Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 79
andere Studien und andere Beispiele bringen. Es gibt
genügend Pro und Kontra für Wien. Tatsache ist, wir stehen nicht am Abgrund,
das ist überhaupt keine Frage, aber der SPÖ-Bummelzug in Wien ist in den
letzten Jahren ein wenig ins Stottern gekommen, und die Wiener Wirtschaft
bräuchte dringend wieder eine neue und kräftige Lokomotive. (Beifall bei der ÖVP.)
Wichtig wäre vor allem einmal, meine Damen und Herren
von der SPÖ, dass Sie bereit sind zu akzeptieren, dass eben nicht alles paletti
ist in der Wiener Wirtschaft. Die Wiener Wirtschaft ist gerade durch dieses
Negieren der Realität gefährdet. Eine Vogel-Strauß-Politik im heutigen
Verdrängungswettbewerb der Städte und Regionen kann letzten Endes fatal für den
Wohlstand einer Region ausgehen.
Positive Beispiele, dass es auch anders gehen kann,
dass auch kleine und größere Kommunen etwas tun können, gibt es genug. Beginnen
wir mit Gänserndorf an unserer Nordgrenze, das durchaus eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik
mit einem eigenen Produktionsstättenansiedelungsprogramm fährt, bis hin zu
München, wo im Gegensatz zu Wien eine ganz andere Entwicklung herrscht. Klammer
auf: Ich will jetzt nicht die Diskussion über die Arbeitsplätze und Zahlen hier
hereintragen – das haben wir schon oft genug bei anderen Beispielen gemacht –,
aber Sie wissen, unsere Produktionsarbeitsplätze in Wien sind in den letzten
30 Jahren von 228 000 auf 90 000 gesunken und in München im
gleichen Zeitraum gestiegen. Klammer zu. Das muss einen Grund haben. Wieso
liegt München da besser als Wien, meine Damen und Herren? Diese Analyse müssen
wir endlich einmal angehen. (Beifall bei
der ÖVP.)
Maßnahmen und Ideen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
gibt es ja wahrlich genug. Das heißt ja gar nicht, dass alles schlecht ist,
aber auch Gutes kann man noch einmal verbessern. Durchforsten wir etwa einmal
den Wirtschaftsförderungsfonds. Was kann ich dort noch optimieren? Wie kann ich
vielleicht die Wirtschaftsförderungsmaßnahmen noch erhöhen? Wie kann ich die
Entbürokratisierung – das ist immer einer der Hauptkritikpunkte der Industrie
und der Wirtschaft –, die eh schon ganz gut ist in Österreich – da sind wir
etwa im Bereich e-Government durchaus nicht schlecht –, auch noch optimieren?
Was muss ich bei den Flächenwidmungen tun, meine Damen und Herren?
Das ist natürlich ein Thema, das mir besonders am
Herzen liegt, und da sieht man quasi einen der Kardinalfehler, den die Wiener
Stadtregierung derzeit macht. Beispiel: Flugfeld Aspern. Wir werden, wenn wir
wirklich neutral analysieren, mit Sicherheit zu dem Schluss kommen, dass wir im
Bereich Produktionsstätten und Industrie ein Manko in Wien haben, das wir da
ausbauen müssten, weil wir mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich bräuchten –
nicht nur Dienstleistung, sondern auch Produktion –, und dennoch gehen wir das
Flugfeld Aspern, die letzte große Grundstücksreserve für Industrie und
Produktionsansiedelung in Wien, von der falschen Seite, nämlich vom Wohnbau her
an und nicht von den Arbeitsplätzen. Das ist ein Musterbeispiel für verfehlte
sozialdemokratische Politik. (Beifall bei
der ÖVP.)
Bei den Investitionen, was also die Stadt etwa
investieren soll, bin ich vorsichtig. Ich möchte da nicht in den Chor derer
einfallen, die sagen, wenn es der Wirtschaft schlechter geht, muss der Staat
oder die Stadt gleich wieder investieren – das wäre auch die falsche Politik,
das ist das Gegenteil von Privatisierung –, aber die Frage ist: Wie können wir
Investitionen fördern? Wo ist etwa auch aus Ihren Reihen – darüber habe ich mit
dem Kollegen Driemer schon vor Jahren diskutiert – der Ruf nach einem neuen
Bauherrenmodell. Ich weiß schon, dass das keine Landessache ist, aber wo ist
der Ruf danach? Wir werden Sie, meine Damen und Herren von der
Sozialdemokratie, in einem derartigen Ansinnen auch bei der Bundesregierung mit
Sicherheit unterstützen. Ich hielte das für eine sehr vernünftige Sache, die
nicht nur Arbeitsplätze sichert, sondern auch zur Stadterweiterung und
-erneuerung beitragen kann.
Wenn ich schon sozusagen bei den Bundesfinanzen bin,
wo es ja in den letzten Jahren wirklich sehr viele positive Aspekte, siehe
Steuerreform, gegeben hat, dann frage ich mich – und da kommt passenderweise
der Herr VBgm Rieder gerade herein –: Wo ist die Landessteuerreform für Wien,
meine Damen und Herren? (Beifall bei der
ÖVP.)
Allein auf weiter Flur. Es ist keine
Landessteuerreform zu sehen. Da geht es manchmal um gar nicht viel. Aber auch
eine Hundeabgabe wird von manchen als Hürde und als Bürde gesehen. Das Gleiche
gilt für die Luftsteuer und für die Werbeabgabe für Unternehmer. Das bringt
nicht viel, ist wahrscheinlich teuer in der Administration, ist aber doch vor
allem eine psychologische Hürde für manche, die meinen, dass die Stadt zu wenig
für die Unternehmerinnen und Unternehmer tut.
Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Das
große Credo wäre also für Sie – ähnlich wie es Oberösterreich gemacht hat:
Entwickeln Sie und entwickeln wir alle gemeinsam ein Konzept – dort heißt es
"Oberösterreich 2010" – mit den besten Kräften, aus dem hervorgeht,
was wir zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, des Wohlstandes, der
Arbeitsplätze in den nächsten Jahren tun müssen. Negieren Sie nicht, dass es
Probleme gibt. Machen Sie endlich Schluss mit Ihrer Beschwichtigungspolitik.
Die werden wir jetzt wahrscheinlich wieder bei den Rednern der SPÖ hören.
Akzeptieren Sie, dass weder Wien noch Österreich eine Insel der Seligen ist.
Wir müssen etwas für die Wirtschaft tun.
Aber das Grundproblem, meine Damen und Herren, ist
wahrscheinlich Folgendes: Wenn ich mir Ihre Reihen anschaue und auch den Anteil
von Unternehmern bei Ihren Abgeordneten, so sind das, wenn ich mich nicht
verrechnet habe, unter 5 Prozent. Also weniger als 5 Prozent sind
unternehmerisch tätig, und unter 5 Prozent ist ungefähr auch der
Stellenwert, den Sie der Wirtschaft in Wien einräumen. – Danke schön, meine
Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
nächster Redner ist Herr Abg Barnet gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Günther Barnet (Bündnis
Zukunft Wien – die
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