Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 97 von 104
aber es wurde hier zumindest versucht, etwas zu machen.
Der Vorwurf, den ich jetzt der Gemeinde Wien mache –
das sage ich jetzt, weil ich nicht nur Vertreter der Gemeindebeamten bin,
sondern weil ich auch Vertreter der Menschen draußen bin –: Jetzt erklären Sie
dem Menschen draußen, der die gesetzliche Pensionsversicherungsreform tragen
muss, wieso in der Gemeinde Wien herinnen ganz andere Voraussetzungen gelten. (Abg Franz Ekkamp: Ändern Sie es im Bund!)
Und wissen Sie, wem Sie das noch erklären können? Sie können es auch dem erklären,
der im selben Zimmer an einem Schreibtisch sitzt, und der eine ist Beamter und
der andere ASVG-Versicherter. Dem können Sie erklären, wieso er ganz andere
Voraussetzungen erfüllen muss, um in Pension zu gehen, und warum er eine andere
Pension kriegt. (Abg Franz Ekkamp: Machen
Sie etwas im Bund!)
Das ist eine Ungerechtigkeit, und da erwarten wir von
der Harmonisierung, dass in einem abgesteckten Zeitraum harmonisiert,
gleichgestellt wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daher sehen
wir diese heutige Gesetzesvorlage als Unterlaufung einer für alle Österreicher
anzustrebenden Harmonisierung. Das ist eine Unterlaufung, die an und für sich
nicht notwendig ist. Ich will nur darauf verweisen, dass die anderen
Bundesländer das Sozialrechtsänderungsgesetz 2000 schon nachvollzogen haben,
Wien hat sich immer Zeit gelassen. Jetzt erklären Sie den Menschen, wieso
derartige Unterschiede hier heute fundamentiert werden, die weiterhin gelten –
das muss man ja auch sagen –, ohne dass Sie jetzt Rücksicht darauf nehmen: Was
kommt beim Runden Tisch heraus? Was können wir uns von der Harmonisierung
abschauen? Wie können wir da mitspielen?
Das haben Sie versäumt, und aus diesem Grunde werden
wir dieser Gesetzesvorlage heute nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
nächster Redner ist Herr Abg Schuster gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Godwin Schuster (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Eigentlich haben wir uns ausgemacht, dass wir uns ein
bisschen kürzer halten, wir haben aber keine Redezeitbegrenzung, daher können
wir uns mit diesem Thema schon ein bisschen auseinander setzen.
Wenn Kollege Gerstl meint, dass mit dem, was hier mit
diesem Entwurf passiert, die Bemühungen des Bundes für ein einheitliches
Pensionssystem konterkariert werden – so habe ich es mir auch aufgeschrieben –,
dann möchte ich den Kollegen Gerstl schon daran erinnern, was eigentlich in
realiter war. Sie haben gesagt, wir hätten – wir, die ÖVP – schon mehrmals und
viel früher eine Veränderung erreichen wollen, aber der Koalitionspartner hat
das ja damals verhindert.
Ich habe in Vorbereitung für dieses Geschäftsstück
versucht, mir nicht anzuzweifelnde Unterlagen zu besorgen, in denen bestimmte
Entwicklungsschritte in der Pensionsentwicklung zusammengefasst wurden, und
habe mir zu diesem Zwecke eine APA-Aussendung genommen, die mit "Pensionen
– Chronologie einer umstrittenen Reform" übertitelt ist.
Da wird begonnen – und ich möchte das diesem Hohen
Hause nicht vorenthalten – mit dem Jahr 2002, nämlich am 9. Oktober:
"Im Wahlkampf betonen Staatssekretär Alfred Finz und Generalsekretärin Maria
Rauch-Kallat, beide ÖVP, dass die ÖVP für die kommende Legislaturperiode keine
weitere Anhebung des gesetzlichen Frühpensionsalters von 61,5 Jahren
plane." Dezidiertes Versprechen, und zwar deshalb, weil am
24. November Nationalratswahlen waren. (Zwischenruf
des Abg Gerhard Pfeiffer.) Ich zitiere jetzt die APA, und ich hoffe, das
wird nicht angezweifelt. (Abg Gerhard Pfeiffer: Lesen Sie uns vor, was in
dem Vranitzky-Brief gestanden ist! Das war ja auch gut damals!) Wir reden
jetzt von der Regierungsverantwortlichkeit und dem Koalitionspartner, der nicht
gebremst werden wollte. Er hat die Regierungsverantwortung gehabt, und beide,
der Parteivorsitzende der ÖVP Wien und die damalige Frau Generalsekretärin,
haben ein Versprechen abgegeben.
Am 24. November
war die Wahl. Am 6. Jänner – das Versprechen hat nicht sehr lange gehalten
– präsentiert Schüssel sein 10-Punkte-Programm für die Koalitionsverhandlungen,
und darin enthalten ist die schrittweise Abschaffung der Frühpension bei
gleichzeitiger Schaffung eines modernen Erwerbsunfähigkeitsrechts mit Teil- und
Vollerwerbsunfähigkeit. – Das war am 6. Jänner.
Am 10. Jänner ist die FPÖ im Spiel, die sagt:
Nein, Abschaffung der Frühpension für ASVG-Versicherte, das wollen wir nicht.
Der Herr Max Walch, den ja jeder kennt in seiner direkten Art, sagt: Kommt in
dieser Form überhaupt nicht in Frage. – Hat lange gehalten, diese Äußerung.
Am 28. Februar wird die FPÖ-ÖVP-Regierung
angelobt. Im Regierungsprogramm steht dann sehr klar und deutlich drinnen, auch
wenn Max Walch es nicht wollte: Die Frühpensionen werden abgeschafft. Es ist
eine Übergangsphase gegeben und und und.
Ich könnte jetzt, weil es hier sehr detailliert
angeführt wird, die Wahrhaftigkeit und die Ehrlichkeit der Regierung der ÖVP
sehr klar darstellen. (Abg Robert Parzer:
Dann reden wir auch über Vranitzky!)
Und weil hier auch immer wieder gesagt wird, ihr
unterlauft damit den Runden Tisch, die Harmonisierung wird unterlaufen et
cetera mehr, möchte ich schon auch darauf hinweisen, was die FPÖ am 1. April
– ohne Aprilscherz zu sein – verlangt: Nachbesserungen zu den Entwürfen. Die
damalige Staatssekretärin Ursula Haubner fordert insbesondere für Frauen noch
Erleichterungen. Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst und ihr damaliger und
auch jetzt noch immer Vorsitzender sieht den Vertrauensschutz zumindest
gefährdet.
Am 4. April, also wenige Tage später: Die FPÖ
will die Pensionsreform einer Volksabstimmung zuführen. Die ÖVP ist dagegen.
Und und und.
Es mischt sich der ÖGB ein, der
noch zu retten
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