Landtag,
22. Sitzung vom 30.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 104
so ändern, dass wir frohen Herzens noch zustimmen
könnten?
Präsident Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Abgeordneter!
Ich bin Ihnen ja wirklich dankbar, dass Sie um mein
Wohlbefinden immer so bemüht sind. Ich erlebe das jetzt schon zum zweiten oder
dritten Mal und ich finde das nachgerade rührend! Ich wollte gerade sagen, Ihre
sozialdemokratische Erziehung hat offensichtlich doch Spuren hinterlassen (Heiterkeit
bei der SPÖ.), die man daran erkennen kann und das freut mich ja auch sehr!
Ich darf Ihnen aber versichern, dass Fragestunden hier oder Diskussionen mit
Abgeordneten mein Befinden weder positiv noch negativ beeinflussen, sondern gar
nicht, denn es würde, ehrlich gesagt, wenn dem so wäre, ein hohes Ausmaß an
Unprofessionalität signalisieren und das will ich nicht unbedingt.
Was nun Ihre eigentliche Frage betrifft, so will ich
sie nicht in dieselbe Verlegenheit wie die Frau Kollegin Korosec bringen, denn
Ihnen bis zum 1. Juli dieses Jahres 36 Prozesse zu erläutern, würde
selbst wesentlich begabteren Pädagogen als mir relativ schwer fallen und Sie
würden dann natürlich auch zu Recht anmerken, dass es in allzu kurzer Zeit so abgehandelt
wurde. Noch dazu hege ich in mir die dumpfe Befürchtung, dass auch nach
blitzartiger Abhandlung dieser 36 Prozesse Sie dem Gesetz trotzdem nicht
zustimmen würden, weil ... (Abg Günther Barnet: Man soll sich nicht
täuschen!) Es ist alles möglich, aber sagen wir, es ist sehr
unwahrscheinlich (Abg Günther Barnet: Ich überlege!), sondern Sie würden
wahrscheinlich auch morgen, nämlich am 1. Juli, dann hier herausgehen und
sagen: Das ist viel zu kurz gewesen.
Also es tut mir Leid, ich
fürchte, ich werde Ihnen auch da nicht helfen können und ich hoffe sehr, dass
wir - jetzt unabhängig von der kurzen Zeitspanne weniger Stunden, die wir noch
dorthin haben - dann auch morgen Zeit genug haben, diese Diskussion
fortzuführen, vor allem, was die reale Umsetzung betrifft. Ich lade Sie ja
herzlich gerne dazu ein! (Abg Günther Barnet: Nehme ich an!)
Präsident Johann Hatzl: Herr Abg
Margulies.
Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Jetzt hat mich tatsächlich etwas entfremdet und ich
bin gespannt, was für Auswirkungen das auf den gesamten Verwaltungsapparat der
Stadt Wien hat, dass es für Sie vollkommen egal zu sein scheint, dass ein
Sozialhilfeträger tatsächlich satzungskonform arbeitet. Es ist für mich an und
für sich nicht vorstellbar zu sagen, es ist vollkommen egal, es gibt
Übergangsfristen, die im Übrigen in den verschiedenen Gesetzesänderungen nicht
normiert sind und es ist vollkommen egal, es wird schon irgendwie gearbeitet. Dass
die Stadt Wien auf dieser Basis tatsächlich Rechtsgeschäfte im weitesten Sinn
sowohl mit KlientInnen als auch mit Trägerorganisationen in einer Größenordnung
von rund 700 Millionen EUR abwickelt, ist meines Erachtens schon ein
bisserl dramatisch.
Nichtsdestoweniger, wenn man das dahingestellt lässt,
bezieht sich die 2. Zusatzfrage auf die Möglichkeiten der Bundesvergabe.
Der Fonds Soziales Wien wurde gegründet - und ich stehe dazu, das auch offen zu
sagen -, dass man im Bereich der nicht prioritären Dienstleistungen das
Vergabegesetz nicht zur Anwendung kommen lässt. Ja, das halte ich für in
Ordnung, nur deutet gegenwärtig alles darauf hin, dass zumindest im kommenden
halben Jahr und wahrscheinlich aufgrund der bestehenden Fristen noch viel
länger innerhalb des Fonds Soziales Wien weiterhin mit Kontingentierungen und
Tagsätzen im Bereich der Pflege und der Behindertenhilfe gearbeitet werden
wird. Das heißt, dass es de facto kaum zu einer Veränderung kommt, außer dass
man das halt vom Magistrat jetzt in den Fonds Soziales Wien überleitet und
gleichzeitig Doppelgleisigkeiten schafft, aber in Wirklichkeit weder den von
Ihnen erwünschten Einsparungseffekt hat, noch im Sinne besser und schneller für
betroffene Menschen arbeiten kann.
Glauben Sie wirklich, dass es zukunftsträchtig ist -
und jetzt komme ich zu meiner Frage -, solche Modelle zu installieren, die in
Wirklichkeit sogar die rechtsstaatliche Abwicklung in Frage stellen, wenn der
Sozialhilfeträger nicht satzungskonform arbeitet, und gleichzeitig durch die
Gesetzesänderungen sogar Sachen zu normieren, die man eigentlich abstellen
will, weil die Legalzession, die im Sozialhilfegesetz normiert wird, jetzt auch
für den Fonds Soziales Wien ja nur dann sinnvoll ist ...
Präsident Johann Hatzl (unterbrechend):
Herr Abgeordneter, Sie reden bereits zweieinhalb Minuten, 2 Minuten stehen
Ihnen ja nur zur Verfügung. Die Frage haben Sie gestellt.
Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Abgeordneter!
Zunächst einmal habe ich jedes Verständnis für Ihre
Emotionen, aber ich bitte Sie, sie auch mir zuzubilligen.
Ich weise daher hier die Unterstellung, es sei mir
vollkommen egal, ob und wie Sozialhilfe und Sozialhilfeleistungen hier in
dieser Stadt funktionieren, auf das Allerschärfste zurück. Im Gegenteil. Ich
halte das für eines der wichtigsten Dinge, die wir hier neben den ganzen
Bereichen der Gesundheit und der Frage einer Forcierung des entsprechenden
Wirtschaftswachstums zu erledigen haben. Es sind das die wesentlichsten
politischen Punkte, die wir abzuhandeln haben und es ist mir daher überhaupt
nicht wurscht!
Selbstverständlich hätten wir es
uns relativ einfacher machen können, indem wir Sozialhilferichtlinien ändern,
Sozialhilfetagsätze einfach von Zeit zu Zeit anheben und das Ganze so belassen
wie es ist. Das wäre wahrscheinlich viel einfacher gewesen. Ich bin aber
zutiefst davon überzeugt, dass diese Reform, so wie wir sie hier gemacht haben,
von einer ganz entscheidenden Bedeutung ist. Und selbstverständlich wird auch
für diese Übergangsfrist eine rechtskonforme Sozialhilfeunterstützung möglich
sein! Das ist ja überhaupt keine Frage! Und selbstverständlich werde ich auch
darauf drängen, dass diese Übergangsfrist so kurz als möglich ist. Auch das ist
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