Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 104
Aber ich hätte einige Formulierungen vielleicht anders gewählt, und zwar einerseits die Definition der Rasse, die hier in der Präambel erfolgt ist. Ich glaube, es wäre besser gewesen, man hätte die Begründung des Punktes 6 der Einleitung der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU herangezogen, in der es heißt - man hätte es auf Wiener Basis umlegen müssen -:
"Die Europäische Union weist Theorien, mit denen
versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen,
zurück. Die Verwendung des Begriffs "Rasse" in dieser Richtlinie
impliziert nicht die Akzeptanz solcher Theorien."
Ich glaube, dass das klarer gewesen wäre, und es wäre
eine Definition gewesen, die bereits festgestanden ist.
Ich glaube aber, dass das Gesetz im Großen und Ganzen
eine vernünftige Lösung bietet, mit Ausnahme von zwei Punkten, die uns davon
abhalten, diesem Gesetz unsere Zustimmung zu erteilen.
Der eine Punkt ist die Vertretung im Bereich der
Diskriminierung. Hier wird festgestellt, dass Vereine, in deren Vereinszweck
dieses Thema angeführt ist, auch zur Vertretung herangezogen werden können. Es
gibt weder in der gesetzlichen Determinierung noch in den Erläuternden Bemerkungen
klare Vorstellungen darüber, welche Voraussetzungen derartige Vereine erbringen
müssen. Der bloße Umstand, dass im Rahmen des Vereinszwecks festgestellt wird,
dass der Verein dafür auch herangezogen werden kann, ist für eine klare
Determinierung zu wenig.
Der zweite Punkt, um den es uns geht, sind die
ehemaligen §§ 4 und 5, wo festgestellt wurde, dass die Gerichte von sich
aus Erhebungen durchzuführen haben. Das wäre Polizeiarbeit für die Gerichte
gewesen. Das wurde vom Verfassungsdienst in seiner Stellungnahme aufgegriffen,
und im jetzigen Entwurf ist man darauf eingegangen, hat das umgedreht und hat
das jetzt dahin gehend gefasst, dass eine Beweislastumkehr erfolgt. Das ist
grundsätzlich richtig. Das einzige Problem bei der Beweislastumkehr ist, dass
diese in Österreich für Verletzungen schon bestehender Verbindlichkeiten -
somit also bestehender schuldrechtlicher Sonderbeziehungen - vorgesehen ist,
was bei verschuldensunabhängigen Haftungen nur schwer heranzuziehen ist. Ich
glaube, dass die Beweislastumkehr noch nicht regelt, wie man hier vernünftig
das Verschulden oder Nichtverschulden ordnungsgemäß in den Haftungsbereich
einbauen kann. Daher meine ich, dass diese Regelung überdacht werden sollte, um
zu sehen, wie hier im Bereich der Beweislastumkehr noch eine Regelung
geschaffen werden könnte, mit der auch Haftungsübergaben entstehen können.
Das sind die beiden Gründe, warum die freiheitliche
Fraktion dem Gesetzesvorschlag nicht ihre Zustimmung erteilen wird. (Beifall
bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte auch meine Rede in zwei Teile aufteilen.
Als Erstes einige Worte zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, zumal
dieses ja doch in einem gewissen inhaltlichen Zusammenhang zu unserem jetzigen
Verhandlungsgegenstand steht und weil es ja auch von den anderen Rednern
angesprochen worden ist beziehungsweise weil ich dazu dann auch einen
Beschluss- und Resolutionsantrag einbringen werde.
Der Verfassungsgerichtshof hat heute bekannt gegeben,
dass die Einräumung des Wahlrechts für Nicht-EU-BürgerInnen für die Wiener
Bezirksvertretungen verfassungswidrig sei. (Die Abgen Dr Helmut GÜNTHER
und Dr Matthias Tschirf sowie die StRin Dipl Ing Dr Herlinde
Rothauer: Ist! Ist!) - Sprachlich sagt man da den Konjunktiv; das lernt
man, glaube ich, schon in der Volksschule. – Wir von der Sozialdemokratischen
Partei respektieren aber selbstverständlich das Urteil uneingeschränkt. Die
Sozialdemokratische Partei hat sich immer zum Rechtsstaat bekannt, er ist das
höchste Gut und ein wesentlicher Grundpfeiler der Demokratie. Ich würde mir nur
wünschen, dass das bei allen Verfassungsgerichtshof-Erkenntnissen von allen
Amtsträgern dieser Republik so geschieht. Ich erinnere mich daran, dass es beim
so genannten Ortstafel-Erkenntnis ganz andere Töne gegeben hat, und ich fordere
jene Amtsträger des Bundes auf, dieses Ortstafel-Erkenntnis, das jetzt, nach
mehreren Jahren, noch immer nicht umgesetzt ist, endlich umzusetzen! (Beifall
bei Abgeordneten der SPÖ sowie der StRin Mag Maria Vassilakou.)
Auch wenn wir selbstverständlich das Erkenntnis in
seiner Wirkung voll akzeptieren, bedauern wir politisch diese Entscheidung,
denn die Intention, von der wir getragen waren, ist demokratiepolitisch und
integrationspolitisch richtig. Es ist richtig, dass man sich darüber Gedanken
macht, die politische Partizipation von länger hier aufhältigen ZuwanderInnen
zu verankern. Man wird sie eben dort verankern, wo es jetzt, nach dem neuesten
Erkenntnis, verfassungsrechtlich möglich ist, und sich dafür einsetzen.
Vielleicht noch einige Worte zu Herrn Klubobmann
Tschirf: Die Wiener Stadtregierung, die SPÖ und auch die GRÜNEN, die dann ja
auch zugestimmt haben, sind bei der Ausarbeitung des Wiener Wahlrechts
außerordentlich seriös vorgegangen. Wie Sie wissen, haben wir uns sehr, sehr lange
in einem Unterausschuss eigentlich auf hohem Niveau damit beschäftigt. Wir
haben verschiedenste Einschätzungen und Gutachten von hoch renommierten
Verfassungsrechtlern dazu gehabt, dass eben der Wiener Landesgesetzgeber befugt
wäre, diese Materie so zu regeln. Wir haben sogar dann das mit den
Bezirksvorstehern und den Bauausschüssen extra ausgenommen, um sozusagen die
Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass das alles halten werde.
Der Verfassungsgerichtshof hat anders entschieden.
Das ist voll zu akzeptieren, und er hat sinnvollerweise in der Demokratie bei
der Gesetzgebung das letzte Wort. Das sei ganz deutlich festgestellt.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular