«  1  »

 

Landtag, 22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 104

 

Aber das politische Ziel bleibt. Entsprechend dem Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis und auch, wie es Präsident Korinek heute gesagt hat, muss man – das sieht man jetzt richtig so – die Bundesverfassung ändern, wenn man dieses Zuwandererwahlrecht haben will, und in diesem Sinne bringe ich auch folgenden Beschluss- und Resolutionsantrag der Abgen Stürzenbecher, Wehsely, Chorherr und GenossInnen ein, und zwar zu Post 6, betreffend Änderungen der Bundesverfassung - Schaffung der Möglichkeit für den Landesgesetzgeber zur Einführung eines kommunalen Wahlrechtes für Nicht-EU-BürgerInnen -, eingebracht in der heutigen Sitzung des Wiener Landestages:

 

"Beschluss- und Resolutionsantrag:

 

Der Wiener Landtag wolle beschließen:

 

Erstens: Der Bundesverfassungsgesetzgeber wird seitens des Wiener Landtages ersucht, die Bundesverfassung in der Form zu ergänzen beziehungsweise zu ändern, dass den Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit eingeräumt wird, Nicht-EU-BürgerInnen ein kommunales Wahlrecht, in Wien bei den Wahlen zur Bezirksvertretung, einzuräumen.

 

Zweitens: Die VertreterInnen des Landes Wien und des Österreichischen Städtebundes im Österreich-Konvent werden ersucht, sich im Österreich-Konvent nachdrücklich für die Schaffung eines Wahlrechtes für Nicht-EU-BürgerInnen auf Ebene der Bezirksvertretungen in Wien und auf Gemeinderatsebene im übrigen Österreich einzusetzen.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt."

 

Zu dem Ausdruck, den bei einem anderen Tagesordnungspunkt Kollege Fuchs gebraucht hat - er hat mit dem bösen Wort "Verfassungsbruch" um sich geworfen -, hat Herr Präsident Hatzl schon deutlich Stellung genommen, und ich kann mich dem anschließen. Das ist eigentlich eine Terminologie, die in einer sachlichen Debatte nichts verloren hat. Ich will jetzt gar nicht die Argumentation einbringen, dass die Koalition auf Bundesebene eine Reihe von Gesetzen - ich weiß gar nicht, wie viele es sind, ich denke, ungefähr zehn – beschlossen hat, die dann aufgehoben worden sind. Ich lasse mich da weder auf Zahlen noch auf diese Debatte ein, weil wir ja für uns in Anspruch nehmen, dass wir unser Gesetz außerordentlich seriös vorbereitet haben.

 

Deshalb lasse ich das und möchte nur noch als politische Bemerkung zu den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP Folgendes sagen: Ich würde mich jetzt nicht zu sehr in eine Siegeslaune hineinbegeben. Wenn es überhaupt ein Sieg von Ihnen war, dann war es ein klassischer Pyrrhussieg, denn eine moderne bürgerliche Stadtpartei sollte sich an sich darum kümmern - und in anderen Städten Europas machen diese Parteien das auch -, wie die Partizipation von lange im Land und in der Stadt aufhältigen MitbürgerInnen sein könnte, anstatt hier im Gleichschritt mit der FPÖ vorzugehen. Wobei es mich sozusagen nicht wundert, dass Sie von der FPÖ dagegen sind, weil das vermutlich ja auch zu Ihrer Grundlinie passt; aber ich glaube, dass es viele ÖVP-Wählerinnen und -Wähler gibt - und auch viele potentielle ÖVP-Wählerinnen und Wähler gegeben hätte -, die diese Beurteilung der ÖVP Wien keinesfalls teilen, und diese werden auch bei der nächsten Wahl mit darüber zu entscheiden haben.

 

Jedenfalls meine ich, es war richtig und gut, die politische Partizipation unserer lange in Wien aufhältigen MitbürgerInnen anzusprechen, und es ist richtig, weiterhin - jetzt auf der Ebene einer Änderung der Bundesverfassung - dafür zu kämpfen. Dazu stehen wir! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Jetzt komme ich auf das Antidiskriminierungsgesetz zu sprechen. Eine Antidiskriminierungsgesetzgebung ist von hoher Bedeutung für eine Gesellschaft, die von der Gleichheit der Menschen und von der gleichen Würde aller Menschen überzeugt ist. Kein Mensch soll wegen einer gewissen ethnischen Herkunft, einer sexuellen Ausrichtung, einer Religion et cetera benachteiligt werden. Der EG-Vertrag hat ursprünglich im Art 13 eine wichtige Grundlage für Antidiskriminierungsbemühungen der Mitgliedsstaaten gelegt. Die Antirassismusrichtlinie der EU ebenso wie die Richtlinie über Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verpflichten zu konkreten legistischen Schritten, zur rechtlichen Umsetzung.

 

Ich möchte auch erwähnen, dass das Ludwig-Boltzmann-Institut schon vor Jahren, noch vor diesen Richtlinien, einen sehr verdienstvollen Entwurf für ein Bundes-Antidiskriminierungsgesetz herausgegeben hat. Dieser Entwurf war für die Bewusstseinsbildung und für den Diskussionsprozess in Österreich sehr wichtig.

 

Der Schwerpunkt der Gesetzgebung - das ist, glaube ich, auch unbestritten - bei der Antidiskriminierung liegt an sich auf Grund der Bundesverfassung und der dortigen Kompetenzbestimmungen beim Bund. Nichtsdestotrotz ist es unsere Aufgabe als Landesgesetzgeber, jene Zuständigkeiten, wie wir hier haben, bestmöglich zu nützen.

 

Und man kann mit Freude sagen: Das ist auch geschehen, das ist gut gelungen! Wir beschließen heute ein Antidiskriminierungsgesetz und beim nächsten Punkt dann auch die Antidiskriminierungsnovelle, die von allem, was bisher zur Antidiskriminierung in Österreich beschlossen wurde oder auch an konkreten Entwürfen vorliegt, wie wir meinen, die besten Varianten darstellen.

 

Ich meine, dass die anderen Gebietskörperschaften aufgefordert sind, ähnlich zu handeln. Ich führe hier nur eine Stellungnahme des überparteilichen Rechtskomitees LAMBDA an, das in einer Aussendung am 15. Juni 2004 geschrieben hat: "Homosexuelle in Wien sind BürgerInnen erster Klasse" und dann auch ausführt:

 

"Wien hat dabei das schlagkräftigste Antidiskriminierungsgesetz, weil es in den Zuständigkeitsbereichen der Länder nicht nur den Staatsorganen und Landesbediensteten Diskriminierung untersagt, sondern darüber hinaus umfassend allen: Den landes- und gemeindeeigenen Unternehmen ebenso wie Privatpersonen. Damit ist, anders als in Oberösterreich und der Steiermark, etwa im Bereich der Spitäler, der Pflegeheime, des Sanitäts- und Rettungswesens, des Bestattungswesens, der

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular