Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 79
der Scheidungen zu sprechen – aus der Statistik entnehmen können, dass in Österreich 44 Prozent aller Ehen geschieden werden – in Wien sind es 55 Prozent –, dann ist das einmal eine nackte Zahl, und diese nackte Zahl kann man unterschiedlich verwenden. Man kann sie zu einem deuten als Ausdruck eines durchaus notwendig gewordenen Reformprozesses innerhalb der Gesellschaft, nämlich die Auflösbarkeit der Ehe zu ermöglichen. Das war auf alle Fälle eine gesellschaftliche Errungenschaft, dass dies auf einer rechtlichen Basis möglich geworden ist. Aber nicht nur die Auflösung der Ehe, sondern damit einhergehend auch die Versorgung derjenigen, die sonst aus dem traditionellen Eheverständnis heraus eben innerhalb der Ehe mitversorgt worden sind.
Aber das, was man dabei wahrscheinlich zu wenig
mitbedacht hat, war, wie es denjenigen geht, die von dieser Ehescheidung auch
mit betroffen sind. Wie geht es den Kindern, wie geht es den Jugendlichen, die
in diesen Familien leben?
Ich möchte meine Zeit hier im Landtag gerne dafür
verwenden, aus diesem Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft noch einen
Punkt besonders hervorzuheben. Es gibt in diesem Bericht auf den Seiten 8
und 9 – Sie haben den Bericht ja alle vor sich –: Was wünschen sich Kinder bei
Trennung? Die Punkte, die hier aufgezählt werden – abgedruckt mit freundlicher
Genehmigung der Autorin Karin Jäckel; die soll man hier durchaus zitieren –,
sind meines Erachtens samt und sonders geeignet, uns einmal aus Sicht der
Kinder Denkanleitung zu geben, wenn wir darangehen, gesellschaftspolitische
Weichenstellungen vornehmen zu wollen, wie dann diejenigen möglicherweise
reagieren, die von den Auswirkungen betroffen sind.
Ich bin
mir sicher, dass es zu einem Familienförderungsgesetz kommen wird, weil Sie
werden das tun, was Sie natürlich immer schon getan haben, Sie werden Vorstöße
der Opposition ablehnen. Gestern habe ich aus einer entsprechenden
Ausschussbegebenheit zitiert, mit welcher Begründung Sie das ablehnen. Ganz
einfach, weil es von einem politisch anders Denkenden kommt, wird es bei aller
inhaltlichen Zustimmung rein grundsätzlich von Ihnen abgelehnt. Trotzdem, ich
bin mir sicher, dass Sie, und es wird nicht lange dauern, ein derartiges
Gesetzesvorhaben hier präsentieren werden, ganz einfach, weil es auch eine
Frage des politischen Wettbewerbes sein wird. Und Sie werden es sich nicht nehmen
lassen können, hier in diesem Bereich Ihre eigenen Vorstellungen zu
präsentieren, weil es schlussendlich auch gesellschaftspolitische Ideen und
Modelle sind, die Sie hier zu Papier bringen werden. Daher bin ich mir sicher,
dass wir, möglicherweise auch auf Basis eines Entwurfes, der sogar noch von der
Frau StRin Laska kommen wird, in der Lage sein werden, hier über
Familienförderung in Wien enden wollend zu debattieren. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Mag Heidemarie Unterreiner:
Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Besprechung des Dringlichen Antrags ist
somit beendet.
Diesen Antrag weise ich zur weiteren Behandlung der
Frau amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information
und Sport zu.
Wir kehren zurück zum Tätigkeitsbericht 2003/2004 der
Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien an den Wiener Landtag.
Wir haben um 16 Uhr unterbrochen bei der Frau
Abg Sommer-Smolik, und als Nächster ist Herr Abg Dr Aigner am Wort.
Abg Dr Wolfgang Aigner (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau
Landeshauptmann-Stellvertreterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Wiener Volkspartei wird den Bericht der Kinder-
und Jugendanwaltschaft zustimmend zur Kenntnis nehmen. Wir sind ob der Fülle
der Vorschläge und der Ausgewogenheit auch der Berichterstattung durchaus in
der Lage, das mitzutragen. Was natürlich nicht bedeutet, dass man mit jeder
Forderung im Einzelfall dadurch ein-verstanden ist. Aber es ist das gute Recht
und auch die Aufgabe einer Kinder- und Jugendanwaltschaft, eben Anwalt für
Kinder und Jugendliche zu sein.
Und gestatten Sie mir diese persönliche Bemerkung am
Beginn meiner Ausführungen: Es ist mir viel sympathischer, darüber zu sprechen,
wie Wien noch kinderfreundlicher und jugendfreundlicher werden kann, als darüber
zu reden, was man mit ungewollten Kindern macht. Und ich glaube, das sollte ein
positiver Ansatz sein, und insofern bin ich auch den Ausführungen meiner
Kollegin Barbara Feldmann dankbar, die festgestellt hat, dass wir alles in
unserer Macht Stehende tun sollen, um Wien zu einer Stadt zu machen, in der
Kinder nicht als Last und Belästigung angesehen werden, sondern als
Bereicherung, und dass Kinder und Jugendliche die Zukunft unserer gesamten Gesellschaft
sind, soll ja nicht nur Standpunkt der Kinder- und Jugendanwaltschaft sein,
sondern auch unser gemeinsamer Standpunkt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine
Damen und Herren! Wenn man sich den Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft
anschaut, dann kann man einige Forderungen herausgreifen und sie sozusagen zum
Gegenstand der Berichterstattung und der Diskussion machen, ohne jetzt andere
Dinge, die ebenso wichtig sind, hintanzustellen. Ich möchte mich darauf
beschränken, dass auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft fordert, dass wir ein
ausgebautes Kindertagessystem brauchen, dass wir Kindergartenplätze brauchen,
dass wir die Forderung nach Qualitätssicherung auch bei Kindergärten beachten
müssen, weil eben dort unsere Jüngsten entsprechend betreut werden, dass es
auch pädagogische Standards für Kindergärten geben muss und dass es einen
Rechtsanspruch auf einen Kindertagesheimplatz mit oder ohne
Integrationsmaßnahmen geben soll.
In diesem
Sinne darf ich namens meiner Fraktion einen Antrag einbringen gemeinsam mit
meiner bereits zitierten Kollegin Barbara Feldmann:
„Der Wiener Landtag möge
beschließen, dass wir uns dafür aussprechen im Sinne des Berichtes der Kinder-
und Jugendanwaltschaft, einen Rechtsanspruch
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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