Landtag,
18. Sitzung vom 18.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 42
Eltern, die von den Konsequenzen der Kürzungen betroffen
sind.
Und wahrscheinlich interessieren auch einige Punkte
die Kinder sehr, die ja die wesentlichen Opfer dieser Kürzungen sind. Nicht
ganz von ungefähr heißt es ja auch, “Sparen auf dem Rücken der Kinder“.
Zunächst aber noch einmal eine Anmerkung: Meiner
Meinung nach ist es ein Armutszeugnis für die Politik, wenn sie weder im Bund
noch in Wien dazu in der Lage ist, zwischen Oktober 2000 und Oktober 2003 zu
klären, was in einem Vertrag drinnen steht, den beide Seiten unterschrieben
haben. Es ist an sich schon einmal ein schwer kritikwürdiges Ereignis, dem ich
überhaupt nicht folgen kann.
Ich verstehe nicht, wie das passieren kann, mit dem
Ergebnis, dass dann alle warten und im Dezember, am 1. Dezember, das Chaos
ausbricht. Und jetzt sage ich auch etwas zu dem Wort Chaos: Zum Glück waren ja
die Schulen und die Lehrerinnen und Lehrer in der Lage, vor Ort alles in Ruhe
und wirklich gut über die Bühne zu bringen.
Das Chaos hat die Politik, und zwar ausschließlich
die Politik, verursacht und dafür sollte sie sich im Grunde genommen auch
entschuldigen.
Nun zur dringlichen Anfrage. Ich möchte noch einmal
wiederholen, was passiert ist. Es wurden Kürzungen vorgenommen in einem
ungeheuren Ausmaß, im Ausmaß von 12 Prozent. Mit dem nächsten Jahr und mit den
Absichten des Finanzministeriums könnten wir unter Umständen im Endeffekt sogar
bei 15 Prozent landen. Und ich wiederhole es noch einmal, es wurden die
BegleitlehrerInnen gekürzt, es wurden die StützlehrerInnen gekürzt, es wurden
zu einem großen Teil die Sprachhelf-PädagogInnen weggekürzt, es wurde bei den
Integrationskindern gespart, es wird gespart und gekürzt bei den Kindern mit nichtdeutscher
Muttersprache. Es wird bei allen Kindern gespart, denn die unverbindlichen
Übungen und das Streichen dessen, was Spaß macht, trifft alle Kinder und ebenso
die Tatsache, dass die Klassenschülerzahl erhöht wurde und erhöht werden
musste.
Es wird gespart bei den Innovationen, es wird gespart
bei der Reformpädagogik und bei den ganztätigen Schulformen. Wir stehen vor
einem Scherbenhaufen und ich denke, das kann auch niemand der hier sitzt,
anders interpretieren.
Ich möchte jetzt auch einige Schulen, ganz wenige,
denn ich kann unmöglich alles vorlesen was man mir an Mails geschickt hat, wo
die Schulen dann nur noch staccatoartig gesagt haben, bei uns werden
24 Stunden gekürzt, bei uns sind es 40 Stunden, Wochenstunden, bei uns
sind es 35, kürzen, kürzen, kürzen. Aber einiges möchte ich doch vorlesen, weil
ich denke, diese Schulen sollten hier auch zu Wort kommen.
Und zwar schreibt mir eine Lehrerin:
SonderschullehrerInnen dürfen nicht mehr von VolksschullehrerInnen suppliert
werden, sondern nur mehr von SonderschullehrerInnen und die gibt es aber nicht.
In unserem Fall heißt das, und ich möchte gerne, dass
Sie sich das einmal vorstellen, wie das wäre, wenn Sie mit dieser Klasse
alleine wären, in unserem Fall heißt das, dass man in Lern- und Freizeitstunden
allein 4 Integrationskinder und ein schwerstbehindertes Kind sowie
18 andere sechs- bis zehnjährige zu betreuen hat.
Sie müssen sich das einmal vorstellen, wie das alles
in der Praxis ablaufen soll. Ich glaube, da kommen Sie alle sehr rasch darauf,
dass das nicht funktionieren kann und dass man auf diese Art und Weise keinen
Kurs und keine Freizeitbeschäftigung für die Kinder anbieten kann.
Ich möchte Ihnen ein weiteres Mail zur Kenntnis
bringen, in welchem eine Lehrerin schreibt: „Bei uns an der Schule sind es nun
6 Lehrerinnen/Lehrer weniger. Und zwar bestehend aus zwei Pensionierungen
und vier Versetzungen. Es gibt kein Eislaufen, keinen Kletter-, keinen Fotokurs
und keine Projektwochen mehr.“
Eine arme Schule, übrigens eine Ganztagsschule. Wir
sind einmal interessiert daran, dass mir jemand erklärt, was Kinder den ganzen
Tag in einer Schule machen sollen, wo nichts mehr angeboten wird. Also nur,
dass sie aufbewahrt werden, das wird ein bisserl wenig sein.
Dann schreibt mir eine Volksschule zum Beispiel eine
ganze Liste an Einsparungen, die sich daraus ergeben, dass wöchentlich
28 Schulstunden weniger zur Verfügung stehen und zwei Lehrerinnen an
dieser Schule nicht mehr unterrichten.
Dann schreibt mir eine Schule: “Mit 1.12.2003 wurde
den Wiener öffentlichen Pflichtschulen ein untragbarer Sparkurs aufgezwungen.
Mit großem Bedauern hören wir hier von versammelten Lehrerinnen und Eltern, von
gravierenden Kürzungen. Hier nur einige Beispiele: An der kooperativen
Mittelschule Hörnesgasse wurden 48 LehrerInnen-Stunden gestrichen, was
dazu führt, dass in einigen Klassen kein qualifizierter Englisch- und
Physikunterricht durchgeführt werden kann.“ Da dürfte es sich um den Ausbau der
berühmten Fremdsprachenoffensive der ÖVP handeln.
“Besonders betroffen ist auch der Aufbaulehrgang im
SPZ Steinbrechergasse, wo Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein
Schulabschluss ermöglicht wird. Eine Kürzung von 4 Stunden pro Woche bedeutet den Einbruch des Fördersystems.
Generell sind Schulen mit einem hohen Anteil von Kinder nichtdeutscher
Muttersprache stark betroffen. Gerade in diesen Schulen besteht aber ein
besonders hoher Förderbedarf. Ambitionierte Schulmodelle, die einen
wesentlichen Beitrag zur Integration für unsere Gesellschaft leisten, werden
auf diese Art demontiert, aber auch an ganz normalen Pflichtschulen leidet der
Schulalltag, weil diverse Angebote für Kinder nicht mehr gewährleistet werden
können. Wollen wir diesen Weg in die Zwei-Klassen-Gesellschaft wirklich gehen?“
Und das ist auch die Frage, die ich Ihnen stelle:
Wollen Sie und wollen wir diesen Weg in diese Zwei-Klassen-Gesellschaft gehen?
Ich werde nachher dazu noch einige Überlegungen anstellen.
Meine Damen und Herren von der SPÖ, sagen Sie bitte nicht,
wir hätten Sie nicht rechtzeitig aufmerksam gemacht. Wir reden nunmehr seit dem
Jahr 2000
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