Landtag,
29. Sitzung vom 29.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 79
Stadtpartei): Frau Präsidentin! Hoher Landtag!
Man muss die ÖVP und Kollegen Neuhuber bewundern, mit
welcher wirklichen Energie, mit welcher Dynamik, mit welcher Aggressivität, mit
welcher positiven Aggressivität, möchte ich sagen, er dieses Thema des Wiener
Wirtschaftsstandortes hier in diesen Raum hereingebracht und uns alle
begeistert und davon überzeugt hat, dass die SPÖ wirklich daran schuld ist,
dass es mit der Beschäftigung in Wien nicht so gut ausschaut.
Diesen Schlagabtausch gibt es ja schon seit Wochen
oder eigentlich Monaten, vor allem zwischen der ÖVP und der SPÖ. Es geht um die
Frage: Wer ist denn daran schuld, dass es mit der Beschäftigung nicht so gut
ausschaut? Und mit gebetsmühlenartigem Wiederholen der Argumente ist es für die
SPÖ immer die Bundesregierung, für die ÖVP – heute ein bisserl differenziert,
das gebe ich zu, Kollege Neuhuber – nicht nur die SPÖ, sondern andere
Entwicklungen auch.
Ich gebe ein kurzes Glaubensbekenntnis ab: In Fragen
der Wirtschaft glaube ich weder an Gott noch an die Politik, sondern an den
Markt. Das bewahrheitet sich schon seit einigen Jahrhunderten. Natürlich meine
ich damit einen geordneten Markt, einen mit ökologischen und sozialen
Standards, mit Eingriffen, mit ordnenden Prinzipien – Kartellrecht, andere
Regulative –, auch und vor allem dort, wo die großen Organisationen wie EU und
WTO versagen, weil sie am Schluss den Protektionismus, vor allem der
Vereinigten Staaten, aufrechterhalten durch Zölle auf Waren wie Baumwolle oder
Stahl. Das ist gerade für Europa ein Problem. Sie wissen das aus der Debatte
vor einigen Jahren.
Die ÖVP vor allem hat vor kurzem durch ihren
Klubobmann und ihren Stadtrat die Frage des Marktes der Arbeitslosen
dargestellt, denn das ist mittlerweile tatsächlich ein Markt. Das AMS verwaltet
die Arbeitslosen zwar nur, aber die Beschäftigungsprogramme, die Seminare – was
auch immer dort angeboten wird – für Langzeitarbeitslose ist mittlerweile ein
Markt, ein Milliardenmarkt, den sich zwei Große teilen: das
Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer und das Berufsförderungsinstitut
letztendlich der Arbeiterkammer. Die teilen sich den Markt der Arbeitslosen,
der vielen Arbeitslosen und der Beschäftigungsprogramme für sie.
Ich habe irgendwie den Eindruck, dass offensichtlich
die ÖVP glaubt, dass das WIFI in Wien schlechter behandelt wird vom AMS als das
BFI und dass deswegen die Kritik von Hahn und Tschirf kommt. Dann muss ich die
ÖVP einfach fragen: Ja, wer ist denn die Aufsichtsbehörde des viel kritisierten
AMS? Wer ist seit dem Jahr 2001 die Aufsichtsbehörde? Der Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit Dr Martin Bartenstein, in den Reihen der Wiener ÖVP
hoffentlich kein Unbekannter, auch wenn er aus Steiermark ist. Denn seit der
Bundesministeriengesetz-Novelle 2001 oder eigentlich Mitte oder Ende 2000 ist
diese Kompetenz dem Wirtschaftsminister zugeordnet. Wenn Sie glauben, dass das
AMS schlecht funktioniert, dass es Arbeitslose verwaltet, anstatt sie zu
vermitteln, dann richten Sie sich an Ihren Bundesminister. Geben Sie ein Rezept
oder ein Konzept ab.
Ich hätte eines, das heißt Privatisierung der
Arbeitslosenverwaltung, Privatisierung der Arbeitslosenvermittlung, weil das
Private einfach besser können als das AMS. Das heißt nicht, dass man das
Arbeitslosengeld aus der Hand der Öffentlichkeit geben soll, aber man kann es
zusammenlegen. Da wäre auch so eine Frage: Zusammenlegung von Arbeitslosengeld,
Notstandshilfe, Sozialhilfe in zumindest eine verwaltende Stelle. Das wäre
nicht schlecht.
Was kann die Stadt dennoch tun? Kollege Neuhuber, da
bin ich etwas anderer Meinung als Sie. Natürlich kann die Stadt dort
investieren, wo es den Wirtschaftsstandort unterstützt, nämlich in die
Infrastruktur. Und da kommt auch wieder die Kritik der SPÖ – freu dich nicht zu
früh, lieber Kollege Ekkamp –, die besagt: Der Gorbach, der rückt nichts
heraus, der sitzt auf den Moneten und gibt nichts her. Also der Bund ist
schuld. Faktum ist – und das weiß jeder –: Wien ist bevorzugt gegenüber jeder
anderen Großstadt Österreichs. (Abg
Godwin Schuster: Welche?) Linz, Salzburg – und du weißt es – haben nicht
den Zuschuss von 50 Prozent für überrangige Verkehrs-mittel. (Abg Godwin Schuster: Welche Zuschüsse haben
denn die?) Linz, Salzburg, Graz haben es alle nicht, das hat nur Wien und
das schon seit sehr langer Zeit. (Abg
Godwin Schuster: Nenne ein Beispiel!) Das ist unter einem
sozialdemokratischen Finanzminister eingerichtet worden und das hat kein
anderer Finanzminister geändert, du weißt das. Natürlich bekommt Wien
50 Prozent zu den überrangigen Verkehrsmitteln. (Beifall beim BZW.)
Der Herr Stadtrat hat hier gestern wieder erklärt und
gesagt, das ist der Grund, warum die U-Bahn nicht weitergebaut wird. Der
wirkliche Grund, warum die U6 nicht weitergebaut wird, ist, dass ihr gegenüber
dem Gorbach nicht einmal die 50 Prozent der Stadt Wien garantieren könnt. (Heiterkeit bei LhptmSt Dr Sepp Rieder.)
Da lehnt er sich natürlich zurück und sagt: Zuerst einmal her mit dem eigenen
Geld, dann zahle ich meine 50 Prozent dazu. Aber nur von ihm die
50 Prozent einzufordern und die eigenen nicht darzustellen, das ist zu
wenig.
Deswegen sage ich: Der Schlagabtausch ist
interessant, aber er ist eigentlich keine Kompetenz des Landtages. Diese
Aktuelle Stunde ist in die Luft gegangen. (Beifall beim BZW.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl Ing Margulies.
Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau
Präsidentin!
Es ist in den vergangenen Wochen und Monaten nicht
nur in Deutschland wieder eine kapitalismuskritische Debatte in Gang gekommen,
sondern auch in Österreich. So ist es ganz legitim, mittlerweile von der
"Blutspur des Liberalismus" zu sprechen. (Ironische Heiterkeit bei
der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Die
KollegInnen aus der ÖVP haben mich nicht verstanden. Das war der Kollege Amon,
der davon gesprochen hat. (Lebhafte
Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPÖ.) Man merkt
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