Landtag,
18. Sitzung vom 18.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 42
darüber. Wir haben im Jahr 2001 schon eine Aktuelle Stunde
zum selben Thema gehabt, wir haben eine mündliche Anfrage gemacht, wir haben
mehrfach darauf hingewiesen, welche Katastrophe sich anbahnt.
Und Sie haben immer nur darauf geantwortet: “Stimmt
gar nicht, die Grünen übertreiben,
es kann gar keine Rede davon sein.“
Ich habe alle diese Protokolle aufgehoben, die liegen
ja zum Glück in diesem Haus in Form von stenografischen Protokollen vor.
Es war darüber hinaus so, dass sogar im Parlament das
diskutiert wurde, und da möchte ich einen Abgeordneten des Parlaments zitieren,
der gesagt hat: “Ich verstehe nicht, wie sich die SPÖ Wien darauf einlassen
konnte, diesen Finanzpakt mit Grasser zu schließen, das züchtet ja geradezu die
Hilfsarbeiter und Hilfsarbeiterinnen der nächsten Generation.“ Dieser
Abgeordnete heißt Alexander van der Bellen.
Das heißt, wir haben auch im Parlament mehrfach und
eindeutig und nachdrücklich hingewiesen, was sich hier anbahnt.
Ich zitiere aber auch einen anderen, den Sie sehr gut
kennen und der gesagt hat: “Hier werden Straßenkinder produziert.“ Auch den
kennen Sie sehr gut, es ist nämlich der neue Abteilungsleiter der
Abteilung I im Stadtschulrat, Herr Mag Dr Gröpel. Und leider ist es
tatsächlich so, dass diese von mir Genannten und Zitierten Recht haben. Das ist
genau das, worauf wir zusteuern. Und ich habe schon gesagt, es gibt Kinder, die
besonders betroffen sind. Ich möchte mit Ihnen aber – und auch dazu soll die
Dringliche Anfrage gut sein – darüber reden, welche weiteren mittel- und
langfristigen Konsequenzen diese Kürzungen haben werden.
Es gibt in Wien Schulen mit einem sehr hohen Anteil
von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache und obwohl die FPÖ ja
nachdrücklich immer gewarnt hat, schrecklich, schrecklich, schrecklich,
fürchterlich und fürchterlich, hat sich herausgestellt, dass durch die
besonderen Fördermaßnahmen in genau diesen Klassen, und weil da drinnen mehr
Lehrer und Lehrerinnen unterrichten, und weil es Begleit- und Stützmaßnahmen
gibt, diese Klassen für alle Kinder ein großer pädagogischer Vorteil sind. Und
zwar deswegen, weil durch die vielen Maßnahmen und die vielen Lehrer das
kognitive Lernen, die kognitive Bildung 1a war, und in keiner Weise schlechter
als in anderen Klassen war, und weil aber darüber hinaus das soziale Lernen,
das interkulturelle Lernen, das emotionale Lernen, dort in einem besonderen
Ausmaß eingeübt und eingelernt werden konnte.
Das heißt, es hat für den Mittelstand, für den
gebildeten Mittelstand, Sinn gemacht, ihre eigenen Kinder dort hinzugeben.
Detto Integrationsklassen: Ganz rasch haben die Eltern herausgefunden, dass
unabhängig davon, ob es sich um ein behindertes Kind handelt oder ein
sogenanntes nicht behindertes Kind, dass diese Integrationsklassen ein riesiger
Vorteil sind, wiederum wegen des sozialen Lernens und deswegen, weil mehr als
ein Lehrer drinnen stand, das heißt, die individuelle Förderung der Kinder
nicht zu kurz kam. Das waren Vorzeigemodelle.
Und jetzt überlegen Sie bitte gemeinsam mit mir, was
werden Eltern dieses Mittelstandes in Zukunft tun, wenn diese besondere
Pädagogik weg ist. Nun, ich kann es Ihnen sagen, ich habe schon einige
Rückmeldungen gehört und ich kann das nachvollziehen, was mir diese Eltern
gesagt haben. Es wird die Flucht aus diesen Klassen beginnen, es beginnt zum
einen ein Ausweichen in private Schulen und es beginnt zum anderen ein
Ausweichen in Schulen, wo eben weniger bis fast keine Kinder mit nichtdeutscher
Muttersprache sind. Und dann ist die nächste Katastrophe, die nächste
mittelfristige Katastrophe nämlich, perfekt. Es entwickelt sich dann
tatsächlich ein Zwei-Klassen-System, wir haben dann tatsächlich in Wien arme
Schulen mit ganz wenigen Angeboten, mit wenig Einsatz, mit wenig Förderung, und
wo nur noch die Kinder hingehen, die aus sozioökonomisch schwachen Haushalten
kommen, wo Kinder hingehen mit nichtdeutscher Muttersprache, und das werden in
Wien dann die Restschulen sein.
Und vor dieser Entwicklung möchte ich heute und hier
extrem warnen, denn ich denke, was wir brauchen ist ein gut ausgestattetes
öffentliches Schulsystem, das für alle offen ist, das in der Lage ist, auf
besondere Bedürfnisse einzugehen und das jedenfalls auf Grund von Qualität und
auf Grund von individueller Förderung und auf Grund individueller
Begabungsförderung imstande ist, alle Eltern anzusprechen.
Und auch darüber möchte ich im Rahmen der Dringlichen
Anfrage mit Ihnen sprechen. Und jetzt bin ich sehr neugierig auf die Auskünfte
des Herr Landeshauptmanns. Danke schön. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Prof Erika Stubenvoll:
Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Landeshauptmann zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Lhptm Dr Michael Häupl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr
geehrte Frau Abgeordnete!
Das Finanzausgleichsgesetz wurde
zwischen dem Bund und den Ländern vereinbart und von allen unterfertigt.
Zeitgleich wurden dabei die Verhandlungen zur Wohnbauförderung und zur Spitalsfinanzierung
geführt und gleichfalls abgeschlossen. Weiters wurde in Ergänzung dazu, im
Sinne des kooperativen Bundesstaates, ein Paktum geschlossen, unter anderem mit
dem Ziel, den Regelschulbetrieb für das Schuljahr 2004/2005 hinsichtlich des Verhältnisses
Schüler/Lehrer zu limitieren. Alle Bundesländer haben hinsichtlich besonderer
Anforderungen - zum Beispiel Zweisprachigkeit im Burgenland und in Kärnten,
besonderer Integrationsbedarf in Wien - Vorbehalte und besondere
Regelungsbedürfnisse angemeldet. Im Übrigen sieht ein Beschluss der
Landeshauptleutekonferenz vor, dass einseitige Veränderungen der diesbezügliche
Richtlinie durch den Bund nicht akzeptiert werden, und dies in einem
15a-Vertrag aus dem Jahre 1988 auch schon so festgelegt wurde. Und diese
Feststellung wurde von allen Landeshauptleuten getroffen. Ich darf Ihnen daher
aus jenem Schreiben, das die Verbindungsstelle der österreichischen
Bundesländer im Hinblick auf den Beschluss der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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