Ihrer absoluten Mehrheit werden das wahrscheinlich so
sehen –, dann binden Sie sich natürlich. Und ich sage Ihnen ganz offen: Jawohl,
wir wollen das haben, dass Sie in diesem Bereich selbstverständlich auch hier
an die Wahrnehmung eines entsprechenden Familienförderungsgesetzes gebunden
sind.
Ich meine, es wundert mich fast, dass Sie die
Notwendigkeit eines derartigen Gesetzes überhaupt grundsätzlich hier in Zweifel
ziehen. Wenn Sie darauf verweisen, dass es verschiedene Sozialleistungen hier
in der Stadt gibt, und die Notwendigkeit eines Gesetzes in Abrede stellen,
würde ich einmal meinen, da werden zwei Dinge grundlegend miteinander
verwechselt.
Wir werden dann bei der weiteren Debatte rund um den
Kinder- und Jugendanwaltschaftsbericht noch Gelegenheit haben, uns hier mit der
einen oder anderen Fragestellung im Detail auseinander zu setzen, wobei sich
natürlich in diesem Zusammenhang die Frage stellt – und es ist durchaus gut so,
dass sich die Frage stellt –: Was für einen gesellschaftlichen Familienbegriff
haben wir denn? Da wird es unterschiedliche Definitionen geben, und ich glaube,
auch das ist gut so. Dazu soll man sich bekennen, dass es ein unterschiedliches
Verständnis von dem gibt, was man als Familie versteht.
Wenn wir – und da komme ich auf
die Problematik
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