Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 79
Novak. Das tut man nicht. Das tut man nicht, selbst wenn man es glaubt, dass es so ist, man tut es nicht.
Ich verstehe das, dass die
Freiheitlichen jetzt diesen Antrag einbringen. Die Frau Kollegin Jerusalem hat
gesagt, sie wollten das Thema an sich ziehen, weil es andere auch besetzen, was
ja eigentlich komisch ist, dass jeder versucht, die Familie zu besetzen, obwohl
sie nicht wirklich alle wollen, zumindest einige, die heute Wortmeldungen
abgegeben haben.
Man könnte sagen, er ist
vielleicht etwas schnell geboren, dieser Antrag. Er fordert die Exekutive auf,
der Legislative ein Gesetz vorzulegen, weil Teile dieser Legislative, obwohl
sie fünf ausgezeichnete Juristen haben, selbst nicht in der Lage sind, in
kurzer Zeit – das gebe ich zu, in zwei Tagen ist das schwer – ein Gesetz zu
schreiben. Gut.
Wir lassen das, bleiben
aber dabei, dass die Dringlichkeit trotzdem besteht. Ich will mich nicht mit
den Fragen des Antrages an sich beschäftigen, sondern mit der Dringlichkeit.
Warum? Dringlich ist er sehr wohl, weil Wien im Gegensatz zu vielen anderen
Bundesländern, nämlich fast allen, kein Familienförderungsgesetz hat. Was nicht
heißt, dass es nicht familienfördernde Maßnahmen gibt, wenn ich den strengen
Blick der Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin sehe.
Aber, Kollegin Novak –
auch wenn Sie sich in der Bankreihe unterhalten, ich habe Ihnen zuerst
zugehört, und ich würde mir wünschen, dass Sie mir auch zuhören (Abg Barbara
Novak: Ich höre ja zu!), weil ich Ihre Meinung schätze –, stellen Sie sich
vor, man würde Gleiches über das Gleichbehandlungsgesetz sagen, wir würden
sagen, das brauchen wir nicht, denn wir haben lauter gleichbehandelnde
Maßnahmen. Das ist überall irgendwo verschieden verteilt, aber
Gleichbehandlungsgesetz brauchen wir keines. (Abg Martina LUDWIG: Wir haben
ja eines! Wir haben ja ein Gleichbehandlungsgesetz! Das ist ein Unterschied!)
Ich sage nur, stellen Sie sich eine solche Argumentation vor. Die würde man ja
auch verwerfen. Deswegen gibt es ja im Bund ein Gleichbehandlungsgesetz.
Für die Familien ist der
Bund nicht zuständig, sondern die Länder, und deswegen haben andere Länder ein
Familienförderungsgesetz. (LhptmStin Grete Laska: Das ist ein Irrtum, denn
es gibt ein Bundesrahmengesetz!) Ich habe ja nicht gesagt, dass es da kein
Rahmengesetz gibt, ich habe gesagt, es ist grundsätzlich Aufgabe des Landes,
und deswegen haben andere Länder oder fast alle anderen Länder ein
Familienförderungsgesetz. (LhptmStin Grete Laska: Aber es gibt so ein
Rahmengesetz! Nur damit dieser Irrtum nicht so stehen bleibt!) Ja, aber das
ist ja nicht eigentlich das Problem, das Problem ist ja, dass wir keines haben,
Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin, und das ist die Sache, über die man
diskutieren sollte. Aber vielleicht reden Sie ohnehin nachher. Ich habe viel
Zeit, aber lassen Sie mich trotzdem versuchen, die Argumente weiter auszuführen.
Kollegin Jerusalem – wo
ist sie; nein, sie beteiligt sich auch nur an der Debatte und verschwindet
dann; na gut, das ist auch ein höflicher Akt – sagt, Wien ist eine
kinderfreundliche Stadt. Ja, aber das kann sie nur sein für die, die Kinder
haben, für die, die keine Kinder haben, kann die Stadt nicht kinderfreundlich
sein. (Abg Erika Stubenvoll: Das ist eine Argumentation!) Das ist ja
logisch. Wenn ich keine Kinder habe, kann ich es nicht als kinderfreundlich
empfinden, außer ich kümmere mich ständig um andere Kinder.
Und damit bin ich beim
Familienbegriff. Wenn die Kollegin Jerusalem ein Problem damit hat... (Abg
Erika Stubenvoll: Wo ist da die Logik?) Ja, ich weiß, dass die
Gesetzmäßigkeiten der Logik schwierig sind für jemanden, der sich nicht mit Philosophie
beschäftigt, aber ich bleibe dabei. Wenn die Kollegin Jerusalem ein Problem mit
dem Familienbegriff hat, den wir in unserem Antrag eingebracht haben, dann lade
ich sie ein, einen anderen zu finden, der Zuweisung des Antrages zuzustimmen,
sich zu überlegen, wie der Familienbegriff anders definiert sein könnte, andere
zusätzliche Vorschläge einzubringen über Familienförderungen. Ich halte das für
interessant. Wir haben ja nicht die Weisheit gepachtet. Kein Mensch hat das.
Die Pluralität soll das zeigen.
Aber wir sollten nicht die
Debatte abwürgen und sagen, wir brauchen keine Familienförderung, denn wir leben
gesellschaftlich auf zwei Ebenen. Und das wäre so ein bisschen der Ansatz der
Sozialdemokratie und der Grünen.
Bei uns gibt es das Individuum, da ist für alles Vorsorge zu tragen, und dann
gibt es das große Kollektiv, und da ist auch für alles Vorsorge zu tragen. Und
alles, was dazwischen ist – in der englischen Philosophie heißt es die
Korporationen –, also die Vereine, die Verbände, die Familie oder sonst was,
die brauchen wir nicht, für die bedarf es keiner besonderen Werthaltung und
keines Maßnahmenkatalogs.
Ich halte das für falsch.
Das ist ein gesellschaftlicher Zugang, der sich nicht bewährt hat. Der endet –
ohne das vorwerfen zu wollen –, wenn man ihn logisch durchdenkt, Frau
Präsidentin, immer im Totalitarismus. Wenn es nur zwei Ebenen gibt, Individuum
und Kollektiv, und nichts dazwischen, so hat das in der Historie, in der
Geistesgeschichte immer im Totalitarismus geendet. Und das lehne ich ab.
Deswegen sollte man sehr ernsthaft – und deswegen bin ich trotzdem dankbar für
den Antrag – über die Frage der Familienförderungsmaßnahmen diskutieren.
Kollegin
Novak – sie ist wieder entschwunden; es schadet ihr offenbar, wenn man darüber
redet –, Sie führen – vielleicht richtet es ihr irgendwer von der
Sozialdemokratie aus oder sie liest es nach – die Wohnbauförderung an. Na, so
herrlich für die Familien ist die nicht. Die Wiener Wohnbauförderung für
Familien. (Abg Martina LUDWIG: Wann hat sie den Begriff "Wohnbau"
verwendet?) – warten Sie, ich komme gleich darauf; warten Sie – zielt
darauf ab – damit sind wir wieder beim Mutterkreuz von der Kollegin Jerusalem
–, wie viele Kinder man hat im Bezug auf sein Einkommen und nicht auf die
Frage, ob man eine Förderung dafür bekommt, Wohnraum für Kinder zu schaffen.
Denn nach den Wiener Wohnbauförderungsrichtlinien braucht man bei einem
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