Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 104
noch viel längere Zeit nicht auf dem Boden seiner
eigenen geschaffenen Satzungen arbeiten.
Halten Sie das wirklich eines Rechtsstaates würdig
auch in dem Sinne, dass gerade für Menschen, die Unterstützung benötigen, ein
ganz klar rechtlich strukturierter Zugang zu ihren Unterstützungsmöglichkeiten
gegeben sein müsste?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr
Abgeordneter!
Zunächst einmal verlange ich von Ihnen gar nichts.
Ich habe gar kein Recht zu verlangen, dass Sie dem zustimmen, was hier
vorgeschlagen wird, weil es das Wesen der Demokratie ist, dass Sie das anders
sehen. Ich meine, ich verlange von Ihnen das nicht.
Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass
jemand, der mit der Sozialhilfe und ihrem Rechtsanspruch zufrieden ist, dass er
es so für richtig ansieht und die Hilfe daher auch bekommen hat, in
Wirklichkeit die Ausfertigung eines Bescheids unmittelbar auch gar nicht
braucht. Und derjenige, der meint, er sei hier unzufrieden - um bei Ihrer
Diktion zu bleiben -, bekommt selbstverständlich auch den Bescheid ausgestellt
und kann sohin natürlich auch jeden Rechtsweg ausnützen. Was da unsozial,
verquer oder sonstwie sein soll, das tut mir Leid, das kann ich nicht
nachvollziehen, denn aus meiner Sicht besteht hier nicht die geringste Idee
einer Verkürzung rechtlicher Möglichkeiten, die für den Einzelnen besteht. Aus
meiner Sicht gesehen besteht hier eher eine Beschleunigung all der Verfahren,
die es notwendigerweise gibt. Daher kann ich da Ihre Argumentation nicht
nachvollziehen, was wieder mein gutes Recht aus dem ist, wie ich einleitend
sagte.
Was das Zweite betrifft, so sind Übergangsphasen
natürlich immer schwierig. Das will ich gar nicht verhehlen. Aus meiner Sicht
heraus gesehen ist selbstverständlich altes Recht dann zu Ende, wenn neues
Recht auch entsprechend geschaffen wird. Daher bin ich davon völlig überzeugt,
dass auch in der Übergangsphase auf der Basis des Wiener Sozialhilfegesetzes
die entsprechenden Förderungen und Unterstützungen ausbezahlt werden, sodass
für den Einzelnen kein Problem entsteht.
Präsident Johann Hatzl: Frau Abg
Korosec.
Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Wir werden heute das Sozialhilfegesetz beschließen.
Sie werden es mit Ihrer Mehrheit beschließen. Es gibt aber eine Reihe von
anderen Gesetzen, die heute zur Diskussion stehen. Wir haben diese
Gesetzesvorlagen und die Begutachtungen, das sind 337 Seiten, 2 Tage
vor Beschlussfassung im Ausschuss erhalten.
Hier geht es mir um ein demokratiepolitisches Problem
und ich hätte gerne gewusst, wie Sie das beurteilen, dass man den
Oppositionsparteien 337 Seiten unglaublich wichtiger Gesetze wie eben
Sozialhilfe-, Behindertengesetz, Grundversorgung und so weiter 2 Tage vor
Beschlussfassung im Ausschuss zur Verfügung stellt? Wie, ich würde sagen na ja
gearbeitet worden ist, sieht man ja schon daran, dass bereits heute, bevor noch
die Gesetze beschlossen sind, ein Abänderungsantrag vorliegt, wo eine Reihe von
legistischen Änderungen vorgenommen werden, weil sich in der Zwischenzeit eben
schon herausgestellt hat, dass man das sehr schludrig gemacht hat.
Meine Frage daher: Wie sehen Sie das als
demokratiepolitischer Landeshauptmann, dass man mit der Opposition so verfährt?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrte
Frau Abgeordnete!
Ich will nicht verhehlen, dass es mir sehr viel
lieber ist, wenn rechtzeitig Gesetze vorgelegt werden, sodass sie auch
entsprechend diskutiert werden können. Aber Gesetze sind ja keine unbekannte
Materie. Ich denke, dass wir insgesamt ein halbes Jahr oder mehr als ein halbes
Jahr über dieses Thema diskutiert haben und ich daher jedenfalls auch keine
inhaltliche Verkürzung erkennen kann.
Aber ich kann das schon nachvollziehen, was Sie hier
meinen, denn auf der Bundesebene werden Gesetzesvorlagen oft als Tischvorlage
in die Ausschüsse eingebracht und die Begrifflichkeit von speed kills stammt ja
auch nicht von uns. Also so gesehen kann ich schon nachvollziehen, was Sie hier
meinen und will mich gerne bemühen, dass auch die konkrete Diskussion zu
konkreten Gesetzestexten entsprechend vorgelegt wird.
Präsident Johann Hatzl: Herr Abg
Barnet.
Abg Günther Barnet (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann! (Lhptm Dr
Michael Häupl: Guten Morgen!)
Sie waren bei der vorigen Frage noch etwas besser gelaunt
als bei der jetzigen. Ich hoffe, durch meine Zusatzfrage nicht dazu
beizutragen, Ihre Stimmung wieder zu verschlechtern, obwohl mir das
üblicherweise gelingt, aber ich probiere es heute einmal anders.
Ich könnte in diesem Sinne fragen, weil Sie das jetzt
angesprochen haben über den halbjährlichen Diskussionsprozess zu den Gesetzen,
jene Frage, die nicht mit den Gesetzen zusammenhängt, sondern nämlich mit dem,
was der Fonds Soziales Wien nachher tun wird, nämlich in Angelegenheiten der
nicht hoheitlichen Verwaltung im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, denn
dort wurde der Prozess durch die Sozialdemokratie abgebrochen. Da hat man
begonnen, uns diese 20 Punkte der Geschäftseinteilung, die dann in Summe
zirka 40 Prozesse bedeuten, im Zusammenwirken zwischen hoheitlicher und
nicht hoheitlicher Verwaltung zu erklären. Wir sind aber bei 4 Prozessen
stehen geblieben und die anderen 36 kennen wir noch nicht! Wenn ich
wirklich unfair wäre und Sie provozieren wollte und dann vom Kollegen Kopietz
den Zwischenruf der Frechheit bekommen würde, dann würde ich Sie fragen, wie
diese 36 Prozesse ausschauen und ob Sie mir sie erklären können.
Das tue ich aber nicht, sondern
ich frage Sie nur: Was werden Sie außerhalb dieser Fragestunde tun, damit wir
bis zum 1. Juli diese 36 Prozesse noch so kennen, dass wir
gegebenenfalls unsere Meinung hinsichtlich der Gesetze, die heute zur
Diskussion stehen,
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